In Kanada gibt es eigentlich mehr als genug Wasser, trotzdem haben viele Ureinwohner der sogenannten „First Nations“ keinen Zugang zu fließendem Wasser. Dafür pumpt Nestlé täglich Wasser aus den Gebieten der indigenen Völker – gegen deren Willen.
Zu den „First Nations“ zählen fast alle indigenen Völker Kanadas, viele der Stämme leben in Reservaten. Eine aktuelle Reportage des britischen „Guardian“ zeigt, wie schwierig die Situation dort teilweise ist: Im „Six-Nations-Reservat“ haben viele Familien entweder nur verschmutztes Wasser oder gar kein fließend Wasser – ganz im Gegensatz zum Lebensmittelriesen Nestlé. Six Nations ist das größte Gebiet von Ureinwohnern.
Der Guardian berichtet von Iokarenhtha Thomas, die mit ihren fünf Kindern und ihrem Mann in dem Reservat wohnt. Zum Duschen, Waschen und die tägliche Hygiene nutzen sie Eimer. Zweimal die Woche fahren Thomas und ihr Mann zu einem acht Kilometer entfernten öffentlichen Zapfhahn und füllen dort ihre Eimer und Gefäße auf. Das Wasser aus der Leitung ist jedoch nicht trinkbar, weshalb die beiden zusätzlich zehn Kilometer zur nächsten Ortschaft fahren, um dort Wasser in Flaschen zu kaufen.
Nestlé pumpt 3,6 Millionen Liter Wasser ab – täglich
91 Prozent der Häuser im Six-Nations-Reservat sind nicht an das allgemeine Wasseraufbereitungssystem angeschlossen, erklärt ein Experte dem Guardian. JD Sault, eine weitere Mutter, die in dem Artikel zu Wort kommt, hat ihr Haus für mehrere tausend Dollar mit einem Brunnen verbinden lassen – allerdings ist das Wasser zu verschmutzt, um es zu trinken.
Während die indigene Bevölkerung quasi auf dem Trockenen sitzt, pumpt Nestlé dem Guardian zufolge täglich 3,6 Millionen Liter Wasser aus dem Six-Nations-Gebiet. Wegen einer rechtlichen Unklarheit komme Nestlé billig davon: Der Konzern zahle der Provinz pro einer Million Liter 390 Dollar (knapp 340 Euro). An Six Nations gehe kein Cent.
Nestlé will mit Gemeinschaften zusammenarbeiten
„Six Nations waren nicht einverstanden. Sie haben Nestlé aufgefordert, damit aufzuhören. Natürlich pumpen sie immer noch“, sagt Dawn Martin-Hill, Professorin für indigene Studien. Die Six Nations verklagen nun die Provinz Ontario.
Auch Nestlé weiß offenbar über die Schwierigkeiten der indigenen Völker Bescheid. Eine Sprecherin von Nestlé Kanada erklärte dem Guardian: „Wir arbeiten hart daran, unsere Beziehung mit First-Nations-Gemeinschaften vor Ort zu entwickeln und wir freuen uns darauf, zusammen zu arbeiten.“
Weltweite Ungleichheiten in Bezug auf Wasser
Wie so eine Zusammenarbeit aussehen könnte, erklärte die Sprecherin aber nicht weiter. Eins ist jedoch klar: In einem Gebiet, in dem genug Wasser vorhanden ist, sollte die lokale Bevölkerung nicht kilometerweit fahren müssen, um sauberes Trinkwasser zu bekommen.
„Die Tatsache, dass Nestlé die natürlichen Ressourcen in einer Gemeinschaft kommerzialisiert, die keinen Zugang zu verlässlich-sicherem, bezahlbarem Trinkwasser hat, ist ein verblüffendes Beispiel für die Ungleichheiten, die wir weltweit sehen. […] Die Reichen können für Wasser zahlen und die Armen werden immer wieder übers Ohr gehauen“ sagt auch der Wissenschaftler und Frischwasser-Experte Peter Gleick dem Guardian.
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