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Verbraucherzentrale: Nestlés Aussagen im Klöckner-Video sind falsch

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Fotos: und Screenshot Twitter BMEL und Utopia/Sven Christian Schulz

Ein gemeinsames Video von Agrarministerin Julia Klöckner und dem Deutschland-Chef von Nestlé hat Anfang des Monats für Aufregung gesorgt. Jetzt hat die Verbraucherzentrale Hamburg Nestlés Aussagen aus dem Video überprüft.

Zu viel Zucker, Fett und Salz im Essen ist ungesund – deswegen will das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dass Konzerne weniger davon in ihren Produkten einsetzen. Offenbar hat das Ministerium zumindest Nestlé schon davon überzeugen können, wie Julia Klöckner in ihrem Video mit Nestlé-Deutschland-Chef Marc-Aurel Boersch zeigen wollte.

Das Video sorgte tagelang für Ärger: Dass ein Bundesministerium einem umstrittenen Konzern wie Nestlé eine Plattform bietet, wurde scharf kritisiert. Die Verbraucherzentrale Hamburg interessierte jedoch ein ganz anderer Punkt: Stimmen die Aussagen von Nestlé-Chef Boersch?

Zucker, Fett und Salz in Nestlé-Produkten

In dem Video sagt Boersch, dass Nestlé die „Reformulierungsstrategie der Ministerin sehr sehr gerne“ unterstütze. „Wir machen das ja auch schon seit ein paar Jahren und werden auch in der Zukunft deutlich Salz, Zucker und Fette reduzieren. Jetzt haben wir in den letzten Jahren circa zehn Prozent reduzieren können. In der Zukunft kommen sicherlich nochmal fünf Prozent dazu“, sagt Boersch in dem Clip.

Um das zu überprüfen, hat die Verbraucherzentrale Hamburg stichprobenartig die Nährwerte von 24 Nestlé-Produkten aus den Jahren 2008 bis 2016 recherchiert und verglichen. Die Ergebnisse:

  • Zucker hat Nestlé nur um 5,7 Prozent reduziert. Nur in vier der untersuchten Produkte stecken tatsächlich zehn Prozent weniger Zucker.
  • Bei 13 der 24 Produkte ist der Zuckergehalt gleich geblieben oder sogar angestiegen. Die „Smarties Schokolinsen“ und der Schokoriegel „KitKat Chunky“ ist laut der Verbraucherzentrale heute noch süßer als vor einigen Jahren.
  • Fett: Bei Fett betrug die Reduktion durchschnittlich null Prozent. 15 von 24 Produkten enthielten gleich viel oder mehr Fett.
  • Nur beim Salz erfüllt Nestlé seine Versprechen: Bei den untersuchten Lebensmitteln ist der Salzgehalt durchschnittlich um 11,3 Prozent gesunken.
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Die alten und neuen Smarties im Vergleich. (Foto: © Verbraucherzentrale Hamburg)

Verbraucherzentrale kann die Aussagen des Nestlé-Chefs nicht bestätigen

„Wir fragen uns, wie und wo Nestlé in den letzten Jahren jeweils 10 Prozent Zucker, Fett und Salz eingespart hat und auf welche Datengrundlage der Konzern seine Aussagen stützt“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Mit den Vergleichswerten unserer Stichprobe können wir die Aussagen des Nestlé-Chefs nicht bestätigen.“

Die Stichprobe von 24 Produkten ist zwar nicht repräsentativ: Immerhin verkauft Nestlé tausende Süßwaren, Fertigprodukte und andere Nahrungsmittel – die Verbraucherzentrale würde womöglich zu einem anderen Ergebnis kommen, wenn sie eine größere Stichprobe untersuchen würde.

Eines zeigt die Analyse der Organisation jedoch: Nicht alle Produkte von Nestlé sind gesünder geworden. In dem Video klingt Nestlé-Chef Boersch so, als ob alle Nestlé-Lebensmittel in den letzten Jahren mit zehn Prozent weniger Salz, Zucker und Fett auskommen. Das ist nicht der Fall. 

Verbraucherzentrale fordert mehr Transparenz

„Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht auf mehr Transparenz und weniger Schönfärberei“, sagt Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Wer völlig überzuckerte Kinderprodukte im Zuckergehalt auf ein weiterhin sehr hohes Niveau reduziert, sollte sich nicht auf die Schulter klopfen.“

Mehr Infos und einen Überblick über die Inhaltsstoffe aller 24 untersuchten Nestlé-Produkte gibt’s bei der Verbraucherzentrale Hamburg.

Update: Nestlé hat uns inzwischen mit einer Stellungnahme zur Untersuchung der Verbraucherzentrale kontaktiert. Darin schreibt Nestlé, dass sich die Reduktionsziele von Zucker, Salz und Fett auf den „durchschnittlichen Gehalt im Gesamtproduktangebot“ beziehen. „Insgesamt hat die Nestlé Deutschland in den letzten 5 Jahren durchschnittlich etwa 12 Prozent Salz, 8 Prozent gesättigte Fette und 7 Prozent zugesetzten Zucker reduziert“, heißt es in dem Statement.

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