Insekten und ihre Bestandteile werden schon lange von der Lebensmittelindustrie verwendet. Sie befinden sich auch in Markenprodukten wie M&Ms, Trolli und bestimmten Milka-Sorten. Andere Hersteller verkaufen Lebensmittel mit Ausscheidungen von Insekten.
Die EU lässt immer mehr Insekten als Nahrungsmittel zu. Seit 2023 dürfen beispielsweise Larven des Getreideschimmelkäfers verarbeitet werden. Über die neuen Regelungen hat Utopia bereits berichtet, einen Überblick dazu über gibt es hier.
Insekten in Lebensmitteln sind aber nichts Neues. Mehlwürmer und Heuschrecken in Nahrungsmitteln zu verarbeiten ist seit anderthalb Jahren in der EU erlaubt. Scharlachschildläuse und Lackschildläuse kommen schon viel länger in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz. Sie sind auch in beliebten Markenprodukten enthalten.
Ausgekochte Schildlaus in M&Ms und Trolli-Produkten
Aus Scharlachschildläusen wird ein roter Farbstoff gewonnen, der in vielen Nahrungsmitteln und Kosmetika zu finden ist. Der Farbstoff wird als „roter Karmin„, „Karmin“ oder „E 120“ in der Zutatenliste aufgeführt. In Kosmetika heißt er auch „CI 75470“, „Carmine“ oder „Cochenille“.
Hergestellt wird der Farbstoff, indem die trächtige Läuse erst getrocknet und dann ausgekocht werden. Der Zusatzstoff ist somit nicht vegan – aber weit verbreitet. Beliebte Süßigkeiten wie M&Ms führen „Karmin“ auf der Zutatenliste. Auch die Sauren Glühwürmchen von Trolli enthalten den Stoff und zählen somit zu Lebensmitteln mit Insekten-Anteil.
Weitere Lebensmittel mit Insekten – zum Beispiel in Milka-Sorte
Schellack wird aus den Ausscheidungen der Lackschildläuse gewonnen. Dabei handelt es sich um eine harzige Substanz, in denen der Nachwuchs der Läuse heranwächst. Die Tierschutzorganisation Peta beklagt: Der Läuse-Nachwuchs ist zwar irgendwann nicht mehr auf den Schellack angewiesen. Aber darauf wartet die Industrie nicht immer. „So landet nicht nur das Harz in der Produktion, sondern mit ihm auch jede Menge lebender Läuse.“
Schellack kann einen glänzenden Überzug bilden. Es kommt zum Beispiel in Farben und Lacken, Nagellack, Haarspray und als Politur zum Einsatz. Auch in Nahrungsmitteln ist oft ein Schellack-Überzug enthalten. So zum Beispiel die Milka-Schokoladensorte „Bunte Kakaolinsen“: Sie führt Schellack in der Zutatenliste auf. Der Stoff kann sich auch hinter der Bezeichnung „E 904“ verbergen.
Auch in „Kinder Schokobons“ von Ferrero wurde lange Schellack verwendet. Der Konzern hat Ende Juli 2023 aber angekündigt, die Rezeptur der beliebten Süßigkeit zu ändern und künftig auf Schellack zu verzichten – Utopia berichtete.
Schellack und Karmin vermeiden
Wer sicher gehen will, dass keine tierischen Bestandteile in Produkten stecken, kann die Zutatenliste beim Einkauf genau prüfen. Siegel wie das V-Label schließen Farbstoffe aus tierischen Bestandteilen aus.
Auch die Veganblume der Vegan Society darf nur auf der Verpackung abgedruckt werden, wenn darin keine tierischen (Neben-)Produkte enthalten sind. Als Tiere versteht die Vegan Society alle Wirbeltiere und mehrzellige wirbellose Tiere. Lebensmittel mit Insekten dürfen das Siegel also nicht tragen.
Waldhonig aus Blattlaus-Ausscheidungen
Manche Lebensmittel enthalten Ausscheidungen von Insekten – so auch Waldhonig. Denn diese Honigsorte basiert auf Honigtau, den Bienen sammeln und zu Honig verarbeiten. Bei Honigtau handelt es sich um zuckerhaltige Ausscheidungen von Blattläusen, Blattflöhen und Zikaden. Für viele andere Honigsorten verwenden Bienen pflanzlichen Nektar als Basis.
Andere Insekten in Nahrungsmitteln erkennen
In den letzten Jahren wurden neue Insekten für die Verwendung in Nahrungsmitteln zugelassen – man bezeichnet sie als sogenanntes „Novel Food“.
- Seit 2021 dürfen die Larve des Gelben Mehlwurms und die Wanderheuschrecke in Nahrungsmitteln verarbeitet werden. Sie müssen zusätzlich unter der lateinischen Bezeichnung Tenebrio molitor beziehungsweise Locusta migratoria in der Zutatenliste aufgeführt werden. Beide Käfer dürfen mehr oder weniger im Ganzen, getrocknet oder als Pulver verarbeitet werden – die Wanderheuschrecke auch gefroren.
- 2022 wurde die Hausgrille (Acheta domesticus) zugelassen. Sie kann im ganzen oder als Pulver eingesetzt werden, auch gefroren oder gefriergetrocknet.
- Ab 2023 darf auch der Getreideschimmelkäfer (Alphitobius diaperinus) als Paste oder Pulver Lebensmitteln zugesetzt werden.
Diese Insekten können beispielsweise in Chips, Flips, Nudeln, Müsli-Riegeln, Backmischungen, Brot, Fleisch- und Milchersatz und vielen weiteren Lebensmitteln vorkommen. Sind Insekten enthalten, dürfen Lebensmittel nicht als vegetarisch oder vegan deklariert werden.
Sind Insekten in Lebensmittel nachhaltig?
Die erwähnten Beispiele zeigen, dass die Industrie Insekten und deren Ausscheidungen schon lange als Zusatzstoff verwendet. Sie machen einen kleinen Teil von beliebten Produkten aus. Zahlreiche Hersteller zeigen, dass es aber auch ohne geht – sie nutzen beispielsweise pflanzliches Pektin statt Schellack. Und die Kosmetikmarke Essence hat Karminrot durch eine Mischung von mineralischen und synthetischen Pigmenten ersetz.
Utopia meint: Die neuen EU-Regelungen erlauben es Herstellern, weitere Insekten als Zutat für Lebensmittel zu verwenden – auch in mengenmäßig großen Anteilen. Der WWF betont zwar, dass die Ökobilanz von Insekten deutlich besser ist als die von Rind, Schwein und Huhn. Durch sie lassen sich tierische Kalorien also klimafreundlicher herstellen. Trotzdem handelt es sich auch bei Insekten in Lebensmitteln um Tiere, die für den Verzehr gezüchtet werden.
Für die Haltungsbedingungen, den Einsatz von Arzneimitteln und die Tötung von Insekten existieren in Deutschland noch keine Vorschriften. Die Tierschutzorganisation Peta schreibt, dass Insekten in der Ernährungsindustrie häufig durch Einfrieren getötet werden – oder dadurch, dass man sie mit kochendem Wasser oder Wasserdampf verbrüht. Der Kriminalbiologe und Insekten-Experte Mark Benecke weist im Interview gegenüber Utopia auch darauf hin, dass es problematisch sei, nur bestimmte Insekten als Nahrungsmittel zu züchten. Diese würden dann zum Beispiel schneller krank, weil sich Erreger schnell ausbreiten. Wir bei Utopia raten aus Gründen des Umwelt- und Tierschutzes generell dazu, tierische Produkte in Maßen zu genießen und zu pflanzlichen Alternativen zu greifen.
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