Ein Hähnchen-Fleisch von Rewe wurde zur „dreistesten Werbelüge des Jahres“ gewählt. Die Supermarktkette erhält dafür den Schmäh-Preis „Goldener Windbeutel“ von Foodwatch. Der Verbraucherschutzorganisation wird vorgeworfen: Die Nominierung von Rewe basiere auf falschen Analysen.
Der Goldene Windbeutel geht an: das Wilhelm Brandenburg Hähnchen-Brustfilet von Rewe. Rund 28 Prozent der 63.000 Teilnehmer:innen wählten das Fleisch zur dreistesten Werbelüge des Jahres. Seit Mitte November konnten Menschen online bei der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch für ihren Negativ-Favoriten abstimmen.
Foodwatch: Waldschutzprojekt schützt keine Bäume
Foodwatch wirft Rewe vor, Fleisch als „klimaneutral“ zu bezeichnen, dabei jedoch falsche Zertifikate für CO2-Kompensation zu nutzen. Die Eigenmarke „Wilhelm Brandenburg“ würde so zur Klimalüge und damit auch zur Werbelüge. Denn die Werbung vermittle, dass sich die Produktion des Hähnchenfleischs nicht schädlich auf das Klima auswirke.
Recherchen von Foodwatch ergaben: Das Schutzprojekt in Peru, durch das die Treibhausgas-Emissionen des Fleischs angeblich kompensiert werden, schütze den Wald nicht. Stattdessen würden dort Wälder zerstört werden.
„Für den Klimaschutz muss Deutschland die Tierzahlen drastisch reduzieren. Rewe verkauft Fleisch als gut für das Klima, was eine glatte Lüge ist. Mit diesem Greenwashing muss Schluss sein. Grüne Werbelügen auf unökologischen Produkten müssen gestoppt werden“, kritisiert Manuel Wiemann, Wahlleiter des Goldenen Windbeutels.
Mit einer Aktion an der Rewe-Zentrale in Köln hat Foodwatch am Dienstag versucht, den Goldenen Windbeutel an die Konzernführung zu überreichen. Eine lebensgroße Hähnchenverpackung protestierte mit dem Schild „Ich will keine Klimalüge sein!“. Die Aktivist:innen der Verbraucherschutzorganisation standen jedoch vor verschlossenen Türen: Rewe stand für ein Gespräch nicht zur Verfügung.
Rewe und ClimatePartner: Die Anschuldigungen von Foodwatch sind falsch
Bereits nach der Nominierung im November argumentierte Rewe, dass das Unternehmen erst seit 2021 mit dem krisitierten Zertifizierungsunternehmen kooperiere. Foodwatch entgegnet: Die Zertifikate für das Geflügelfleisch von Rewe würden aus den Jahren 2010-2012 stammen. Für diesen Zeitraum soll das Tambopata-Projekt in Peru nachweislich keinerlei Emissionsreduktionen bewirkt haben, die Zertifikate seien also falsch. Zudem sei es grundsätzlich irreführend, Fleisch als „klimaneutral“ zu bewerben.
Das Tambopata-Projekt unterstützt Rewe über den Anbieter „ClimatePartner“. Die Organisation hilft Firmen, ihre CO2-Emissionen durch Klimaschutzprojekte auszugleichen. ClimatePartner hat vergangene Woche in einer Stellungnahme dem Bericht von Foodwatch widersprochen.
Geodatenanalysen bestätigten demnach die eingesparten CO2-Emissionen seit 2009. Zudem sei das Tambopata-Projekt mit dem seriösen Verified Carbon Standard (VCS) zertifiziert.
ClimatePartner sieht in der Kritik von Foodwatch eine Gefahr für das Projekt: „Die Paranussbäuerinnen und Paranussbauern sind nachhaltig auf den Verkauf von CO2- Minderungszertifikaten angewiesen, denn das Projekt kann sich ohne diese Einnahmen nicht finanziell tragen.“
Das waren die Nominierten für den Goldenen Windbeutel
Foodwatch hatte fünf Produkte für den goldenen Windbeutel nominiert. Auf den Plätzen zwei bis fünf befinden sich:
- Volvic Natürliches Mineralwasser von Danone
- Mövenpick Green Cap Kaffeekapseln von J.J. Darboven
- Katjes Wunderland Fruchtgummis
- Clean Protein Bar von Naturally Pam by Pamela Reif
Genauere Informationen zu den weiteren nominierten Produkten findest du hier: Foodwatch: Welches Lebensmittel ist die dreisteste Werbelüge des Jahres?
Utopia meint: Generell gilt: CO2-Emissionen durch Projekte zu kompensieren kann eine Möglichkeit sein, um die Gesamtmenge an CO2 in der Atmosphäre auszugleichen. Besser wäre es allerdings, keine Treibhausgase zu erzeugen oder zumindest den Ausstoß an Klimagasen zu verringern. Denn Klimagase können nicht schädlich wirken, wenn sie gar nicht erst entstehen. Emissionen durch Kompensation ‚zurückzuholen‘, ist schließlich nur im Nachhinein möglich – und auch dann nur mit Einschränkungen.
Bei der Kompensation vom Rewe–Fleisch sei dahingestellt, ob nun Foodwatch oder ClimatePartner Recht hat. Was so oder so bleibt: Fleisch – ein Produkt, das nachweislich hohe Mengen Treibhausgase verursacht – rein aufgrund von Kompensationen als „klimaneutral“ zu bewerben ist mindestens absurd. Eine Auszeichnung von Fleisch als klimaneutral sendet falsche Signale.
Wer Fleisch essen möchte, sollte auf Bio-Qualität (am besten aus der Region) zurückzugreifen. Naturland, Demeter und Bioland haben dabei strengere Richtlinien und Kontrollen als das EU-Bio-Siegel. Mehr dazu erfährst du hier: Bio-Siegel: Was haben die Tiere davon?
Wir empfehlen, Fleisch nur in Maßen zu konsumieren und nach Möglichkeit ganz darauf zu verzichten. Das verhindert nicht nur Tierleid, sondern spart auch Treibhausgase ein.
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