In einer Agroforstwirtschaft wachsen Bäume und Sträucher an der Seite von Tieren oder Ackerkulturen. Im Idealfall profitieren beide Seiten davon.
Was Agroforstwirtschaft bedeutet, sagt bereits der Name – in ihm stecken sowohl die Landwirtschaft als auch die Forstwirtschaft. Ein agroforstwirtschaftlicher Betrieb kombiniert
- Gehölze (mehrjährige Bäume und/oder Sträucher) und Ackerkulturen,
- Gehölze und Viehhaltung oder
- Gehölze, Ackerkulturen und Viehhaltung.
Die verschiedenen Elemente können auf der Fläche des Betriebs unterschiedlich angeordnet sein. Besonders typisch sind abwechselnde Streifen von Bäumen und Äckern. Aus den Bäumen kann später zum Beispiel Energie gewonnen werden. Es können aber auch Obstbäume oder Bäume mit hochwertigen Hölzern sein, aus denen später zum Beispiel Möbel hergestellt werden. Üblich ist ein Gehölzanteil von zwei bis 40 Prozent.
Welche Vorteile hat eine Agroforstwirtschaft?
Die landwirtschaftlichen Flächen können auf verschiedenen Wegen von der Anwesenheit von Bäumen profitieren:
- Wie die Infoseite Praxis Agrar der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) schreibt, trocknen die Felder durch die Bäume bei Wassermangel nicht so schnell aus. Die Bäume spenden zum einen Schatten, zum anderen können sie mit ihren tiefen Wurzeln Wasser (und Nährstoffe) aus tieferen Bodenschichten hochholen.
- Abgestorbene Pflanzenteile der Bäume führen dazu, dass sich vermehrt Humus bildet. Dadurch kann der Boden wiederum besser Wasser und Nährstoffe speichern.
- Die Bäume schirmen zum Teil Wetterextreme wie Stürme ab und verringern die Bodenerosion.
Aufgrund dieser positiven Wechselwirkungen können Landwirt*innen Düngemittel und gegebenenfalls Wasser einsparen und haben trotzdem zum Teil höhere und vor allem stabilere Erträge, so der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF). Außerdem profitieren Landwirt*innen davon, dass sie in einer Agroforstwirtschaft breiter aufgestellt sind und deshalb mehrere Einnahmequellen haben. Einer Publikation der TU Berlin zufolge ist dies vor allem für Kleinbäuer*innen lukrativ.
Schon gewusst? Auch viele Nutztiere fühlen sich unter Bäumen wohl. So kann eine Agroforstwirtschaft auch mehr Tierwohl bedeuten. Allerdings setzt das voraus, dass der Betrieb seine Tiere generell unter artgerechten Bedingungen hält. Strenge Standards zertifizieren zum Beispiel Bio-Siegel wie Demeter, Bioland und Naturland.
Doch nicht nur die Landwirtschaft profitiert, sondern auch Klima und Umwelt:
- Bäume und gesunde Böden sind wichtige Kohlenstoffspeicher.
- Wenn die Bäume Nährstoffe und Wasser im Boden halten, bedeutet das auch, dass weniger Nährstoffe ins Oberflächen- und Grundwasser ausgewaschen werden. Dem DeFAF zufolge verbessert dies die Qualität des Wassers.
- In den Gehölzen fühlen sich zahlreiche Tier- und Pflanzenarten wohl. So kann eine Agroforstwirtschaft (insbesondere eine mit verschiedenen Gehölzen und Ackerkulturen und Blühstreifen) die Biodiversität stärken.
Welche Herausforderungen bringt eine Agroforstwirtschaft mit sich?
Entscheidend bei einer Agroforstwirtschaft ist die richtige Struktur: Landwirt*innen sollten die verschiedenen Pflanzen so auswählen und anordnen, dass sie so wenig wie möglich um Wasser, Licht und Nährstoffe konkurrieren. Denn natürlich brauchen auch Bäume diese zum Wachsen. Eine Möglichkeit ist laut der TU Berlin beispielsweise, Pflanzen zu wählen, die zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr viel Wasser brauchen.
Daneben ist eine Agroforstwirtschaft arbeitsintensiver und teurer. Die höhere Arbeitsintensität ist laut dem DeFAF allerdings nicht so problematisch, da die Gehölze vor allem im Winter Zuwendung brauchen, wenn auf den Äckern nicht viel zu tun ist. Teurer ist eine Agrarforstwirtschaft vor allem am Anfang – denn bis die Bäume groß genug sind, um Gewinn zu bringen, dauert es je nach Art und Zweck der Bäume mehrere Jahre.
Warum gibt es in Deutschland so wenige Agroforstwirtschaften?
Dem Infoportal Ökolandbau zufolge gibt es Agroforstwirtschaften vor allem in subtropischen und tropischen Regionen. Hierzulande war die Agroforstwirtschaft bis zur industriellen Revolution ebenfalls weit verbreitet – es gab viele Streuobstwiesen und Schweine wurden in Eichenwäldern mit Eicheln gemästet.
Heute ist die Mischung aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft in Deutschland selten geworden. Das liegt Praxis Agrar zufolge auch daran, dass es hierzulande keine Subventionen für Agroforstsysteme gibt. Dafür gibt es zwar seit einigen Jahren eine EU-Verordnung, diese wurde bisher jedoch nicht in nationales Recht umgesetzt. Frankreich ist da schon weiter – in den letzten Jahren ist die Zahl der Agroforstsysteme dort angestiegen, da Flächen mit Bäumen dort die gleichen Subventionen erhalten wie Felder. Auch in Spanien gibt es laut Ökolandbau mehr Agroforstwirtschaften – insbesondere die Schweinehaltung unter Eichen ist dort nach wie vor anzutreffen.
Eine Art der Agroforstwirtschaft, die es in Deutschland immer noch gibt, sind die in Schleswig-Holstein verbreiteten „Knicks„. Das sind Streifen aus Bäumen und Sträuchern, die Felder begrenzen. Alle zehn bis 15 Jahren schneiden die Landwirt*innen die Bäume und Sträucher kurz. Dabei lassen sie gerade so viele stehen, dass Tiere nach wie vor einen Unterschlupf finden können und neu wachsende Sträucher und Bäume genug Licht abbekommen.
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