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Aquakultur: Vor- und Nachteile der Fischfarmen

Aquakultur
Foto: CC0 / Pixabay / monika1607

Fisch aus Aquakultur steht in der Kritik, doch sind Wildfische wirklich besser? Wir zeigen die Vor- und Nachteile von Aquakulturen und klären, ab wann man überhaupt von einer Aquakultur spricht.

Als Aquakultur bezeichnet man der Albert-Schweitzer-Stiftung zufolge alle Formen der kontrollierten Aufzucht von im Wasser lebenden Organismen. Dazu zählen zum Beispiel Fische, Muscheln und Algen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, wie eine Aquakultur aussehen kann:

  1. eine mit Wasser gefüllte Grube
  2. künstlich angelegte Teiche
  3. wasserdurchströmte Zuchtbecken
  4. Netzgehege im Meer
  5. (Teil-)Kreislaufanlagen

Seit 1991 werden in China mehr Fische in Aquakulturen gezüchtet als in allen anderen Ländern der Welt zusammen, so die Albert-Schweizer-Stiftung. Der Großteil ist für den Export bestimmt. Heute stammt etwa jeder dritte weltweit verzehrte Fisch aus einer Aquakultur, laut BUND sind das über 60 Millionen Tonnen.

Aquakultur: Massentierhaltung im Wasser

Lachse und Thunfische stammen oft aus Aquakulturen.
Lachse und Thunfische stammen oft aus Aquakulturen.
(Foto: Sven Christian Schulz / Utopia)

Aquakulturen sind Massentierhaltung, erklärt die Albert-Schweizer-Stiftung. Ein entscheidender Tierschutzaspekt ist die richtige Wasserqualität, damit die Tiere nicht leiden. Dazu zählen „zu warmes oder zu kaltes Wasser, ein falscher pH-Wert oder ein unzureichender Salzgehalt“. Wie schnell das Wasser ausgetauscht oder gereinigt werden muss, hängt von der Anzahl der Fische pro Kubikmeter Wasser ab. Diese variiert stark – in konventionellen Aquakulturen beträgt sie bis zu 25 Kg pro Kubikmeter. Besser haben es die Tiere in Bio-Betrieben, denn dort haben sie doppelt so viel Platz. In manchen Aquakulturen übernehmen Mikroorganismen und Pflanzen die Reinigung, während in Becken immer wieder neues Wasser zugeführt werden muss. Handelt es sich um Netzgehege im Meer, sorgt die Meeresströmung für frisches Wasser.

Schon gewusst? Muscheln, Schnecken und Algen werden auch für Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln (Alginat) oder für Kosmetika und als Schmuck (Perlen) gezüchtet.

Vorteile von Aquakulturen im Überblick

Aquakulturen in natürlichen Gewässern.
Aquakulturen in natürlichen Gewässern.
(Foto: CC0 / Pixabay / jonesthejones)
  • Geschmack & Qualität: Gezüchtete Fische aus Aquakulturen haben in der Regel eine bessere Qualität. So kommt Stiftung Warentest 2018 zum Ergebnis: „Die Qualität von Wildlachs kann mit Zucht­lachs nicht mithalten“. Im Geschmack lagen die getesteten Zuchtfische vorn – ob frisch oder tiefgekühlt.
  • Zucht: Der Bestand an Fischen lässt sich in Aquakulturen gut kalkulieren. Im Gegensatz zum traditionellen Fang per Schiff gibt es keinen Beifang, der verletzt zurück ins Meer geworfen oder entsorgen werden muss.
  • Keine Schleppnetze: In der traditionellen Fischereiwirtschaft sind Schleppnetze noch immer Standard. Sie sind meist zwei Kilometer lang und werden vom Schiff über den Meeresboden geschleppt. Dabei gelangt nicht nur viel Beifang ins Netz, sondern es können auch Korallen abgerissen werden.
  • Keine Parasiten: In der Natur werden viele Fische von Parasiten befallen. Nematoden gehen in das Fleisch über – und laut Stiftung Warentest sind davon praktisch alle Wildlachse befallen. Gesundheitliche Bedenken bestehen aber nur beim rohen Verzehr des Fischs.
  • Kürzere Wege: Fisch aus Aquakulturen, der in Europa verkauft wird, stammt meist aus Norwegen. Damit ist der Weg kürzer als der von Wildfisch, der oft aus dem Nord­pazifik vor Alaska und Russ­land gefischt und zum Filetieren nach Asien gebracht wird.

Nachteile von Aquakulturen

Forellen werden oft in naturnahen Becken gezüchtet.
Forellen werden oft in naturnahen Becken gezüchtet.
(Foto: CC0 / Pixabay / fietzfotos)
  • Fischfutter: Die Problematik mit dem Fischfutter erläutert der BUND so: Viele Speisefische sind Fleischfresser und bekommen Fischmehl und Fischöl. Dabei handelt es sich oft um Fischabfälle aus Wildfisch. Die großen Mengen an Fischfutter werden für die Überfischung der Meere mitverantwortlich gemacht. Inzwischen gibt es aber nur noch so wenig Fisch in den Meeren, dass ein Teil des Tierfutters aus Soja und Raps aus Monokulturen stammt. Angebaut werden diese unter Einsatz von Pestiziden und Gentechnik.
  • Tierwohl: Wie gut es den Tieren in den Aquakulturen geht, können Kunden beim Blick auf die Verpackung nicht wissen. Klar ist aber: In Bio-Aquakulturen haben sie doppelt so viel Platz, während sie konventionelle Fisch-Farmen wegen zu vielen Fischen pro Becken in der Kritik stehen.
  • Abwasser: Wie immer bei der Massentierhaltung fallen auch bei Aquakulturen Kot und Urin in großen Mengen an. Im Abwasser der Aquakulturen sammeln sich diese, zusammen mit Medikamentenrückständen. Am Ende gelangt das Abwasser meist ungefiltert in Meere oder Flüsse.
  • Verdrängung vieler Arten: Netzgehege schwimmen in Meeresbuchten mit besonders sauberem Wasser. Dort sind auch viele andere Tiere und Pflanzen zuhause, die dann verdrängt werden.
  • Verbreitung neuer Arten: Immer wieder gelangen Tiere aus eingenetzten Aquakulturen ins Meer und verdrängen dort die anderen Fische. Denn sie sind robuster gezüchtet und anderen Fischen überlegen. Die neuen Tiere haben aber noch mehr Auswirkungen: „Mit den Zuchttieren werden häufig neue Krankheitserreger und Parasiten [ins Meer] eingeschleppt, die sich dann massiv unter den einheimischen Tieren ausbreiten können. Aber auch schon vorhandene Parasiten finden oft ideale Brutstätten in den Aquakulturanlagen“, erklärt der BUND.
  • Medikamente: Parasiten gibt es auch in Aquakulturen, wie zum Beispiel die Lachslaus. Die Züchter müssen viele Medikamente einsetzen, damit die Fische gesund bleiben. Rückstände der Medikamente finden sich zum Teil auch später noch im Fisch auf dem Teller. Aber: Die Lachslaus geht nicht ins Fleisch über (im Gegensatz zu den Nematoden aus Wildfisch), weshalb Stiftung Warentest einmal mehr zu Fisch aus Aquakulturen rät.

Kritik gibt es oft an der Schlachtung von Fischen aus Aquakulturen: In den Mittelmeerländern und in Asien „werden Fische aus Aquakultur nach dem Abfischen lediglich auf Eis gepackt, wo sie in einem minutenlangen Todeskampf ersticken“. Nur in Deutschland und der Niederlande gibt es strengere Vorgaben. Hier müssen die Fische vor dem Schlachten betäubt werden. Bei Wildfischen ist es aber nicht besser – sie werden in der Regel ohne Betäubung aufs Schiff gezogen, ersticken dort und werden filetiert, so PETA. „Bei der Langleinenfischerei beispielsweise werden hunderte oder sogar tausende Haken an einer einzigen Schnur befestigt. (…) Schnappt ein Fisch nach dem Köder, muss er sehr wahrscheinlich noch stundenlang am Haken ausharren, bevor die Schnur eingeholt wird“.

Fisch aus Aquakultur oder nicht?

Entscheidend für den Tierschutz ist unter anderem die Menge an Fischen pro Kubikmeter.
Entscheidend für den Tierschutz ist unter anderem die Menge an Fischen pro Kubikmeter.
(Foto: CC0 / Pixabay / ESchwartz)

Wer nicht auf Fisch verzichten will, sollte auf zertifizierten Fisch mit Naturland-Siegel oder Bioland-Siegel setzen. Fischmehl und -öl aus Wildfischen als Fischfutter sind bei beiden Siegeln verboten und sie fordern hohe Umweltstandards ein. Bei Naturland- oder Bioland-zertifiziertem Fisch handelt es sich um Fisch aus Aquakulturen oder um nicht-überfischten Fisch (zum Großteil) aus Deutschland und Dänemark. Es gibt zwar auch das ASC-Siegel, doch der Nabu weist darauf hin, dass Bio-Fisch deutlich besser ist.

Ob Fisch aus dem Meer oder aus einer Aquakultur besser ist, lässt sich pauschal nicht beurteilen. Der Bundesverband Naturkost Natur­waren (BNN) rät entweder zu Fisch aus Bio-Aquakulturen oder Wildfang, der nicht bedroht und vertretbar gefangen wurde. In jedem Fall ist Fisch eine Delikatessen und sollte – wenn überhaupt – nur selten gegessen werden.

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