Augen auf beim Blaubeeren-Kauf: Das Superfood hat Schattenseiten

Blaubeer-Boom: Die Folgen
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - Benjamin Finley

Blaubeeren sind super gesund und bereits seit einigen Jahren im Trend. Unser hoher Konsum aber hat Schattenseiten: Weite Transportwege und Wassermangel auf der anderen Seite der Welt.

Wem es so vorkommt, als wären Blaubeeren inzwischen überall präsent, wo es um Essen geht – vom Supermarkt bis auf Instagram ­– hat vermutlich recht: Seit einigen Jahren boomen Blaubeeren. Längst sind die Früchte so beliebt, dass heimische Produzenten nicht mehr hinterher kommen und viel Ware aus dem Ausland importiert wird.

Innerhalb weniger Jahre ist die Produktions- und die Verkaufsmenge weltweit drastisch gestiegen. Im Wirtschaftsjahr 2023/2024 kauften die Menschen in Deutschland laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) rund 70.000 Tonnen Heidelbeeren – oder etwa 800 Gramm pro Kopf.

Das Problem: Die regionalen Anbauflächen sind in den vergangenen Jahren weniger schnell gewachsen als die Nachfrage. Rund 15.100 Tonnen Heidelbeeren konnten deutsche Anbaubetriebe im Jahr 2024 ernten.

Viel deutlicher als die Inlandsproduktion steigen die Importe: Innerhalb von zehn Jahren versechsfachte sich die Menge der importierten Heidelbeeren beinahe – auf rund 64.000 Tonnen im Jahr 2023.

Heidelbeer-Anbau in der peruanischen Wüste

Heidelbeeren: Hübsch anzusehen, lecker und gesund.
Wenn es sein muss, wachsen Kulturheidelbeeren auch in der Wüste, doch die Folgen der Bewässerung sind weitreichend. (Foto: CC0 / Pixabay / jill111)

Genau genommen handelt es sich bei fast allen Blaubeeren im Handel um Kulturheidelbeeren, die meist ergiebiger und größer sind als wilde Waldheidelbeeren und maschinell geerntet werden können. Viele dieser Blaubeeren oder auch Heidelbeeren stammen aus europäischen Nachbarländern. Das wichtigste Exportland aber liegt sehr viel weiter von uns entfernt: Peru im Nordwesten des südamerikanischen Kontinents. Allein in Peru werden inzwischen laut offiziellen Zahlen auf über 20.000 Hektar Blaubeeren angebaut, vornehmlich für den Export.

Wie der Anbau dort aussieht und warum er problematisch ist, zeigt unter anderem Funk (gemeinsames Angebot von ARD und ZDF) im Auslandsformat „Atlas“ in einem kurzen Doku-Film. Darin zu sehen: Blaubeeren wachsen mitten in einer öden peruanischen Wüstenlandschaft auf riesigen Feldern. Um die Pflanzen in der trockenen Wüste anbauen zu können, muss künstliche Bewässerung her.

Das Wasser stammt laut „Atlas“ teils aus einem Fluss, der eigens umgeleitet wurde, um fruchtbares Farmland zu schaffen. Er wurde in den Anden aufgestaut und abgelenkt und fließt nun teilweise anstatt nach Osten in Richtung Atlantik auf der anderen Seite der Anden in Richtung Westen. In einer Doku des SWR betätigt ein Sprecher der nationalen Wasserbehörde das. (Dem genauen Ort auf die Spur zu kommen ist nicht ganz einfach – vermutlich handelt es sich um dieses Bauprojekt.)

„Gigantische Eingriffe in die Natur“ nennt ARD-Korrespondent Matthias Ebert das Bewässerungsprojekt im Funk-Video. Dort heißt es, in der Folge der Fluss-Umleitung klagten nun Kleinbauern und -bäuerinnen östlich den Anden über Wassermangel. Allerdings kommen auch Menschen aus der heutigen Anbauregion zu Wort, die von den neu geschaffenen Arbeitsplätzen profitieren.

In der SWR-Doku klagt ein Kleinbauer aus der Blaubeer-Anbauregion, das in Kanäle umgeleitete Wasser komme vor allem den großen Agrarfirmen zugute, während kleine Farmer:innen immer wieder davon abgeschnitten würden.

Blaubeeren aus Südamerika: Miese Klimabilanz

Zu den aufwändigen Anbaubedingungen in wasserarmen Regionen kommt eine schlechte Klimabilanz: Über 10.000 Kilometer werden die peruanischen Blaubeeren auf Schiffen nach Europa transportiert. So lange Transportwege gehen beinahe zwangsläufig mit hohem Treibstoffverbrauch und damit hohen klimaschädlichen CO2-Emissionen einher.

Die Sendung Marktcheck weist darauf hin, dass die Beeren aus Südamerika für den Transport oft mit Pilzgiften behandelt werden, um während der rund dreiwöchigen Schiffsreise Schimmel zu vermeiden. Auch Rückstände von Pestiziden fanden die Redakteur:innen.

Weite Transportwege, hoher Wasserbedarf, Superfood-Hype ­– hier kann man sich zu Recht an den Avodado-Boom der 2010er-Jahre erinnert fühlen. Genau wie Heidelbeeren gelten auch Avocados als sehr gesund. Auch hier führten Gesundheitsversprechen zu einem Foodtrend, der in Teilen Lateinamerikas massive Wasserprobleme verursachte und bis heute verursacht. Ist die Blaubeere die neue Avocado?

Heidelbeere Beeren
Bei Heidelbeeren sollte man genau auf die Herkunft achten – und jeden Tag müssen sie auch nicht sein. (Foto: CC0 Public Domain / pixabay.de)

Jein – denn anders als die Avocado kann die Blaubeere ohne Probleme auch in Deutschland, Frankreich oder Polen wachsen. Genau wie bei der Avocado empfiehlt es sich aus Umweltsicht aber auf jeden Fall, es nicht zu übertreiben mit dem Konsum. Und genau auf die Herkunft zu achten. Nur dann ist die Heidelbeere wirklich das „heimische Superfood„, als das sie oft angepriesen wird.

Und wenn ich aber Blaubeeren kaufen will?

Wer sich nun schwer damit tut, mit seinem Geld die oben beschriebenen Bedingungen weiter zu unterstützen, muss also nicht ganz auf Blaubeeren verzichten: Die Beeren werden auch in Deutschland und einigen Nachbarländern angebaut. Um die Herkunft zu erkennen, muss man beim Kauf aber genau hinschauen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, Bio-Beeren zu kaufen, da der Anbau Böden und Gewässer schont.

Gleichzeitig zwingt ein Fokus auf den heimischen Anbau dazu, die Beeren wirklich nur innerhalb der hiesigen Saison (etwa von Juni bis September) zu kaufen ­– und damit insgesamt weniger davon.

Es kann sich außerdem lohnen, sich nach lokalen Anbaubetrieben umzusehen: Vielerorts darf man während der Saison, also vor allem im Hochsommer, Beeren aller Art selbst pflücken. Und vereinzelt findet man auch wilde Waldblaubeeren.

Heidelbeeren kann man auch im Garten selbst anbauen und ernten. Tipps dazu:

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