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Autogenes Training: Wirkung, Anwendungsbereiche und Übungen

Autogenes Training
Foto: CC0 / Pixabay / brenkee

Autogenes Training ist eine spezielle Entspannungstechnik, die dir helfen kann, gelassener und selbstbewusster zu werden. Hier erfährst du, wie die Übungen genau funktionieren und was du beachten solltest.

Autogenes Training ist eine Art der Selbsthypnose, bei der du deinen Körper in einen tiefen Ruhezustand versetzen kannst. Im Fokus steht dabei die Kraft deiner Gedanken. So sollst du vor allem über eine bestimmte Form der gedanklichen Konzentration ruhiger werden. Die Entspannungsübung kann dir dabei helfen, mit Stress im Alltag besser umzugehen. Auch bei Personen mit psychischen Erkrankungen kommt sie zum Einsatz.

Was ist autogenes Training?

„Autogenes Training“ ist eine Kurzform für den eigentlichen Begriff des „Trainings für autogene Entspannung“. Der Begriff „autogen“ setzt sich dabei aus dem griechischen Wort „auto“, was „selbsttätig“ bedeutet, und dem lateinischen Begriff „genero“, was mit „hervorbringen“ übersetzt werden kann.

Laut diesem Ansatz ist die Entspannung also etwas, das aus unserem Innern selbst erzeugt wird und nicht durch äußere Einflüsse gelenkt wird.

Entwickelt wurde diese spezielle Art des Entspannungstrainings von dem Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz. Das Autogene Training erschuf er aus den Grundlagen der Hypnoseforschung. Das Ziel war es, einen tiefenentspannten Zustand zu erreichen.

Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass Schultz aufgrund seiner menschenverachtenden Tätigkeiten während der NS-Zeit höchst kritisch zu sehen ist. So befürwortete er die Euthanasie und beteiligte sich an der Verfolgung homosexueller Menschen.

Wozu dient autogenes Training?

Führst du autogenes Training regelmäßig durch, wirst du dich auch im Alltag besser konzentrieren können.
Führst du autogenes Training regelmäßig durch, wirst du dich auch im Alltag besser konzentrieren können.
(Foto: CC0 / Pixabay / caio_triana)

Ursprünglich wurde das Autogene Training als Therapiemethode für psychisch kranke Menschen entwickelt. Es ist jedoch auch für gesunde Personen geeignet. Einige mögliche Effekte des regelmäßigen Trainings sind laut der AOK zum Beispiel:

  • weniger Konzentrationsstörungen
  • verbesserte Funktion des Magen-Darm-Trakts
  • weniger Muskelverspannungen und Haltungsschäden
  • weniger Kopfschmerzen und Migräne
  • weniger chronische Schmerzen
  • verbesserte Leistungsfähigkeit
  • mehr Gelassenheit und innere Ruhe

Wie funktioniert autogenes Training?

Die Grundlage für das Autogene Training ist laut Geo ein Trance-Zustand, in den du dich durch die bewusste Kontrolle deiner Gedanken selbst versetzt. Dafür fokussierst du deine Gedanken auf eine bestimmte körperliche Reaktion, die dann durch die bloße Einbildung tatsächlich eintritt. Der Trance-Zustand wird am Ende einer jeden Trainingseinheit wieder aufgehoben, was auch als „Rücknahme“ bezeichnet wird.

Wenn du noch keine Erfahrung mit Autogenem Training oder anderen Entspannungsmethoden hast, ist es empfehlenswert, die Übungen zunächst unter Anleitung von Expert:innen durchzuführen. Dafür kannst du etwa in speziellen Praxen Kurse buchen oder eine CD oder Audio-Datei nutzen. Das Ziel sollte es jedoch sein, die Übungen irgendwann ganz allein durchführen zu können, sodass die Entspannung wirklich nur durch dich selbst ausgelöst wird.

Bevor es losgeht: Die richtige Haltung

Autogenes Training kannst du im Sitzen oder im Liegen durchführen.
Autogenes Training kannst du im Sitzen oder im Liegen durchführen.
(Foto: CC0 / Pixabay / birgl)

Bevor du mit dem Autogenen Training beginnst, solltest du zunächst herausfinden, in welcher Haltung du dich am besten entspannen kannst. Besonders empfohlen sind laut den Neurologen und Psychiatern im Netz folgende Haltungen:

  • Droschenkutscherhaltung: Setz dich auf die Kante eines Stuhls. Beuge den Oberkörper vor, sodass deine Ellenbogen locker auf deinen Oberschenkeln liegen. Die Arme sollten an der Innenseite deiner Oberschenkel herunterhängen. Senk den Kopf, sodass auch in diesem Bereich kein Muskel mehr angespannt ist.
  • Sitzhaltung: Für diese Haltung kannst du entweder einen normalen Stuhl oder einen Lehnsessel mit Armlehnen und zusätzlicher Kopfauflage wählen. Lehn in jedem Fall deinen Rücken entspannt gegen die Rückseite des Stuhls. Lege die Arme in deinen Schoß oder auf die Stuhllehnen. Die Füße sollten komplett den Boden berühren.
  • Liegehaltung: Lege dich ins Bett,aufs Sofa oder eine Yoga-Matte. Um deine Nackenmuskulatur zu entlasten, solltest du dir ein Kissen in den Nacken legen. Leg die Arme locker neben den Körper oder auf deine Oberschenkel. Die Beine sind entspannt, sodass die Fußspitzen leicht nach außen zeigen.

Autogenes Training: Die Grundübungen

Am Ende der Übungen sollte sich dein ganzer Körper warm und schwer anfühlen. Nur der Kopf ist angenehm kühl und klar.
Am Ende der Übungen sollte sich dein ganzer Körper warm und schwer anfühlen. Nur der Kopf ist angenehm kühl und klar.
(Foto: CC0 / Pixabay / Myriams-Fotos)

Ursprünglich wurde die Übungen des Autogenen Trainings in drei Stufen unterteilt: Grund-, Mittel- und Oberstufe. Heute spricht man in der Regel nur noch von den Grundübungen und Übungen für Fortgeschrittene. Das Ziel der Grundübungen ist es, die Schwere und Wärme des Körpers wahrzunehmen, dadurch die Muskulatur zu entspannen und die Durchblutung anzuregen. Es geht also vor allem darum körperliche Vorgänge zu beeinflussen, so die Neurologen und Psychiater im Netz.

Besonders bedeutsam für das Autogene Training sind bestimmte Formeln, die Übungsleiter:innen in einem ruhigen Tonfall aussprechen und wiederholen. Stell dir den Inhalt dieser Sätze vor und übertrage ihn auf den Zustand deines Körpers. Führst du die Übungen allein durch, kannst du die Formeln auch bewusst ruhig und gelassen „in dich hineinsprechen“. Achte dabei darauf, immer den gleichen Wortlaut beizubehalten.

  • Begonnen wird in der Regel mit der Formel „Ich bin ganz ruhig„. Hast du diesen Ruhezustand übernommen, kannst du mit der Schwereübung beginnen.
  • Dabei konzentrierst du dich auf die Schwere verschiedener Körperregionen. In der Regel beginnst du mit den Armen und nutzt dafür die Formel „Der rechte (bzw. linke) Arm ist ganz schwer.“ Um diese Formel auf deinen Körper zu übertragen, kannst du dir z.B. vorstellen, dass schwere Gewichte auf Armen und Beinen liegen.
  • Bei der Wärmeübung stellst du dir nun vor, wie Arme oder Beine immer wärmer werden.
  • Jetzt nimmst du deinen Herzschlag wahr und spürst, wie dein Herz kraftvoll und ruhig schlägt.
  • Konzentriere dich nun auf deine Atemzüge und stell dir dabei eine bewusste, ruhige und gleichmäßige Atmung vor. Dafür kannst du z.B. die Formel „Es atmet mich“ nutzen.
  • Die „Sonnengeflecht-Übung“ bezieht sich auf das Gefühl in deinem Bauch. Durch eine Formel wie „Mein Bauch ist strömend warm“ entspannt sich die Bauch-Muskulatur. Zu Beginn kannst du hier als Hilfe eine Hand auf die Region unter dem Brustbein legen oder dir vorstellen, eine Wärmflasche läge auf deinem Bauch.
  • Die letzte Übung wird als „Stirnkühle“ bezeichnet. Während du dir die anderen Regionen deines Körpers als besonders warm vorstellen sollst, wäre dies bei deinem Kopf unangemessen. Ein erhitzter Kopf wird oft mit Unbehagen und Stress verbunden. Deshalb stellst du dir in diesem Bereich bewusst eine kühle Stirn (z.B. anhand Formel „Die Stirn ist angenehm kühl.“) vor. Als Hilfestellung kannst du dir etwa eine kühle Kompresse auf deiner Stirn vorstellen.

Das autogene Training beenden: Die Rücknahme

Nach dem autogenen Training kommst du langsam zurück in deinen wachen Bewusstseinszustand.
Nach dem autogenen Training kommst du langsam zurück in deinen wachen Bewusstseinszustand.
(Foto: CC0 / Pixabay / PublicDomainArchive)

Als besonders wichtiger Aspekt des Autogenen Trainings wird die Rücknahme angesehen. So schließt du dein Training ab und kommst zurück in einen wachen Bewusstseinszustand. Dies verhindert, dass du dich nach dem Training müde oder benommen fühlst. Nur wenn du das Autogene Training vor dem Einschlafen durchführst, lässt du die Rücknahme weg.

Eine Rücknahme kann etwa so ablaufen:

  1. Balle deine Hände kraftvoll zu Fäusten.
  2. Schlage mit den Fäusten auf deine Schultern und lass die Arme anschließend zurück in die Ausgangslage fallen.
  3. Wiederhole diese Bewegung nach eigenem Ermessen, bis du dich wieder wacher fühlst. Führe sie jedoch mindestens dreimal aus.
  4. Strecke die Fäuste nun nach oben und atme dabei ruckartig ein.
  5. Reiße deine Augen und gleichzeitig die Fäuste auf und gib einen kurzen, kräftigen Laut von dir.
  6. Zusätzlich kannst du die Formel „Arme fest! Atmung tief! Augen auf!“ vor dich hinsagen oder laut aussprechen.
  7. Wiederhole diese Abfolge so oft, bis du dich wieder wach und leistungsfähig fühlst.

Autogenes Training: Wie oft und wie lang?

Beim autogenen Training gilt: Lieber kürzer, aber dafür regelmäßig üben.
Beim autogenen Training gilt: Lieber kürzer, aber dafür regelmäßig üben.
(Foto: CC0 / Pixabay / Hans)

Als Anfänger:in ist es ganz normal, dass es dir noch relativ schwerfällt, den Inhalt der Formeln umzusetzen. Zudem passiert es oft, dass die Gedanken doch wieder abdriften. Mit etwas mehr Übung wirst du sehen, dass es dir immer leichter fällt. Generell empfiehlt es sich laut Geo mindestens zweimal täglich ein autogenes Training durchführen. Die Trainingseinheiten sollten dabei zwischen fünf und zehn Minuten dauern.

Fallen dir die Übungen leichter und kannst du dich bereits schneller in einen hypnoseähnlichen Zustand versetzen, reichen auch bereits zwei bis fünf Minuten aus, so NetDoktor. Generell empfiehlt es sich lieber häufiger kürzer zu trainieren und nur hin und wieder längere Einheiten einzubauen.

Kritik am autogenen Training

Neben den grausamen Aktivitäten des Erfinders Schultz während der NS-Zeit gibt es auch Kritikpunkte, die sich auf das Autogene Training selbst beziehen. So sind die Wirkungen des Autogenen Trainings laut den Neurologen und Psychiatern im Netz wissenschaftlich weniger gut untersucht, als beispielsweise bei der progressiven Muskelentspannung.

Zudem ist es schwerer zu erlernen, als andere Entspannungstechniken, sodass du wirklich kontinuierlich über einen längeren Zeitraum trainieren musst, um die gewünschten Entspannungs-Effekte voll und ganz wahrnehmen zu können.

Menschen, die an Herzrasen oder Ohnmachtsanfällen leiden, sollten die Übungen ebenfalls vorsichtig und unter ärztlicher Aufsicht anwenden. Gleiches gilt für Psychose-Patient:innen.

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