Wie tickt unsere innere Uhr? Das versuchen Forscher mit dem Biorhythmus zu beschreiben. Wie genau der funktioniert und welche Schwierigkeiten das in unserem Alltag mit sich bringt, erklären wir dir hier.
Biorhythmus – wie tickt unsere innere Uhr?
Mit der Debatte um die Abschaffung der Zeitumstellung war er wieder in aller Munde: der Biorhythmus – die innere Uhr des Körpers oder wissenschaftlich der zirkadiane Rhythmus. Er legt fest, wann wir müde und wann leistungsfähig sind. Einen objektiven, allgemeinen Rhythmus, der auf jeden Menschen zutrifft, gibt es dabei nicht. Vielmehr ist der Biorhythmus ein subjektives Empfinden: Wann wirst du wach? Wie lange brauchst du zum Aufwachen? Wann bist du am leistungsstärksten und wann wirst du müde?
Dabei kannst du darauf teilweise auch selbst Einfluss nehmen: Wenn du deinen Wecker regelmäßig auf dieselbe Uhrzeit stellst, wirst du schon gemerkt haben, dass du oft auch an Tagen ohne Wecker fast zur gleichen Uhrzeit aufwachst. Genauso verhält es sich mit dem Schlafengehen. Wer immer spät ins Bett geht, dem wird es schwer fallen, ausnahmsweise schon zwei Stunden früher einzuschlafen.
Auf der anderen Seite gibt es aber eine biologische Komponente des Biorhythmus: Forscher nennen sie die sogenannten Uhrzellen. Diese sind bei allen Säugetieren vorhanden und steuern unseren Tag-Nacht-Rhythmus. Tagsüber sind sie dauerhaft elektrisch erregt, nachts sind sie vollkommen ruhig. Nur in der Morgen- und Abenddämmerung senden diese Zellen Signale an andere Zellen im Körper. Unsere innere Uhr ist also ein Zusammenspiel von äußeren und inneren Faktoren.
Weitere Rhythmen deines Körpers
Aber nicht nur unser Tag- und Nacht-Rhythmus gibt den Takt in unserem Körper an. Daneben gibt es auch noch einige längere und auch kürzere Biorhythmen, denen unser Körper bis zu einem gewissen Grad unterworfen ist:
- So folgt etwa unsere Körpertemperatur einem bestimmten Rhythmus.
- Hormonausschüttungen und die Regulierung von Hormonen funktionieren oft nach bestimmten Rhythmen.
- Der Herzschlag hat einen schnellen Rhythmus, der sich sogar viele Male in der Minute wiederholt.
- Unsere Nahrungsaufnahme und unser Trinkverhalten folgt oftmals Rhythmen, die zum zirkadianen Rhythmus dazugehören.
- Auch der weibliche Zyklus besitzt einen eigenen Rhythmus.
- Die traditionelle chinesische Medizin geht sogar noch weiter und unterteilt jeden Tag in Zwei-Stunden-Phasen, in der ein Organ jeweils besonders aktiv ist. So ist zwischen drei und fünf Uhr Lungenzeit, zwischen sieben und neun Uhr Magenzeit und zwischen elf und dreizehn Uhr Herzenszeit.
- Außerdem beweisen wissenschaftliche Studien, dass auch verschiedene Gene einem Jahreszeiten-Rhythmus unterworfen sind. So sind im Sommer andere Gene aktiv als im Winter – zum Beispiel das Immunsystem eines Menschen ist im Winter aktiver als im Sommer.
- Erste wissenschaftliche Befunde deuten auch darauf hin, dass unsere Stimmungen Tag-Nacht-Rhythmen unterworfen sein könnten: So sind Menschen abends oder nachts häufig schreckhafter als tagsüber – und dass nicht, weil es dunkel ist, sonder weil es Nacht ist.
- Und nicht nur das: Auch unsere Hirnleistung schwankt mit den Jahreszeiten. Laut einer Studie sind unsere Gedächtnisleistungen im Herbst am besten, während unsere Aufmerksamkeit zur Sommersonnenwende am schärfsten ist.
Was sagt die Wissenschaft zum Thema Biorhythmus?
Die wissenschaftliche Meinung zum Thema Biorhythmus unterscheidet zwei Arten:
1. Die aus dem Bereich der Esoterik und Wahrsagung stammende Hypothese zum Biorhythmus, wonach jeder Mensch vom Augenblick seiner Geburt an einem bestimmten Rhythmus unterworfen ist. Demnach gibt den 23 Tage andauernden körperlichen Rhythmus, den emotionalen Rhythmus, der eine Länge von 28 Tagen hat, und den geistigen Rhythmus, der 33 Tage dauert. Alle drei Rhythmen verlaufen laut Hypothese wellenartig und von Geburt an.
2. Die Wissenschaft rund um die innere Uhr nennt sich Chronobiologie und hat belegbare Erkenntnisse für einen biologischen Rhythmus gefunden, den Tiere, Pflanzen und auch wir Menschen besitzen.
In der Wissenschaft werden gerne zwei Chronotypen unterschieden: Umgangssprachlich die „Eule“ und die „Lerche“, also die Morgenmuffel, die eher abends aktiv sind, und die Frühaufsteher. Das beeinflusst bei Sportlern beispielsweise auch die das Leistungspotenzial. Andere Studien bezweifeln das allerdings und legen insgesamt vier verschiedene Tag-Nacht-Rhythmus-Typen fest, während andere Wissenschaftler das Konzept grundsätzlich bezweifeln und meinen, dass jeder Mensch höchstens Tendenzen hat.
Während der Nacht sind wir außerdem viel empfindlicher für Licht. Deshalb bringen Lichtstimuli nachts unsere Tag-Nacht-Rhythmus schnell durcheinander. Auch die Intensität des Lichts spielt hierbei eine Rolle – je stärker das Licht im Vergleich zum Licht davor, desto mehr verschiebt sich der Biorhythmus und desto geringer die die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Und nicht nur das: Auch auf kurzwelliges Licht reagiert unser Körper empfindlicher als auf langwelliges. Kurzwellig ist vor allem bläuliches Licht, also auch das, was Handy-Displays ausstrahlen, langwellig ist das wärmere, gelbe und rote Licht. Diese Effekte belegen zahlreiche Studien.
Probleme, den richtigen Rhythmus zu finden
Heutzutage gibt es viele Einflussfaktoren um uns herum, die es immer schwieriger machen, mit dem eigenen Biorhythmus zu leben oder ihn nicht zu stören:
- Ein großes Problem – nicht nur für uns, sondern auch für viele Tiere – ist die sog. Lichtverschmutzung, also die dauernde Beleuchtung, die es verhindert, dass es jemals ganz dunkel wird. Für Tiere und Menschen gleichermaßen sind Ruhephasen zur Regeneration wichtig. Die immer mehr werdenden Lichtquellen gaukeln unserem Biorhythmus vor, es gäbe gar keine richtige Nacht mehr. Das verhindert die Ausschüttung von wichtigen Schlafhormonen wie Melatonin.
- Auch die Beleuchtung von Displays gaukeln dem Körper Tageslicht vor und stören so den Tag-Nacht-Rhythmus.
- Später Kaffee-Konsum hält nicht nur länger wach, er verschiebt tatsächlich unseren Biorhythmus.
- Problematisch für viele Menschen ist auch die Schichtarbeit: Gerade wer immer nachts arbeitet oder häufig wechselnde Schichten hat, kann eventuell Störungen in seinem Schlaf-Wach-Rhythmus entwickeln. Laut der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin DGSM ist Schichtarbeit außerdem weit weniger erholsam, weil sie dem natürlichen Rhythmus widerspricht. Während der Nachtarbeit ist außerdem die Anfälligkeit für Unfälle größer wegen der Schläfrigkeit, die unser Biorhythmus uns zu dieser Zeit eingibt.
So findest du deinen eigenen Biorhythmus
Bist du eher eine Eule oder eine Lerche? Und was hat das überhaupt für eine Bedeutung für dein Leben?
Die zweite Frage lässt sich relativ einfach beantworten: Wer seinen eigenen Biorhythmus kennt, kann seinen Tagesablauf entsprechend anpassen.
- Du kannst Lern- und Arbeitsphasen oder wichtige Termine eher auf deine produktiven Phasen legen.
- Für deine weniger wachen und aufmerksamen Phasen nimmst du dir die weniger anspruchsvollen Aufgaben vor. Du kannst diese Zeiten so optimal nutzen.
- Du bekommst ein besseres Körpergefühl und lernst, auf deinen Körper zu hören und mit dir selbst in Einklang zu leben.
- Versuche deine Müdigkeit nicht mit Koffein wegzutrinken, sondern akzeptiere deine Ruhephasen und gönn deinem Körper regelmäßig eine Pause.
Am besten findest du deinen eigenen Rhythmus durch Beobachtung:
- Wie gut kommst du morgens aus dem Bett?
- Wann bist du am fittesten?
- Wann hast du Hunger oder Durst?
- Wann bist du besonders produktiv?
- Wann wirst du abends müde?
Halte deinen Schlaf- und Wachverhalten mindestens zwei Wochen lang schriftlich fest und versuche danach sanft, deinen Tagesrhythmus deinem Biorhythmus anzupassen. Das kannst du zum Beispiel mit einer Kurve machen, wo du alle ein bis zwei Stunden einträgst, wie hoch deine Aktivität gerade in Prozent ist. Klar, dass das im Alltag nicht immer geht – aber vielleicht findest du ja ein paar Momente am Tag, wo du mehr auf deinen Körper hören kannst.
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