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Donut-Ökonomie: Das steckt hinter dem Konzept

donut ökonomie
Foto: CC0/pixabay/congerdesign

Die Donut-Ökonomie soll Wirtschaft mit Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit verbinden. Wie das theoretisch und in der Praxis funktionieren kann, liest du hier.

Das Wirtschaftsmodell der Donut-Ökonomie geht auf die Wirtschaftswissenschaftlerin und Oxford-Professorin Kate Raworth zurück. Auf ihrer Website erklärt sie, was es mit ihrer Theorie auf sich hat. 

Mit der Donut-Ökonomie soll es gelingen, die zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern:

  1. Allen Menschen müssen die wesentlichen Lebensgrundlagen zur Verfügung stehen.
  2. Gleichzeitig muss die Wirtschaft sicherstellen, dass sie dabei die lebenserhaltenden Systeme der Erde nicht überstrapaziert.

Diese beiden Anforderungen setzen in der Donut-Ökonomie den Rahmen, in dem sich das wirtschaftliche Leben bewegen soll.

Den Namen hat das Wirtschaftsmodell von seinen zwei Kreisen: Einem äußeren und einem inneren Kreis, die an das Gebäck mit dem Loch in der Mitte erinnern.

Die Donut-Ökonomie – Ein Modell mit Kreisen

Die Donut-Ökonomie will den Planeten vor Überlastung schützen.
Die Donut-Ökonomie will den Planeten vor Überlastung schützen.
(Foto: CC0/pixabay/wolfgang59b)

Die Donut-Ökonomie verdeutlicht ihre Theorie mithilfe zweier Kreise. Damit unterscheidet sie sich schon optisch von anderen Wirtschaftstheorien. Viele der derzeit vorherrschenden Denkansätze entwickeln ihre Theorien in Form mehr oder minder steiler Kurven.

Diese Kurven verdeutlichen das Wirtschaftswachstum als treibende Kraft der Modelle. Laut Gablers Wirtschaftslexikon lassen sich solche Modelle deshalb unter dem Begriff Wachstumstheorie zusammenfassen. Sie messen dabei die wirtschaftliche Entwicklung von Staaten anhand des Bruttoinlandsprodukts, abgekürzt BIP. Die Theorien argumentieren, dass sich unter anderem aus dem BIP-Wachstum ein Anstieg in der Kaufkraft der Bevölkerung ableiten lässt. Dadurch lassen sich dann Rückschlüsse ziehen, dass der Lebensstandard ebenfalls steigt.

Dagegen gehören bei der Donut-Ökonomie Kaufkraft, eine intakte Umwelt und soziale Gerechtigkeit zum Wohlergehen dazu. Bei diesem ganzheitlichen Ansatz ist Wirtschaft ein Teil der Gesellschaft und steht im Zusammenhang mit dem Lebensraum.

Laut Kate Raworth zeigen die Kreise die Grenzen auf, die sich durch die beiden eingangs genannten Anforderungen ergeben.

Der äußere Kreis oder die ökologische Decke – Er steht für die natürliche Begrenzung. Das sind die Ressourcen des Planeten, die nicht unendlich zur Verfügung stehen. So sind zum Beispiel fruchtbarer Boden und Trinkwasser nur begrenzt verfügbar. Verbraucht der Mensch durch sein (wirtschaftliches) Handeln mehr von diesen Ressourcen, kommt es zum Überverbrauch. Wo genau diese jeweiligen Grenzwerte liegen, definierte eine Gruppe von Wissenschaftler:innen für das Resilience Center der Universität Stockholm. Die Donut-Ökonomie verwendet diese Grenzwerte in ihrem Modell.

Wie sehr die Menschen die Erde bereits belasten, verdeutlicht unter anderem auch der Weltüberlastungstag, auf Englisch Earth Overshot Day. Die Organisation Earth Overshot Day berechnet, wie viele Erden die Menschen durch ihre Lebensweise verbrauchen. Der Earth Overshot Day 2020 war der 22. August. Ab diesem Stichtag lebt die Welt auf Pump der nächsten Jahre. Demnach benötigen die Menschen eigentlich 1,7 Erden, um ihren Verbrauch zu decken. Vor allem der Lebensstil in den Industrienationen trägt zur Weltüberlastung bei.

Der innere Kreis oder das gesellschaftliche Fundament – In der Donut-Ökonomie bildet der innere Kreis das Netz der sozialen Absicherung. Hier finden sich zum Beispiel grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung, Gesundheit, Wasser oder Energie. Dabei kommen auch soziale Bedürfnisse vor – soziale Gleichheit, auch in Bezug auf Geschlecht, Bildung, Einkommen und Arbeit, sowie Frieden und Gerechtigkeit. Dahinter, also im Loch des Donuts, finden sich die sozialen Herausforderungen, wie Armut, Hunger, soziale Ungerechtigkeit oder Kriege. Eine gerechte Wirtschaft sollte niemanden in dieses Loch fallen lassen.

Zwischen den Kreisen – Hier entsteht ein sicherer Raum, in dem Menschen leben und wirtschaften können. Das Innere des Donuts ist die ideale Situation, die das Modell anstrebt. Es soll ein sicheres und gutes Leben in einer intakten Umwelt ermöglichen.

Die Donut-Ökonomie lehnt sich an die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen an, die in der Agenda 2030 aus dem Jahre 2015 niedergelegt sind.

Die Donut-Ökonomie, eine etwas andere Wirtschaftstheorie

Die Donut-Ökonomie soll dazu beitragen, die Erderwärmung zu verlangsamen.
Die Donut-Ökonomie soll dazu beitragen, die Erderwärmung zu verlangsamen.
(Foto: CC0/pixabay/mariohagen)

Auch sonst gibt es in der ganzheitlichen Theorie von Kate Raworth einige Unterschiede zu anderen Wirtschaftstheorien. Das zeigen die von der Organisation Doughnut Economics erläuterten Ziele und Ansätze des Wirtschaftsmodells:

Ziele: Weniger Wachstum, dafür mehr Balance.

Die Donut-Ökonomie strebt eine Balance zwischen Wirtschaft, Umwelt und sozialen Zielen an. Daher ist das Wachstum des BIP kein vorrangiges Ziel, anders als bei den konsumorientierten Wachstumstheorien. Vielmehr verlangen die Herausforderungen wie Klimawandel und soziale Ungleichheit nach ambitionierteren und global geltenden Wirtschaftszielen. Das zeigt zum Beispiel die derzeitige ungleiche Verteilung des Wohlstands.

Für dieses Problem konnten die bisherigen Wirtschaftssysteme keine befriedigende Antwort finden. Laut Oxfam leben 735 Millionen Menschen in extremer Armut. Dagegen vereint ein Prozent der reichsten Menschen doppelt so viel Wohlstand wie die restlichen 6,9 Milliarden zusammengenommen. Mit dem inneren Kreis spannt die Donut-Ökonomie ein soziales Netz, das auch diese extreme Armut verhindern soll.

Ansatz: Die Wirtschaft ist integriert und unterstützt das Ökosystem des Planeten.

Das Wirtschaftsmodell von Kate Raworth ist Teil des großen Ganzen auf unserem Planeten. Mit den Kreisen schafft es die Verbindung von Gesellschaft und Umwelt. Im Gegensatz dazu begreifen sich viele herkömmliche Wirtschaftsmodelle als in sich geschlossene Systeme. Sie betrachten dabei hauptsächlich die finanziellen Abläufe. Andere Einflüsse wie zum Beispiel Umweltschäden, die Industrie oder Handel verursachen, kommen in den Modellen kaum vor.

Diesen Unterschied in den Ansätzen der Wirtschaftsmodelle demonstriert die Organisation Doughnut Economics zum Beispiel anhand der grundverschiedenen Erwartungshaltungen an Unternehmen:

  • Donut-Ökonomie – „Wie viele Vorteile können wir durch dieses Unternehmen erzielen?“ Bei der Frage geht es um den Zweck, den das Unternehmen verfolgt: Kann es Werte schaffen, die der Gemeinschaft und der Umwelt nützen?
  • Herkömmliche Modelle – „Welche finanziellen Werte können wir aus dem Unternehmen herausziehen?“ Die Donut-Ökonomie argumentiert, dass Unternehmen größtenteils auf maximalen Profit ausgerichtet sind. Den Nutzen erzielen dann mitunter nur einige Wenige.

Die Donut-Ökonomie kritisch betrachtet

Mit der Donut-Ökonomie setzt sich die Fachwelt kritisch auseinander. 

Einigen gehen die Veränderungen nicht weit genug. Ein Beispiel:

  • Der südamerikanische Umweltschützer Eduardo Gudynas findet die Donut-Ökonomie nicht nachhaltig genug. Er hob in einem Oxfam-Artikel hervor, dass der Ansatz noch zu sehr von westlichen Wertevorstellungen geprägt sei. Aus seiner Sicht ist dies die Vorstellung, dass allein der Mensch in der Lage sei, Werte zu schaffen und dadurch die Natur zu gestalten. Er argumentiert, dass eine wirklich nachhaltige Entwicklung damit beginnen müsse, die Rechte und damit die gestaltende Kraft der Natur anzuerkennen. Als Beispiel nennt er die neue Verfassung von Ecuador, in der unter anderem die Artenvielfalt im Land als geistiges Eigentum gesetzlich geschützt ist.

Dagegen spalten sich in der Debatte um das Wirtschaftswachstum die Meinungen:

  • Der Wirtschaftsprofessor Steven Horwitz kritisiert, dass Kate Raworth die Rolle des Wirtschaftswachstums unterschätzt. Nach seiner Auffassung ist das Wachstum notwendig, um weiterhin Armut und Umweltschäden zu verringern. Ebenso trage es dazu bei, den Bildungsstandard zu heben, den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern und es hebe die durchschnittliche Lebenserwartung.
  • Die Donut-Ökonomie ist mit ihrer Wachstumskritik jedoch nicht allein. Mehrere alternative Wirtschaftstheorien stellen die These des fortwährenden Wachstums als Motor für Wohlstand in Frage. Dazu gehören unter anderem die Gemeinwohl-Ökonomie oder die Postwachstumsökonomie.

Wie sich die Donut-Ökonomie umsetzen lässt

Bei der Donut-Ökomomie geht es nicht nur um Wachstum.
Bei der Donut-Ökomomie geht es nicht nur um Wachstum.
(Foto: CC0/pixabay/geralt)

Die Donut-Ökonomie will die Strukturen der Wirtschaft von Grund auf umbauen. Dafür ist auch ein Umdenken in der Gesellschaft notwendig. Denn die gewohnten Konsummuster – kaufen und dann im Abfall entsorgen – tragen zur Überlastung der natürlichen Ressourcen bei. Deshalb entwickelt die Donut-Ökonomie Denkansätze für alternatives Konsumverhalten. Die Prinzipien der Praxis sollen in der Gesellschaft ein Bewusstsein für diesen Wandel schaffen. Einige Beispiele:

  • Die menschliche Natur unterstützen und die Vielfalt fördern – Dabei steht die Gemeinschaft im Vordergrund, die sich um das Wohlergehen ihrer Mitglieder kümmert. Das Portal der Gemeinwohl-Ökonomie erklärt, dass auch die Donut-Ökonomie den Haushalt als der Kern der Wirtschaft betrachtet. Hier findet soziale Arbeit statt. Ohne sie könnte eine Gesellschaft nicht funktionieren. Daher sollten diese Arbeiten entsprechend Anerkennung und Belohnung finden. Zur Denkweise der Donut-Ökonomie passen Unternehmensformen, die auf einem Gemeinschaftsgedanken aufbauen, statt auf starre Hierarchien zu setzten. Das sind zum Beispiel Genossenschaften oder selbstverwaltete Unternehmen, bei denen die Mitarbeiter auch gleichzeitig Eigentümer des Unternehmens sind.
  • Erneuern statt verbrauchen. Bei der Donut-Ökonomie geht es darum, Waren zu teilen oder sie zu reparieren. Dadurch hält sich der Verbrauch innerhalb der Grenzen der Belastbarkeit. Konzepte wie die Kreislaufwirtschaft, Cradle to Cradle und nachhaltiges Design sind dabei Voraussetzung, damit die Herstellung der Waren mit möglichst wenig Produktionsmitteln auskommt.

Die Donut-Ökonomie will Unternehmen dazu bringen, sich auch nach sozialen und ökologischen Werten auszurichten. Laut dem Magazin Fluter sieht Kate Raworth in der Finanzwirtschaft den dringendsten Veränderungsbedarf. Diese Branche ist auf immerwährendes Wachstum ausgerichtet. Anstelle des BIP-Wachstums schlägt Kate Raworth Indikatoren vor, die den Fortschritt der Gesellschaft messen. Anstelle von Aktienkursen bewertet sich das Unternehmen beispielsweise daran, was es gegen Armut tut oder wie es zum Erhalt der Umwelt beiträgt.

Die Donut-Ökonomie geht in die Praxis

Amsterdam will die Donut-Ökonomie in der Praxis umsetzen.
Amsterdam will die Donut-Ökonomie in der Praxis umsetzen.
(Foto: CC0/pixabay/djedj)

Die Donut-Ökonomie soll nicht bloße Theorie bleiben, sondern auch praxistauglich sein. Dies will die Stadt Amsterdam zusammen mit Kate Raworth zeigen. Das Magazin Fluter berichtet, dass die Stadt die Corona-Krise nutzen will, um ihre Produktions- und Konsummuster nach dem Vorbild der Donut-Ökonomie umzukrempeln. Die Bürgermeisterin von Amsterdam, Marieke van Doorninck, plant demnach, den Rohstoffverbrauch der Stadt innerhalb von zehn Jahren zu halbieren. Bis 2050 soll sich Amsterdam weitestgehend auf eigene Ressourcen stützen können.

  • Das Projekt setzt dabei unter anderem auf Recycling von Beton. Bei dessen konventioneller Herstellung entstehen CO2-Emissionen, die in etwa dreimal denen des weltweiten Flugverkehrs entsprechen.
  • Darüber hinaus probiert Amsterdam nachhaltige Wohnkonzepte aus – zum Beispiel Hausboote, die sich selbst mit Energie versorgen.
  • In sogenannten „Food Forrests“ wachsen hier auf engstem Raum Obst und Gemüse. Zusätzlich leisten diese Gärten einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt.
  • Änderungen im Steuersystem: Die Bürgermeisterin schlägt höhere Steuern für Rohstoffe vor. Dagegen sollen die Abgaben auf Löhne sinken. Damit will sie einen Anreiz schaffen, Waren zu reparieren statt neu zu produzieren.

Das Buch zur Donut-Ökonomie

Kate Raworth veröffentlichte die Donut-Ökonomie erstmals 2012 in einem Oxfam-Bericht: „A safe and just space for humanity„. Übersetzt lautet der Titel in etwa „Ein sicherer und gerechter Platz für die Menschheit“. Später entwickelte sie die Wirtschaftstheorie in einem Buch weiter. Es erschien 2017 unter dem englischen Originaltitel: „Doughnut Economics: Seven ways to think like a 21st century economist“.

Übrigens ist „doughnut“ die vollständig ausgeschriebene Bezeichnung für das Gebäck, das ursprünglich aus den USA stammt. Donut ist die allgemein gebräuchliche kürzere Form.

Der deutsche Buchtitel lautet: „Die Donut-Ökonomie – Endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört.

  • Erschienen: Carl Hanser Verlag
  • ISBN 978-3-446-25845-7
  • Preis: 17,99 Euro (E-Book), 24 Euro (gebundene Ausgabe)
  • Bestellen** bei Buch7.de, bücher.de oder Thalia

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