Mehr Freizeit und weniger Arbeit – das wünschen sich viele. Das Konzept des Downshiftings kann das möglich machen: Durch Reduzieren der Arbeitszeit bleibt dabei mehr Raum für Freizeit.
Immer mehr Menschen beschäftigen sich mit alternativen Arbeitsmodellen. Von der Vier-Tage-Woche bis hin zum remoten Arbeiten ist einiges dabei. Oft liegt der Anreiz solcher Modelle darin, neben der Arbeit auch mehr Zeit für andere Dinge zu haben und die Work-Life-Balance zu verbessern. Das Konzept des Downshiftings ist ebenfalls auf dieses Ziel ausgerichtet: Durch reduzierte Arbeitszeit oder Verantwortung bleibt hier mehr Zeit für anderes und Stress wird reduziert.
Was ist Downshifting?
Laut dem Cambridge Dictonary reduziert eine Person beim „Downshifting“ ihre Arbeitszeit oder wechselt sogar zu einem neuen Job mit geringerer Arbeitszeit. Dahinter liegt in der Regel die Motivation, mehr Zeit in anderen Bereichen zur Verfügung zu haben. Einige Menschen, die downshiften, achten zusätzlich auch darauf, zu einem Job zu wechseln, den sie als sinnvoll empfinden. Die geringere Arbeitszeit oder der Jobwechsel sind jedoch meist mit einem geringeren Gehalt verbunden. Dadurch, dass die Arbeitszeit weniger wird und die freie Zeit zunimmt, sollen viele Menschen durch Downshifting trotzdem glücklicher und erfüllter sein.
Downshifting kann aber auch bedeuten, die Karriereleiter ein Stück weiter runter zu klettern und auf eine Position mit weniger Verantwortung zu wechseln. So soll eine bessere Work-Life-Balance möglich sein.
Die Ärztin Amy Saltzman prägte den Begriff Downshifting im Jahr 1991. Seitdem hat das Konzept vor allem die Aufmerksamkeit von Menschen geweckt, die sich in einem unbefriedigen Arbeits- und Konsumzyklus wiederfinden oder feststellen, dass ihnen zu wenig Zeit für Familien- und Freizeitaktivitäten bleibt.
Was sagen Studien zum Downshifting?
Es gibt bereits einige Studien, die sich mit dem Thema Downshifting beschäftigt haben.
Eine Studie von 2013 befasst sich beispielsweise damit, wie sich Downshiften und die damit verbundene Reduzierung der Arbeitszeit auf die Verbesserung der Lebensqualität auswirkt. Zudem hat sich das Forschungsteam mit der Frage auseinandergesetzt, ob Menschen durch Downshifting auch ihr Konsumverhalten ändern und sich bewusster verhalten und weniger konsumieren.
Die Studie konnte jedoch keine direkten positiven Auswirkungen von Downshifting auf die Lebensqualität feststellen. Die Autor:innen der Studie betonen aber, dass es voreilig wäre, daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass Downshifting keine positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität haben kann. Die Frage müsse noch weiter erforscht werden.
Weiterhin sahen die Forschenden einige Anzeichen dafür, dass Downshiften zu einem nachhaltigeren Lebensstil führen kann. Sie konnten jedoch auch feststellen, dass mehr Freizeit nicht automatisch dazu führt, sich mehr mit dem eigenen ökologischen Fußabdruck und deren Verringerung auseinanderzusetzen. Gerade im Bereich Transport konnten keine großen Veränderungen beobachtet werden. Die Forschenden merkten an, dass individuelle Anstrengungen in einigen Bereichen nicht ausreichen und systemische Veränderungen stattfinden müssten.
Zudem regen sie dazu an, weitere Studien in unterschiedlichen sozialen Schichten durchzuführen. Denn die Ausgangsstudie hatte Angehörige einer relativ privilegierten Schicht in den Blick genommen, die eine niedrige Arbeitslosigkeitsquote und ein hohes Durchschnittseinkommen aufwies. Somit war die Studie ziemlich einseitig und auf eine Schicht beschränkt. Um allgemeingültigere Erkenntnisse zu erhalten, sollen deswegen auch andere Schichten studiert werden.
Eine aktuellere Studie von 2020 hat sich vor allem die Auswirkungen von Downshiftings auf das Konsumverhalten konzentriert. Zudem wurden Auswirkungen auf Dinge wie Einkommen und Wohnungssicherheit erforscht, sowie der Zusammenhang zwischen Downshifting und dem Geschlecht.
Die Studie fand heraus, dass sich das Konsumverhalten der Proband:innen durch Downshifting verändert, aber nicht gleichmäßig verringert hatte. Es ließ sich eher beobachten, dass die Menschen, die downgeshiftet hatten, zum Beispiel auf Gebrauchtes umschwenkten oder ihren Konsum planvoller gestalteten. Nach Einschätzung der Studie stellten sie ihren Konsum eher weniger aufgrund von Umweltbedenken oder politischer Motivation um. Der Grund für die Umstellung war eher finanziell begründet. Dadurch, dass durch das Downshifting ein geringeres Einkommen zur Verfügung stand, wurde versucht zu billigeren Alternativen zu wechseln. Zudem beobachtet werden, dass die Häufigkeit von Urlaubsreisen sogar anstieg, statt zu sinken.
Außerdem konnten die Forschenden feststellen, dass Frauen öfter downshiften, da sie so mehr Zeit für ihre Kinder haben. Jedoch kann das auch durch den hohen Zeitaufwand der Care-Arbeit hervorgerufen werden.
Letztlich wurde in der Studie noch angebracht, dass Downshifting nicht für alle soziale Klassen eine Option ist. Denn gering verdienende Menschen können es sich oft nicht leisten, ihr Gehalt zu reduzieren. Sie sind auf ihr volles Gehalt angewiesen, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Somit können sich nur Menschen dazu entscheiden downzushiften, die besser verdienen und auch bei einer reduzierten Arbeitszeit noch genug Geld verdienen um ihren Lebenunterhalt zu bestreiten. Das Konzept Downshifting ist somit bis jetzt eher besserverdienenden Schichten vorbehalten.
Wie kannst du downshiften?
Wenn du selbst überlegst, downzushiften, gibt es dazu mehrere Möglichkeiten. Zum einen kannst du deine Arbeitszeiten reduzieren, also zum Beispiel statt fünf Tagen nur noch vier Tage arbeiten. Wenn du aber auch downshiften möchtest, weil dich dein Job nicht erfüllt oder dir nicht sinnvoll vorkommt, dann ist es für dich vielleicht eine Option, den Job oder die Rolle komplett zu wechseln. Bevor du jedoch downshiftest, solltest du dir zu ein paar Dingen Gedanken machen:
- Deine Finanzen: Schaue dir deine Finanzen an. Überlege und rechne konkret aus, ob du deine Lebenshaltungskosten (und gegebenenfalls auch die deiner Familie) mit einem geringeren Gehalt aufrechterhalten kannst. Vielleicht gibt es auch Dinge, die du dir zurzeit leistest, aber eigentlich gar nicht brauchst und auf die du verzichten könntest.
- Dein Ziel: Überlege dir gut, was du für ein Ziel hast. Möchtest du zum Beispiel von fünf auf vier Tage reduzieren oder möchtest du den Job ganz wechseln? Möglicherweise kommt aber auch erstmal ein Sabbatical für dich in Frage und du entscheidest danach, wie du weitermachst. Bilde dir eine klare Vorstellung davon, was du möchtest und mache dich auf eventuelle Verhandlungen oder eine Jobsuche, Vorstellungsgespräche oder auch Umschulungen gefasst.
- Die Umsetzung: Um dein Downshifting in die Tat umzusetzen, rede mit den Menschen, die es betrifft. Das können zum einen dein:e Partner:in und weitere Familienmitglieder sein, aber auch dein:e Chef:in oder Arbeitskolleg:innen. Kommuniziere ihnen klar, dass du deine Work-Life-Balance verändern möchtest und auch, welche Kompromisse du bereit bist dafür einzugehen – wie zum Beispiel in einen anderen Bereich zu wechseln oder Ähnliches. Gerade, wenn du eine:n Partner:in hast, kann es sein, dass ihr euch im Rahmen deines Downshiftings beide etwas umorientieren müsst.
Kritik und Nachteile von Downshifting
Wie bereits in den Studien klar wurde, ist Downshifting nicht für alle sozialen Schichten geeignet. Das ist ein Kritikpunkt, da Downshifting somit nicht für jede:n umsetzbar ist. Die Person muss nämlich die genannten Voraussetzungen erfüllen, um überhaupt downshiften zu können.
Zudem gibt es auch ein paar Nachteile, die durch das Downshifting auftreten können. Denn dadurch, dass sich die Arbeitszeit und somit auch das Gehalt reduzieren, verändern sich auch die Lebensbedingungen. So könnte es dazu kommen, dass du durch das Downshiften nicht mehr so oft in den Urlaub fahren oder auch weniger außerhalb essen gehen kannst. Auch bestimmte Dinge wie ein Auto könnten eventuell schwerer zu finanzieren sein. Zudem wird die Rente beim Downshiften wahrscheinlich geringer ausfallen.
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