Die drei Säulen der Nachhaltigkeit, auch „Drei-Säulen-Modell“ genannt, sind ein Maßstab für Staaten und Unternehmen: Anhand der drei Säulen – Ökologie, Wirtschaft und Soziales –können sie Leitlinien für nachhaltiges Handeln formulieren. Utopia erklärt, was hinter den Begriffen steckt.
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Das Modell der „drei Säulen der Nachhaltigkeit“ ist in den 1990er Jahren entstanden. Erstmals wurden sie 2002 beim Weltgipfel von Johannesburg als Maßstab für Nachhaltigkeit in internationalen Verträgen verwendet, bereits 1998 aber von einer Enquete-Kommission des deutschen Bundestags aufgegriffen (PDF).
Die drei Dimensionen oder „Säulen“ der Nachhaltigkeit sind demnach:
- Ökologie
- Soziales
- Ökonomie
Zentral im Drei-Säulen-Modell ist, dass alle Säulen gleichgewichtet und gleichrangig sind, da es auf der Vorstellung basiert, dass eine nachhaltige Entwicklung nur zu erreichen ist, wenn umweltbezogene, wirtschaftliche und soziale Ziele gleichzeitig und gleichberechtigt umgesetzt werden, wobei sich die verschiedenen Ziele gegenseitig bedingen. Auf diese Weise soll die ökologische, ökonomische und soziale Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft sichergestellt und verbessert werden.
Drei Säulen der Nachhaltigkeit: 1. Ökologie
Die ökologische Nachhaltigkeit fordert dazu auf, die Umwelt einschließlich der natürlichen Ressourcen zu schonen. Unternehmen und Staaten sollten sich für einen bewussten Umgang mit Wasser, Energie und endlichen Rohstoffen einsetzen.
Die Säule der ökologischen Nachhaltigkeit steht auch dafür, dass nur so viele nicht-nachwachsende Rohstoffe der Erde entnommen werden dürfen, wie durch erneuerbare Rohstoffe ersetzt werden können. So will man Schäden am Ökosystem vermeiden und stattdessen die Biodiversität fördern. Dies bedeutet auch, dass die Emissionen so gering sein müssen, dass sie ausgleichbar sind oder keine Schäden anrichten.
Weiter gedacht steht der Aspekt „Ökologie“ auch für einen bewussten Umgang mit der menschlichen Gesundheit: Gesundheitsschädliche Stoffe, etwa in Kosmetik oder Nahrungsmitteln, widersprechen einer ökologischen Nachhaltigkeit.
2. Soziale Nachhaltigkeit: eine anthropologische Grundannahme
Die soziale Nachhaltigkeit stellt den Menschen in den Mittelpunkt: Die Würde des Menschen und die freie Entfaltung der Persönlichkeit darf keinem Menschen abgesprochen werden. Diese Grundannahme ist das absolute Minimum, das nicht unterschritten werden sollte.
Ausbeutung sowie Zwangs- und Kinderarbeit stehen daher im Widerspruch zu sozialer Nachhaltigkeit. Positiv formuliert fordert die Säule „Soziales“ Gerechtigkeit, Sicherheit, faire Bezahlung, die Wahrung von Arbeitnehmer:inneninteressen sowie die Möglichkeit zur Aus- und Fortbildung und der freien beruflichen Entfaltung.
Die Säule berücksichtigt auch gesellschaftliche Interessen: So sollten nachhaltig agierende Staaten oder Unternehmen auch gemeinwohlorientiert handeln.
3. Ökonomische Nachhaltigkeit: Was heißt „gut“ wirtschaften?
Die ökonomische Nachhaltigkeit fordert ein nachhaltiges Wirtschaften. Auch nachhaltige Unternehmen müssen genug Gewinne erzielen, um diese beispielsweise in moderne Maschinen, hochwertige Rohstoffe, faire Bezahlung von Mitarbeiter:innen und Fortbildungen investieren zu können.
Die Profitmaximierung darf aber nicht das einzige Ziel sein: Die Unternehmen sowie die Gesellschaft haben sich wirtschaftlich so zu verhalten, dass kommenden Generationen kein Schaden entsteht. Stattdessen sollen Unternehmen langfristige Strategien verfolgen. Auch fairer Handel zählt dazu. Außerdem können nachhaltige Unternehmen neue Ziele verfolgen, wie etwa die Lebensqualität zu steigern oder Umweltschutz-Projekte zu fördern.
Auf Staaten bezogen bedeutet ökonomische Nachhaltigkeit auch, die Staatsschulden gering zu halten, denn sie belasten sonst zukünftige Generationen. Außerdem muss ein Staat das außenwirtschaftliche Gleichgewicht wahren, um andere Staaten nicht zu benachteiligen. Denn eine exportstarke Nation kann andere Länder von den Exporten abhängig machen: Diese Länder können keine lokale (konkurrenzfähige) Wirtschaft aufbauen, was wiederum hohe Arbeitslosigkeit bedeuten kann.
Muss ein Land viele Produkte importieren und hat keine Güter zu verkaufen, steigt auch die Verschuldung des Landes an.
Wie gut ist das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit?
Das Drei-Säulen-Modell ist weit verbreitet, aber teils umstritten. Es gibt eine ganz Reihe von alternativen Nachhaltigkeitskonzepten, welche aber deutlich komplizierter sind und ebenfalls vielfach kritisiert wurden.
Der größte Kritikpunkt am Drei-Säulen-Modell lautet, das Modell sei in der Praxis nur schwer anwendbar. Und in der Tat gibt das Modell keine konkreten Lösungen vor, sondern allenfalls Leitlinien. Zwar ist das Modell aus diesem Grund auf viele Bereiche übertragbar, jedoch wird genau diese Offenheit auch kritisiert. So heißt es oftmals, die Säulen seien offen für nahezu sämtliche konventionelle wirtschafts- und sozialpolitische Zielsetzungen, wie zum Beispiel Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung oder Erhöhung des Steueraufkommens. Auf diese Weise weite das Drei-Säulen-Modell den Nachhaltigkeitsbegriff zu sehr aus, wodurch dieser an Bedeutung verliere.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die drei Säulen zwar theoretisch, aber faktisch nicht gleichrangig sind, denn Fakt ist, dass die ökologische Säule in der modernen Gesellschaft bislang nachrangig behandelt wird.
Beim ursprünglichen Modell können sich die Säulen gegenseitig ausgleichen: Wenn die Wirtschaft brummt (starke Ökonomie-Säule), darf die Umwelt „vernachlässigt“ werden (schwache Nachhaltigkeitssäule). Man spricht in dem Fall von einer „schwachen Nachhaltigkeit“, da natürliche Ressourcen durch Human- oder Sachkapital ausgeglichen werden können. Hier zählt nur der Gesamtwohlstand – auch wenn der auf Kosten der Natur geht.
Für ein Modell mit „starker Nachhaltigkeit“ sollte das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit daher eigentlich vorrangig sein, da der Schutz der natürlichen Lebensbedingungen auch die Grundvoraussetzung für ökonomische und soziale Stabilität ist.
Bisher gibt es keine Theorie, die sich in Politik und Wissenschaft als Ersatz des Drei-Säulen-Modells durchgesetzt hat. Das Modell bildet die Basis für fast alle Definitionen einer nachhaltigen Entwicklung. Und auch in der Praxis findet sich das Konzept zum Beispiel in vielen internationalen Abkommen – etwa in Punkt I.2 des Johannesburg-Implementierungsplans und in Art. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – wieder.
Doch es gibt Weiterentwicklungen, wie das gewichtete Drei-Säulen-Modell mit einer „starken Nachhaltigkeit“. Das Kriterium der Ökologie steht hier als Fundament unter allen Säulen. Es trägt den deutlich konkreteren Titel „Ressourcen/Klima“ und hebt die Bedeutung beider Themen hervor. Als dritte Säule kommt dafür „Kultur“ hinzu. Das gewichtete Modell macht deutlich, dass die drei Säulen Ökonomie, Kultur und Soziales auf der Ökologie aufbauen – denn sie sind direkt von natürlichen Ressourcen und dem Klima abhängig.
Im Modell der „Zauberscheiben der Nachhaltigkeit“ beinhalten drei Kreise die jeweiligen Ziele und greifen wie Zahnräder ineinander. Andere Ansätze zielen vor allem darauf ab, das Thema der Corporate Social Responsibility in das Modell zu integrieren und fordern eine weitere vierte Säule, die das Modell um eine politisch-institutionelle Dimension erweitern soll.
Studien und Konzepte zu Nachhaltigkeit
Die UN hat 2015 die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Dem UN Global Compact haben sich über 13.000 Unternehmen angeschlossen. Sie verpflichten sich zu zehn universellen Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsprävention. Diese vier Bereiche lassen sich ebenfalls auf das Drei-Säulen-Modell zurückführen.
Nachhaltigkeit bleibt auch in Zukunft ein wichtiges Thema – auch für Unternehmen. Denn längst ist klar, dass Unternehmen von einem nachhaltigen Wirtschaften profitieren. Iris Pufé fasst in ihrem Buch über Nachhaltigkeitsmanagement eine Vielzahl an Vorteilen zusammen, darunter:
- Effizienzsteigerung
- größeres Innovationspotenzial
- größere Beliebtheit bei Investoren
- bessere Befriedigung der Kundenwünsche
- motiviertere Mitarbeiter
Unternehmen stehen eine Vielzahl von Management-Ansätzen zur Verfügung, um die drei Säulen der Nachhaltigkeit zu implementieren.
Mehr zu dem Thema bei Utopia:
- 8 Dinge, die Unternehmen für das Klima tun können
- Grüne Stellenangebote: Nachhaltige Karriere mit Sinn
- Nachhaltige Unternehmensformen: gGmbH, B Corporation, Purpose & Co
Externe Quellen:
- Rogall, Holger (2021): Nachhaltige Ökonomie (bei Buch7 oder Amazon)
- Pufé, Iris (2012): Nachhaltigkeitsmanagement (bei Thalia oder Amazon)
- Studie: Nachhaltigkeitsmanagement von Unternehmen (PDF)
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