Die Auswahl ist klein und die Suche oft langwierig – doch es gibt sie: faire Mode für große Größen. Wir stellen euch Fair-Fashion-Labels vor, die schöne Kleidung für dicke Menschen machen.
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Faire, nachhaltige Mode gibt es mittlerweile zwar für jeden Geldbeutel und Geschmack – aber nicht für jede Größe. Wer Kleidung in XXL oder größer trägt, muss sich mit einer deutlich kleineren Auswahl zufriedengeben – und deutlich länger suchen. Zwar gibt es zahlreiche konventionelle Modehäuser, die Plus-Size-Mode bis zu 8XL bedienen. Bei fairen Labels ist eine vielfältigere Auswahl an Übergrößen aber leider rar.
Das hat unter anderem wirtschaftliche Gründe: Mark Starmanns vom „GET CHANGED! Fair Fashion Network“ vermutet, dass „die Nachfrage sehr viel kleiner als in den Kerngrößen ist, und dass es sich für die meisten Firmen nicht rentiert, die Größen zusätzlich ins Sortiment zu nehmen.“ Der Schweizer Verein informiert Konsument*innen über faire Mode.
„Übergröße ist ein tabuisierter Bereich“
Doch das Problem reicht tiefer. Im Plus-Size-Blogazine „(curvect)“ lässt Fettaktivistin und Performance-Künstlerin Veronika Merklein den wirtschaftlichen Aspekt allein nicht gelten. „Straight-Size-Modeketten“ produzierten absichtlich nicht größer, weil Übergröße ein hochpolitischer, tabuisierter Bereich sei, lautet ihr Vorwurf. „Viele Firmen produzieren nicht größer und unterstützen keine Plus-Size-Events, weil sie schlichtweg Angst vor schlechter Publicity haben und nicht mit dicken Menschen assoziiert werden möchten.“
Dicke Menschen fühlen sich deshalb zurecht häufig diskriminiert und unterrepräsentiert – obwohl sie in Deutschland über 50 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ausmachen.
Plus-Size-Fair-Fashion aus Deutschland und Österreich
Die gute Nachricht: Es gibt vereinzelt Modemarken im deutschsprachigen Raum, die sich der Herausforderung stellen – und explizit Fair Fashion für mehrgewichtige Menschen machen. Utopia stellt sie euch hier vor.
1. Süperb
„Süperb“ heißt das Modelabel von Klara Stenzel, das sich vollständig auf Übergrößen konzentriert. Mit ihrem Label will sie ein facettenreiches Angebot schaffen, das über das reine Verhüllen und Verstecken fülliger Körper hinausgeht.
Seit 2017 entwirft die Designerin Kleidung für kurvige Frauen und passt die Stoffe und Schnittführung an deren Bedürfnisse und Proportionen an. Alle Materialien werden aus Deutschland und dem europäischen Umland bezogen und in Hamburg fair verarbeitet.
Größen: 40 bis 54
Preise: ab etwa 49 Euro (z.B. für Sweatshirts und Pullover)
2. Vandernag
„We believe in the power of curvy women to change the fashion industry for the better – one item of clothing at a time.“ Nichts weniger als das ist das Motto des Berliner Labels „Vandernag“, das neben Kleidern und Oberteilen auch Hosen und Mäntel im Angebot hat.
Selbsterklärtes Ziel ist es, Stücke zu kreieren, die über Jahrzehnte hinweg zum Einsatz kommen sollen. Bio-Baumwolle und nachhaltige Naturfasern werden in familienfreundlichen Betrieben in Polen verarbeitet.
Größen: 42 bis 54
Preise: ab etwa 120 Euro (z.B. für Blusen)
3. Miriam Jezek – grand styles
Unternehmerin Miriam Jezek arbeitete lange in der Textilbranche und erkannte den Bedarf an großen Größen, die nicht nur bequem sind, sondern auch modisch. Ihr Designerlabel aus Wien hat sich daher auf Plus Size spezialisiert und bietet unter anderem Kleider, Oberteile, Hosen und Mäntel an.
Die minimalistisch gehaltenen und zugleich femininen Stücke bestehen überwiegend aus Bio-Stoffen, Jezek verwendet zudem Material aus Überproduktionen. Eines der nächsten Meilensteine sei die Etablierung einer eigenen Schneiderei in Österreich.
Größen: 42 bis 52, weitere Größen und individuelle Anpassungen möglich
Preise: Ab etwa 59 Euro (Shirt)
4. Make Monday Sunday
Das Label mit dem illustren Namen „Make Monday Sunday“ steht noch ganz am Anfang und wurde 2019 über eine Crowdfunding-Kampagne bei Startnext kofinanziert. Im Sortiment befinden sich zeitlose Kleider und Mäntel, die saisonunabhängig tragbar sind und deren Stoffe aus Europa stammen.
Gründerin und Geschäftsführerin Maren Brandt rief bereits 2016 eine Agentur ins Leben, die nachhaltige europäische Lieferketten gewährleistet. Nun folgt mit „Make Monday Sunday“ eine eigene Produktionsstätte in Lüneburg.
Größen: 34 bis 52, individuelle Maßanpassungen
Preise: ab etwa 299 Euro (Kleider)
Fair produzierte Übergrößen auch für Männer
Kleinere Brands tasten sich momentan schon an Frauenmode heran. Um auch Männern die Chance zu geben, fair verarbeitete Mode in Übergrößen zu kaufen, verweisen wir auf zwei altbekannte Marken:
5. Trigema
Das in Sachen nachhaltiger Mode etablierte schwäbische Familienunternehmen liefert mit „Trigema Plus Size“ eine eigene Outdoor- und Freizeit-Produktlinie nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Die vielseitige Bandbreite an Farben und Schnitten stellt eine alltagstaugliche Alternative für Übergrößen dar.
Traditionell findet der komplette Fertigungsprozess seit über 100 Jahren in Deutschland statt. Das Label verwendet Bio-Baumwolle, führt den Oeko-Tex Stadard 100 und produziert einen Teil seiner Kleidung („Trigema Change“) nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Heißt: Die Kleidung kann vollstänig recycelt oder biologisch abgebaut werden – es bleibt kein Müll übrig.
Größen: bis 5XL (Männer), bis 3XL (Frauen)
Preise: ab etwa 29 Euro (Langarmshirt für Männer); 41 Euro (Rollkragenshirt für Frauen)
6. „Pure“ by Ulla Popken
Liest man Plus-Size-Blogs wie „Kathastrophal“ oder „Kurvige Liebe“, wird das mangelnde Fair-Fashion-Modeangebot für Mehrgewichtige deutlich. Viele verweisen deshalb auf einzelne grüne Produktlinien konventioneller Anbieter. Eines dieser Modehäuser ist das für Übergrößen bekannte Unternehmen Ulla Popken.
Das Unternehmen konzentriert sich seit 2012 auf die Etablierung nachhaltiger Produktlinien. „Pure“ ist die erste dieser Art. Stilistisch reicht die Palette von verspielten Blusen über gemusterte Tuniken bis zu farbenprächtigen Hosen. Momentan weisen einige Kleidungsstücke dieser Kollektion das GOTS-Logo auf, ab April 2020 sollen alle Teile ebendieses oder das Oeko-Tex-Label tragen.
Bei der ins Ausland verlagerten Produktion verpflichtet sich die Popken Fashion Group zwar durch die Mitgliedschaft bei „amfori BSCI“ zu einer „Verbesserung der sozialen Standards entlang der globalen Lieferkette.“ Das Programm wurde aber in der Vergangenheit häufig kritisiert, u.a. von der Kampagne für saubere Kleidung 2019, laut der das Programm gescheitert sei: „Die milliardenschwere, privatwirtschaftlich agierende Zertifizierungs- und Audit-Branche schützt systematisch Ansehen und Gewinne der Auftrag gebenden Unternehmen anstatt die Rechte von Arbeiter*innen“, heißt es auf der Webseite der Kampagne.
Unser Tipp: Kleidung, die das GOTS-Logo trägt, ist grundsätzlich empfehlenswert – GOTS gewährleistet, dass neben Umweltstandards auch soziale Mindeststandards eingehalten werden. Generell fairer produzieren aber die oben genannten Labels.
Größen: 42 bis 68
Preise: ab etwa 29 Euro (Leggings)
Kaufen: „Pure“-Sortiment am besten direkt bei Ulla Popken.
Faire Mode für große Größen – unser Fazit
Utopia meint: Jüngere Labels haben den Anspruch, fair zu produzieren, sind aber gerade in der Anfangszeit verstärkt wirtschaftlichen Restriktionen unterworfen: Sie können es sich oft einfach nicht leisten, in Größen zu produzieren, die weniger gekauft werden. Daher besitzen die hier vorgestellten Brands zwar noch kaum anerkannte Fair-Fashion-Siegel, sind aber auf dem ökologisch richtigen Weg, was faire Arbeitsbedingungen oder die Nutzung von Bio-Materialien aus Europa anbelangt.
Auch konventionelle Modehäuser bauen ihr fair gehandeltes und verarbeitetes Modeangebot aus. Das ist ein guter Schritt und zeigt, wie groß und wichtig die Nachfrage nach umweltfreundlich und fair produzierter Kleidung geworden ist.
Solange konventionelle Hersteller aber nicht komplett auf eine nachhaltige Produktion umstellen, empfehlen wir weiterhin bereits etablierte Fair-Fashion-Marken. Diese produzieren ausschließlich fair und umweltfreundlich – und nehmen zum Glück auch immer mehr Übergrößen (auch für Männer) in ihr Sortiment auf.
Damit das Angebot generell steigt, sind auch die Medien gefragt, ein realistischeres Bild von Körpern zu vermitteln: Sie müssen häufiger mehrgewichtige Männer und Frauen zeigen, die Lust auf Mode haben. In diesem Sinne: Ein Hoch auf „Body Positivity!“
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