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Nachhaltiger Modekonsum: Einfacher als du denkst

CC0 Public Domain / Pixabay - piro

Kommt das T-Shirt-to-go? Weil Modekonzerne erfindungsreich Konsument:innen steuern, wird Kleidung immer mehr zum Wegwerfprodukt. Der erste Schritt, dies zu ändern, ist leicht getan.

Angenommen, eine fremde Spezies würde aus dem Weltall auf die Erde blicken und in einer Wüste seltsame Objekte erkennen, die sich bei näherem Hinschauen als Kleiderberge entpuppen: Wie würde wohl ihre Antwort auf die Frage lauten, warum diese dort entstanden sind?

Vermutlich anders als die tatsächlichen Gegebenheiten. In der chilenischen Atacama-Wüste landen jedes Jahr tausende Tonnen Kleidung. Gebrauchte, aber auch neue unverkaufte Ware. Der Grund: Über Chile wird ausrangierte Kleidung aus Europa, den USA und Asien in lateinamerikanische Länder weiterverkauft. Das Angebot aber ist so mächtig, dass ein großer Anteil auf Mülldeponien in der Wüste entsorgt wird. Der „Fast-Fashion-Friedhof“ steht beispielhaft für eine Modewelt, die in den letzten zwei Jahrzehnten immer schneller und immer absurder wurde.

Fast-Fashion-Konzerne reizen den Reiz des Neuen aus

Vom Jahr 2000 bis 2014 hat sich die Zahl der weltweit produzierten Kleidungsstücke verdoppelt und überstieg 2014 erstmals 100 Milliarden.

In dieser Zeit haben große Modemarken wie H&M und Zara das erfunden, was wir heute Fast-Fashion nennen: ein radikal „verschwenderisches Geschäftsmodell samt passendem Konsumverhalten“, wie es Greenpeace auf den Punkt bringt. Davor brachten die meisten Labels jährlich zwei Kollektionen in die Läden: Frühling/Sommer und Herbst/Winter waren quasi von Natur aus gesetzt. Plötzlich gab es Zwischensaisons, rätselhafte Zeiten wie jene nach dem Sommer aber vor dem Herbst. „Preseasons“ und Co. wurden im Laufe der Jahre immer mehr – und mit ihnen die „besonderen“ Anlässe, zu denen Konsument:innen in Läden gelockt werden.

Reine Online-Händler sind die neuen großen Player im Fast-Fashion-Markt. Allen voran ein chinesisches Unternehmen, das heute laut Spiegel mehr wert sein soll als Zara und H&M zusammen. Shein reizt den Reiz des Neuen bis aufs Letzte aus. Im Online-Shop des Unternehmens sollen täglich bis zu 1.000 neue Kleidungsstücke zu kaufen sein. Mit cleverem Marketing mittels Social-Media und Influencer:innen vermittelt das „Ultra-Fast-Fashion-Unternehmen“ vor allem jungen Menschen das Gefühl: Es gibt permanent etwas Neues, das du verpassen könntest.

Konsument:innen füllen sinnentleerte Kleiderschränke

Eine weitere Zahl verdeutlicht, wie widersinnig es ist, Menschen dazu zu verleiten, ständig neue Klamotten zu shoppen: Etwa 40 Prozent der von deutschen Konsument:innen gekauften Kleidung wird praktisch nicht benutzt. Das heißt, sie wird nie oder sehr selten getragen, im Kleiderschrank gelagert und irgendwann entsorgt. Angesichts dieser Geringschätzung ist es fast verwunderlich, dass es die Kleidung-to-go noch nicht gibt: Kurz mal ein T-Shirt für den Weg von A nach B kaufen, ausziehen, wegwerfen.

Der einfachste Weg zu nachhaltigerem Modekonsum

Der Blick auf Wegwerfmode war bisher bewusst einseitig dargestellt: Konsument:innen wirkten wie Schaufensterpuppen, denen die Modeindustrie Bedürfnisse einpflanzen kann, wie sie will. Natürlich können wir selbst entscheiden, weniger neue Kleidung zu kaufen. Exakt das ist der einfachste und grundlegendste Tipp für nachhaltigeren Konsum.

Ok, die Empfehlung kommt billig daher, darum ist das Risiko groß, Leser:innen zu enttäuschen. Das hat man doch eh schon gewusst und eine Verzichtsempfehlung ist sowieso immer unbefriedigend. Vielleicht hilft hier folgender Hinweis: Selbstbestimmung kann sich ziemlich gut anfühlen.

Diese kleine Anleitung hilft, den Schalter im Kopf umzulegen:

Weitere Tipps, die helfen weniger neue Kleidung zu kaufen:

Beim Neukauf die Richtigen unterstützen

Auch die Kritik an der Modeproduktion war bisher eindimensional: es war „nur“ die Rede von Überproduktion und Massenkonsum. Ausgeklammert waren deren Grundlagen und Folgen: ausbeuterische Arbeitsbedingungen, ohne die Billigpreise nicht möglich wären, sowie fatale Umweltauswirkungen – etwa durch Pestizide im Baumwollanbau, toxische Chemikalien zum Färben, einen enormen Wasserverbrauch oder den exzessiven Einsatz von Kunststofffasern.

Weniger neue Kleidung zu kaufen beeinflusst auch diese Probleme, weil sie ihnen in der Summe und auf lange Sicht den Boden nimmt. Aber das allein wird nicht reichen. Die Entwicklung der Textilindustrie zeigt, dass sie strenger politisch reguliert werden muss. Die vielversprechendste Gelegenheit dazu bietet das aktuell entstehende EU-Lieferkettengesetz.

Diese Forderung soll keineswegs Unternehmen herabsetzen, die sich aus eigenem Antrieb auf die Verbesserung der Modeproduktion konzentrieren. Im Gegenteil, vor allem neue, kleine Modelabels haben in den letzten 15 Jahren gezeigt, wie man sein Geschäft auf der Grundlage fairer Arbeitsbedingungen und einer umweltfreundlicheren Produktion aufbaut. Das sind gute Gründe, ihre Kleidung zu kaufen.

Fazit: Modekonzerne produzieren mehr, als sie verkaufen können – so viel, dass sie massenhaft neue Kleidung wegwerfen müssen. Konsument:innen kaufen zu viel neue Kleidung, die sie zu selten oder nie anziehen. Wir brauchen weniger Mode, wir brauchen bessere Mode und wir müssen nachhaltiger mit dieser umgehen.

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