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Fisch essen: Experten schlagen Alarm – hier die Gründe

Fischerei Netze Boot
Fotos: anake, Gorodenkoff / stock.adobe.com

Leckeres Sushi oder Thunfischsalat: Es gibt viele Arten, Fisch zu genießen. Bei genauerem Hinsehen vergeht einem der Appetit schnell, denn Fischkonsum ist nicht nachhaltig. Wir zeigen dir die Gründe.

Fisch gilt als gesund, das wissen die meisten. Was gerne vergessen wird: Fisch zu essen ist nicht gut, vor allem für die Umwelt. Es gibt folgende Gründe, warum Fisch nicht nachhaltig ist.

Nachhaltigkeitsfehler Nummer 1: Überfischung

Überfischung ist das zentrale Problem des Fischfangs – zuletzt führte uns das die Dokumentation „Seaspiracy“ besonders deutlich vor Augen. Zugleich essen wir immer mehr Fisch: Der Fischkonsum erreichte 2020 einen Rekordwert und die Welternährungsorganisation FAO geht von einem weiteren Wachstum des Pro-Kopf-Verbrauchs bis 2030 aus. Eine wenig nachhaltige Entwicklung.

Einzelne, besonders beliebte Fischarten gelten längst als bedroht, laut World Wildlife Fund (WWF) zum Beispiel der Blauflossenthunfisch: Ein Fisch, den wir typischerweise in unserem Sushi und Sashimi finden. Bei Lachs gingen die Bestände so stark zurück, dass die Nachfrage nur noch über künstlich gezüchteten Lachs zu decken ist.

„Weltweit gelten 33 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände als überfischt und 60 Prozent als maximal genutzt (Stand: Juli 2018). In den europäischen Gewässern ist die Situation besonders schlimm: Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer werden sogar 62,2 Prozent der Bestände als überfischt klassifiziert“ so WWF. Von Nachhaltigkeit also keine Spur!

Umweltzerstörung für frischen Fisch

Für den Fischfang setzen Fischereibetriebe inzwischen riesige Fangflotten ein, oft mit Grundschleppnetzen, wie Greenpeace berichtet. Das dies nicht nachhaltig ist, verwundert kaum, denn diese Netze werden am Meeresboden entlanggeschleift. Dadurch fügen sie diesem und den darauf lebenden Organismen oft erheblichen Schaden zu.

Außerdem setzen diese Grundschleppnetze Experten zufolge riesige Mengen CO2 direkt vom Meeresboden frei. Jährlich entweicht so die doppelte Menge an Kohlendioxid, die Deutschland im Jahr 2020 produzierte. Das CO2 entweicht in die Wassersäule und trägt zur Versauerung der Meere bei. Mehr CO2 in die Atmosphäre zu emittieren, auch das macht industriellen Fischfang nicht nachhaltig.

Boot mit großem Fischernetz im Meer.
Riesige Netze werden für den Fischfang eingesetzt. Darunter auch Schleppnetze, die den Meeresboden beschädigen. (Foto: Screenshot: YouTube/Netflix)

Übermäßiger Fischfang beeinflusst zudem das ökologische Gleichgewicht der Meere. Für den Verzehr sind besonders große Fische beliebt. Wenn industrielle Fischereien große Mengen davon abfischen, verändert sich die natürliche Zusammensetzung des sogenannten Nahrungsnetzes. Fehlen zum Beispiel Raubfische, wie Thunfisch, dann breiten sich Populationen kleinerer Fische ungehindert aus. Es kommt laut WWF schlimmstenfalls zu einer Destabilisierung der Nahrungskette.

Lohnt sich der Fang dieser großen Arten nicht mehr, konzentrieren sich Fischereien auf kleinere Fische. Dies wird als „Fishing down the food web“ bezeichnet. „Nur gesunde Meere können ihren dringend notwendigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und zum Beispiel weiterhin riesige Mengen des atmosphärischen Treibhausgases CO2 aufnehmen“, so Greenpeace. Dieser Eingriff ins Ökosystem macht die Meere und die Erde also anfälliger für Folgen der Klimakrise.

Nachhaltiger Fisch – Beifang mal beiseite?

Ein weiterer problematischer Nebeneffekt des industriellen Fischfangs ist der Beifang. Meeresschildkröten, Wale, Delphine, Tümmler und andere Meerestiere, ja sogar Vögel verfangen sich gemäß WWF in den enormen Netzen, verletzen sich teils schwer oder verenden qualvoll.

Hai im Netz
Die Netze der Fischer stellen eine große Bedrohung für alle Meerestiere dar, besonders für Haie. (Foto: VisionDive / stock.adobe.com)

Wale und Haie sind von der Gefahr, als Beifang zu enden, besonders betroffen, ergab ein Expertenbericht. Jedes Jahr sterben etwa 300.000 Wale (Großwale, Delfine und Schweinswale), weil sie in die Netze geraten und sich nicht mehr daraus befreien können.

Greenpeace meint, das hat gravierende Folgen: „Laut Schätzungen sind aufgrund der Überfischung die Haibestände des Indischen Ozeans in den letzten 50 Jahren um fast 85% eingebrochen.“ Vor allem in der Fischerei von Shrimps ist die Beifangquote sehr hoch: Bis zu 90 Prozent (!) des Fangs bestehen aus Beifang – sowas kann ja überhaupt nicht nachhaltig sein.

Nachhaltiger Fisch – Müll inklusive?

Im Fischereibetrieb fällt eine Menge Müll an: das Gegenteil von nachhaltig. Die eingesetzten Netze (aus Plastik) landen in vielen Fällen im Meer und treiben zum Beispiel als „Geisternetze“ in den Ozeanen.

Wie kommen sie dort hin? Die herrenlosen Netze geraten meist durch Stürme oder Bootsunfälle ins Meer, es kommt aber auch vor, so erklärt WWF, dass Fischer ihre Netze einfach im Meer entsorgen. Diese bleiben am Meeresgrund 400 bis 600 Jahre lang als Netze zu erkennen und tragen zur Plastikverschmutzung der Meere bei.

Fischernetz und Vogel. Geisternetze verschmutzen das Meer.
Geisternetze bestehen in der Regel aus Kunststoffen, die giftige Chemikalien wie z. B. Weichmacher freisetzen können. (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - A Different Perspective)

Abgesehen von der Umweltverschmutzung stellt auch dies eine Gefahr für alle Meerestiere dar. Sie fressen kleine Plastikteile, die von Netzen stammen, oder sie verfangen sich in den Netzen.

Je größer die für den Fischfang eingesetzten Flotten sind, desto höher ist auch die Belastung für die Umwelt. Die Schifffahrt trägt erheblich zur Vergiftung der Meere bei, wie ein WWF Bericht zeigt. Dazu gehören unter anderem auch die riesigen Flotten der Fischereibetriebe. Zwar wurden zum Beispiel 2001 Schiffsanstriche mit dem hochgiftigen Tributylzinn (TBT) verboten, aber erst 2008 trat dieses weltweite Abkommen in Kraft. Und Alternativen für die giftigen Anstriche setzen sich seitdem nur schrittweise durch.

Nachhaltiger Fisch aus industrieller Fischzucht?

Fisch nachhaltig produzieren: Aquakulturen sollen es richten. Inzwischen kommen laut Fischereibericht der FAO von 2020 bis zu 46 Prozent des Fischs, der auf dem Tisch landet, aus Aquakulturen. Diese gelten als Alternative zu Fischfang.

Klingt nachhaltig? Schon irgendwie. Was dabei aber vergessen wird: Auch für gezüchteten Fisch wird in großer Menge Fisch gefangen, denn meist handelt es sich bei den Zuchtfischen um Raubfische.

„Für ein Kilo gezüchteten Lachs müssen mehrere Kilo wild gefangener Fisch gefüttert werden. Bei der Thunfischzucht sind sogar 20 Kilo Futter pro Kilo Thunfisch nötig“, berichtet Greenpeace.

Industrielle Fischzucht oder Aquakultur in Indonesien. So wenig nachhaltig wie Massentierhaltung.
In Indonesien wird in riesigen Becken industrielle Fischzucht betrieben, um den internationalen Markt zu beliefern. (Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Tom Fisk)

Fisch aus Aquakulturen bringt auch weitere Probleme: Fische brechen immer wieder aus Fischfarmen aus und vertreiben so langfristig Wildpopulationen.

Außerdem schaffen Aquakulturen weitere Probleme. Wie bei Massentierhaltung üblich fallen auch bei Aquakulturen Kot und Urin in großen Mengen an. Diese sammeln sich mit Medikamentenrückständen im Abwasser der Aquakulturen. Am Ende gelangt das alles meist ungefiltert in Meere oder Flüsse.

Abgesehen davon benötigt die intensive Fischzucht große Flächen. Dafür roden Zuchtbetriebe in Asien und Mittelamerika großflächig Mangrovenwälder. „Rund ein Drittel der weltweiten Mangrovenbestände wurden seit den 1980er Jahren zerstört. … Über ein Drittel der Mangrovenverluste wird der Garnelenzucht zugeschrieben“, erklärt WWF. Zusätzlich macht der hohe Bedarf der Aquakulturen an Süßwasser das Grundwasser in den betroffenen Regionen knapp.

Nachhaltiger Fisch trotz Chemikalien und Schwermetalle?

Industrielle Farmen füttern ihre Fische mit Antibiotika, um die Krankheiten der auf engstem Raum lebenden Tiere zu bekämpfen. Laut WWF mischt man dem Fischfutter das schädliche Pflanzenschutzmittel Ethoxyquin bei, um es länger haltbar zu machen. Gifte wie Algenkiller oder Desinfektionsmittel sind keinesfalls nachhaltig, kommen aber zusätzlich bei konventionellen Aquakulturen zum Einsatz.

Fisch aus dem Meer ist oft mit Quecksilber belastet.
Um eine Quecksilbervergiftung zu vermeiden, sollten insbesondere Raubfische nicht zu oft auf deinem Speiseplan stehen. (Foto: CC0 / Pixabay / 27707)

Die eingesetzten Pestizide, Desinfektionsmittel und Antibiotika landen in Grundwasser, Flüssen und Meeren. Sie belasten jedoch auch den gezüchteten Fisch, der dann wiederum auf unseren Tellern landet.

Sogar wild gefangener Fisch ist nicht frei von gesundheitsgefährdenden Stoffen. Heringe und Lachse aus der nördlichen Ostsee sind zum Teil stark mit dem Gift Dioxin belastet, da dieses sich laut UBA in großen Mengen im Boden, in Flüssen und im Meer befindet. Dioxine lagern sich unter anderem im Fett von Fischen ab und gelangen so in den Nahrungskreislauf. Oder, besser gesagt: Sie landen in unseren Mägen.

Utopia meint

Vieles spricht gegen den Konsum von Fisch. Vor allem, dass er meist nicht nachhaltig ist. Je mehr man sich mit der Thematik beschäftigt, desto mehr vergeht die Lust auf Fisch.

Dabei ist Verzicht aber nicht die einzige Alternative zu Fisch, denn es gibt inzwischen viele Marken und Siegel, die es ein bisschen besser machen, sowie, auch sehr interessant, eine wachsende Zahl pflanzlicher Alternativen. Letztere schmecken nicht nur wie Fisch, sie haben oft ähnlich viele Nährstoffe und Eiweiß wie dieser. Wieso also nicht mal pflanzlichen Fisch versuchen und mit gutem Gewissen genießen?

Mehr zu pflanzlichen Fisch-Alternativen erfährst du im Beitrag Vegane Fischstäbchen, plant-based Fisch, Visch & Co.: Welche Alternativen zu Fisch gibt es?

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