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Flugscham: Flugverzicht für den Klimaschutz

Flugscham
Foto: CC0 / Pixabay / Free-Photos

Der Begriff der Flugscham stammt aus Schweden und ist mittlerweile auch in Deutschland bekannt. Was sich genau dahinter verbirgt, erfährst du in diesem Artikel.

Was bedeutet Flugscham?

Das schwedische Wort „flygskam“ – zu deutsch „Flugscham“ – verwendeten Journalist:innen erstmals im März 2018 in der schwedischen Tageszeitung „Svenska Dagbladet“. Seitdem hat sich der neue Begriff auch in anderen Sprachen etabliert.

Das liegt wohl insbesondere daran, dass er für viele Menschen treffend ein weit verbreitetes Gefühl beschreibt. Es ist praktisch unmöglich, die Auswirkungen unserer Lebensweise auf die Natur zu ignorieren. Die Klimakrise gehört zu den Top-Themen der Politik und der Medien.

Viele Menschen versuchen, ihren Alltag nachhaltiger zu gestalten. Sie sparen Strom und Wasser, tätigen den Wocheneinkauf im Bioladen, essen weniger Fleisch und fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit. So arbeiten wir daran, unser Leben Stück für Stück immer ökologischer zu gestalten. Bis der nächste Urlaub ansteht. Auch wenn Klimaschutz in letzter Zeit immer populärer geworden ist, steigt die Anzahl der Flüge weiter an. So nutzten im Jahr 2019 in Deutschland circa 226,7 Millionen Passagiere das Flugzeug (durch die Corona-Pandemie ging diese Zahl dann vorerst wieder nach unten). 2004 lag diese Zahl noch bei rund 160 Millionen.

Dass Flugzeuge mehrere Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre abgeben und deshalb nicht nachhaltig sind, ist kein Geheimnis. Und doch ist der Drang, das Flugticket zu bestellen, groß. Sei es, weil Flugreisen nun mal schnell und effizient sind und uns deshalb den ein oder anderen Kurztrip erlauben. Oder weil Flugtickets nicht selten billiger sind als Bus- oder Bahntickets. Oder weil wir die Welt sehen, andere Kulturen kennenlernen und ferne Landschaften entdecken wollen. Was es auch ist, am Ende sitzen wir also im Flugzeug und können die Reise doch nur halb genießen, da sich schon beim Abheben ein leichtes Schamgefühl einstellt – die Flugscham.

Flugscham: Wie schädlich ist Fliegen wirklich?

Laut dem Umweltbundesamt ist das Flugzeug das klimaschädlichste Verkehrsmittel.
Laut dem Umweltbundesamt ist das Flugzeug das klimaschädlichste Verkehrsmittel.
(Foto: CC0 / Pixabay / tpsdave)

Wie berechtigt ist die Flugscham? Laut dem Umweltbundesamt ist das Flugzeug das klimaschädlichste Fortbewegungsmittel. So verursacht zum Beispiel der Hin- und Rückflug zwischen Frankfurt und New York 3,8 Tonnen Treibhausgase. Im Vergleich: Durchschnittlich produzieren wir in Deutschland pro Kopf 11 Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr.

Das Problem sind nicht nur CO2-Emissionen. Flugzeuge benötigen den Treibstoff Kerosin. Wenn dieses verbrennt, entstehen neben CO2 viele andere Substanzen wie Stickoxide und Wasserdampf. Sie wirken sich negativ auf die Atmosphäre aus.

So bewirken Stickoxide in Reiseflughöhe (also in den unteren atmosphärischen Schichten), dass sich Ozon vermehrt. Diese angesammelten Ozonmengen wirken,wie auch Wasserdampf, als starkes Treibhausgas und verstärken dadurch den menschengemachten Treibhauseffekt, durch den sich die Erde immer weiter erwärmt. Das „gute Ozon“, welches uns vor UV-Strahlung schützt, befindet sich hingegen in deutlich höher gelegenen Schichten, die Flugzeuge nicht erreichen. Mehr zu diesem Thema erfährst du in diesem Artikel: CO2-Ausstoß beim Flugzeug: So viel Emissionen verursachen Flugreisen.

Besonders Kurzstrecken- und Inlandsflüge stehen immer wieder in der Kritik. Denn einen Flug von Frankfurt nach Dresden oder von Köln nach Paris können wir auch leicht mit Bus oder Bahn tätigen, ohne dabei tagelang unterwegs zu sein. Doch auch die Bundesregierung, die sich verstärkt mit Klimaschutz beschäftigen möchte, ist hier leider kein Vorbild: Laut der WELT tätigten allein die Mitarbeiter:innen von Bundesministerien und ihrer Verwaltung im Jahr 2018 circa 230.000 Inlandsflüge.

Flugscham: Und jetzt?

Ausschlaggebend ist, inwiefern die Flugscham unser Handeln beeinflusst.
Ausschlaggebend ist, inwiefern die Flugscham unser Handeln beeinflusst.
(Foto: CC0 / Pixabay / JESHOOTS-com)

Der Begriff der Flugscham verdeutlicht zunächst einmal ein steigendes Bewusstsein für das ökologische Problem von Flugreisen. Das Schamgefühl kann sich jedoch sowohl positiv, als auch negativ auswirken.

Im negativen Sinne fühlen wir uns ertappt und schuldig und nehmen eine Verteidigungshaltung ein. Ist es jetzt nicht einmal mehr erlaubt, sich einen schönen Urlaub zu machen? Das kann dazu führen, dass wir das Gefühl haben, wir könnten ja gar nichts mehr richtig machen. Diese Resignation bewirkt, dass wir schließlich frei nach „Alles oder Nichts“ auch andere nachhaltige Verhaltensweisen wieder aufgeben. Sie sind eben doch zu anstrengend und „bringen ja sowieso nichts“.

Diese Einstellung solltest du auf jeden Fall vermeiden. Nicht nur, weil sie sich negativ auf die Umwelt auswirkt, sondern dich selbst zu einem resignierten Menschen macht. Versuche stattdessen, die Flugscham auf positive Weise zu nutzen: Mache dir klar, dass Flugreisen kein nachhaltiges Reisemittel sind und deshalb nicht das Verkehrsmittel der ersten Wahl darstellen sollten. Greife also, wenn möglich, auf Bus und Bahn zurück.

Dank Flugscham eine neue Reisekultur

Viele schöne Urlaubsziele kannst du mit Bus und Bahn erreichen.
Viele schöne Urlaubsziele kannst du mit Bus und Bahn erreichen.
(Foto: CC0 / Pixabay / 46173)

Frage dich, was Reisen für dich bedeutet. Die heute verbreitete Reisekultur ist oft fragwürdig. So bieten dir Reiseunternehmen Kurztrips zum Billigpreis an, bei denen du dich für ein paar Stunden durch touristisch völlig überfüllte Städte drängelst. Oder du verbringst deinen Urlaub in Mexiko in einem abgeriegelten Poolresort. Am Ende hast du weder eine andere Kultur kennengelernt, noch einen wirklich erholsamen Urlaub verbracht. Stattdessen: Flugscham.

Statt mehrmals im Jahr für ein paar Tage um die Welt zu fliegen, mache lieber seltener Urlaub – aber dafür länger und intensiver. Das ist sowohl für dich als auch für die Umwelt wesentlich nachhaltiger. Schon die Bahnreise kann dein erstes Abenteuer sein, wenn du siehst, wie sich um dich herum die Landschaft verändert.

Um dich zu erholen oder neue Orte zu entdecken, musst du nicht unbedingt andere Kontinente bereisen. Auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern gibt es viele beeindruckende Landschaften, die du bequem mit Bus und Bahn erreichen kannst.

Mach dir also bewusst, dass Flugreisen die Ausnahme sein sollten. Aber auch wenn du mal das Flugzeug benutzt, solltest du dich nicht dafür verurteilen und in Flugscham versinken. Gerade als überzeugte*r Klimakämpfer*in hat man oft das Gefühl, man müsste in allen Aspekten immer 100 Prozent ökologisch korrekt handeln – eine unerfüllbare Erwartung.

Versuche deshalb, ein Gleichgewicht für dich zu finden, indem du auch mal Kompromisse eingehst und jeden einzelnen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit achtest und wertschätzt.

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