Die Klimaforschung gewinnt im Zuge der Klimakrise immer mehr an Bedeutung. Wir erklären dir, womit sich diese interdisziplinäre Wissenschaft der Klimatologie in Deutschland und weltweit beschäftigt.
Die Klimaforschung (auch Klimatologie genannt) analysiert verschiedene Charakteristika der Atmosphäre (sogenannte „Klimaelemente“) wie Temperatur, Luftdruck, Windgeschwindigkeit oder Niederschlag. Anschließend bringt die Klimatologie die verschiedenen Elemente zusammen, um das Klima an sich zu verstehen.
Was ist eigentlich das Klima? Und was unterscheidet es vom Wetter?
- Das Wetter ist der momentane (lokale) Zustand der Atmosphäre. Dazu gehören der Luftdruck, die Wolkenbedeckung, der Niederschlag, die Windgeschwindigkeit, die Luftfeuchtigkeit und viele andere Parameter.
- Das Klima ist ebenfalls der Zustand der Atmosphäre, jedoch über einen langen Zeitraum betrachtet (Jahreszeiten, Jahre, Jahrzehnte). Beispielsweise schaut man sich die globale jährliche Durchschnittstemperatur an.
Durch diesen Unterschied ist die mathematische Betrachtungsweise von Wetter und Klima sehr unterschiedlich. Grundsätzlich handelt es sich bei der Atmosphäre um ein extrem komplexes „chaotisches“ System. Das bedeutet: Minimal unterschiedliche Anfangsbedingungen können nach einer Weile in völlig unterschiedliche Zustände münden. Über einen gewissen Zeitraum schaffen Computermodelle es noch, die Entwicklung relativ gut vorherzusagen – so entstehen unsere Wettervorhersagen. Irgendwann ist das jedoch nicht mehr möglich.
Für sehr lange Zeiträume und eher große Gebiete mitteln sich viele natürliche Schwankungen des Wetters jedoch heraus und charakteristische Größen wie die saisonale Durchschnittstemperatur oder Niederschlagsmenge zeigen sich. Diese lassen sich nun statistisch betrachten – und machen zusammen das Klima der Region aus.
Klimaforschung ist interdisziplinär
Das Klimasystem ist äußerst komplex. Daher verwundert es nicht, dass die Klimatologie eine interdisziplinäre Wissenschaft ist. Streng genommen ist das Klima der Zustand der Atmosphäre über einen gewissen Zeitraum – aber es reicht nicht, allein die Atmosphäre zu betrachten. Denn diese steht in Wechselwirkung mit den Wasser- und Landmassen der Erde.
Folglich finden sich in der Klimaforschung nicht nur Meteorolog:innen, Hydrolog:innen und Physiker:innen, sondern unter anderem auch Ozeanograph:innen, Chemiker:innen und Biolog:innen. Auch die Sozialwissenschaften gewinnen in der Klimatologie zunehmend an Bedeutung.
Eine kurze Geschichte der Klimaforschung
Die Klimaforschung ist noch eine junge Wissenschaft. Sie entstand in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts als der Klimawandel zunehmend bemerkbar wurde. Viele grundlegende Erkenntnisse in dem Bereich sind jedoch schon älter. Beispielsweise ist schon seit über 100 Jahren der Zusammenhang zwischen dem CO2-Gehalt der Atmosphäre und der Temperatur bekannt.
Je länger es die Klimaforschung gibt, desto sicherer und umfassender werden ihre Erkenntnisse. Das hat mehrere Gründe:
- Die Computermodelle für Klimasimulationen werden immer besser.
- Es gibt immer mehr Daten über längere Zeiträume. Außerdem wird die weltweite Datenabdeckung immer besser.
- Messmethoden werden genauer, einfacher und umfassender. Ein großer Fortschritt für die Klimatologie war beispielsweise die Erfindung der Satelliten. Damit lassen sich unter anderem Windfelder erforschen.
Noch immer sind viele Aspekte des Klimas nicht vollständig erforscht und insbesondere Vorhersagen des zukünftigen Klimas sind mit Unsicherheiten behaftet. Dennoch gibt es in entscheidenden Fragen inzwischen gesicherte Erkenntnisse.
Zentrale Erkenntnisse der Klimatologie
Die zentralen Einsichten aus der Klimaforschung und ihre Implikationen für unsere Gesellschaft fasst das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zusammen:
- Der menschliche Einfluss auf das Klima ist zweifelsfrei nachgewiesen.
- Noch nie waren die von Menschen verursachten CO2-Emissionen so hoch wie heute.
- Die Klimaveränderungen haben einen großen Einfluss auf Ökosysteme und Menschen.
- Wenn weiterhin so viele Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, wird die Temperatur weiter ansteigen und das Klima wird sich weiter verändern.
- Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit von starken und unumkehrbaren Einflüssen auf Mensch und Umwelt.
- Um diese Risiken zu verringern, muss der Ausstoß der Treibhausgase sofort drastisch reduziert werden. Zusätzlich müssen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel vorgenommen werden.
- Diese Maßnahmen können effektiv sein, wenn sie vielfältig sind und an unterschiedlichen Punkten ansetzen. Dafür ist politische und gesellschaftliche Zusammenarbeit auf allen Ebenen nötig.
Klimaforschung in Deutschland: Beteiligte Forschungseinrichtungen
Deutsche Forscher:innen spielen in der Klimatologie eine wichtige Rolle. Die beteiligten Forschungseinrichtungen haben sich im „Deutschen Klima Konsortium“ (DKK) zusammengeschlossen. Unter anderem können sich die verschiedenen Forschungsdisziplinen über diese Plattform besser vernetzen.
Diese Einrichtungen sind Mitglieder des DKK:
- Alfred-Wegener-Institut (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung)
- Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
- Berliner Universitäten
- Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg
- Center for Sustainable Society Research
- Deutsches Klimarechenzentrum
- Institut für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
- Deutscher Wetterdienst
- Future Ocean Network (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
- Forschungszentrum Jülich
- GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
- Deutsches GeoForschungsZentrum (Helmholtz-Zentrum Potsdam)
- Zentrum für Material- und Küstenforschung (Helmholtz-Zentrum Geesthacht)
- Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung
- Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
- Institut für Umweltphysik und Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
- Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie
- Max-Planck-Institut für Biogeochemie
- Max-Planck-Institut für Chemie
- Max-Planck-Institut für Meteorologie
- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
- Leibniz-Institut für Troposphärenforschung
- Umweltbundesamt
- Universität Hohenheim
- Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Klimatologie in Deutschland: Aktuelle und zukünftige Forschungsfelder
Das DKK hat 2015 in einem Positionspapier vorgeschlagen, auf welche Forschungsfelder sich die deutsche Klimaforschung in den kommenden zehn Jahren konzentrieren sollte. Dabei zeigt sich, dass neben der eigentlichen Erforschung des Klimas auch sozialwissenschaftliche Aspekte immer wichtiger werden. Welche Folgen wird die Klimakrise für zukünftige Gesellschaften haben? Wie werden diese mit den Bedrohungen umgehen können? Wie stark sollte die Klimawissenschaft an politischen und gesellschaftlichen Diskursen teilhaben? Solche Fragen werden im Zuge der wachsenden Bedrohung durch die Klimakrise immer wichtiger.
Diese drei künftigen Forschungsfelder hat die DKK vorgeschlagen:
1. Klima verstehen
Viele Aspekte des Klimas sind inzwischen gut erforscht, aber nicht alle.
- Insbesondere die Vorhersage des zukünftigen Klimas ist nach wie vor schwierig. Einerseits entstehen Unsicherheiten durch die chaotische Natur des Klimasystems. Andererseits gibt es bei den Computermodellen noch Verbesserungsbedarf. Eine wesentliche Unsicherheit ist aber auch der zukünftige Treibhausgas-Ausstoß.
- Noch schwieriger wird es, wenn die Entwicklung des Klimas in immer kleineren Regionen vorhergesagt werden soll. Zum einen ist es nicht trivial, globale Klimamodelle auf bestimmte Regionen einzuschränken. Zum anderen gibt es bisher einfach viel zu wenige solcher regionalen Forschungsprojekte – auch in Deutschland. Dabei wären regionale Vorhersagen sehr wichtig für effektive Schutzmaßnahmen.
- Bei diesen weiteren Gebieten gibt es laut dem DKK Forschungsbedarf: Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Wasserkreislauf (Niederschläge, Ozeanströmungen und so weiter), abrupte Veränderungen des Klimas, Wechselwirkungen zwischen lebender Materie und der Atmosphäre und Auswirkungen der Luftqualität auf das Klima (Stichwort Aerosole).
- Außerdem soll in Zukunft die Lücke zwischen kurzfristigen Wetter- und langfristigen Klimavorhersagen geschlossen werden. Dafür müssen Modelle entstehen, die mittelfristige Vorhersagen von etwa zwei bis drei Monaten berechnen können.
2. Umgang mit Klimarisiken
Je stärker die Klimakrise wird, umso größer wird die Bedrohung für uns Menschen und die Umwelt. Hier gibt es zwei Unsicherheiten:
- Die Entwicklungen des Klimas lassen sich zum Teil gut vorhersagen. Doch was sind die Folgen für Mensch und Umwelt? Wie groß ist das Artensterben? Wie viele Ernteausfälle wird es geben, wie viel wirtschaftlichen Schaden? Diese Fragen sind wesentlich schwieriger zu beantworten.
- Damit hängt der zweite Punkt zusammen: Wie werden zukünftige Gesellschaften mit der Klimakrise umgehen (können)? Dafür müssen wir nicht nur die Schäden vorhersehen, sondern auch die Gestalt zukünftiger Gesellschaften (beispielsweise ihre politischen und wirtschaftlichen Systeme). Hier spielen sozialwissenschaftliche Aspekte eine große Rolle.
3. Klimaforschung in der demokratischen Gesellschaft
Je stärker die Klimakrise fortschreitet, desto präsenter wird sie auch in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. In dem Zusammenhang wird die Frage immer wichtiger, welche Rolle die Klimaforschung bei der Bekämpfung der Klimakrise spielen soll. Soll sie sich auf die bloße Erforschung des Klimas beschränken? Oder soll sie eine aktive Rolle bei der Bekämpfung der Klimakrise einnehmen, Stellung beziehen und Politik, Gesellschaft und Wirtschaft beraten?
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