Auch für Versicherungen ist der Klimawandel ein wichtiges Thema – und zwar aus zwei Perspektiven: Zum einen stehen sie für Investitionen in der Kritik. Zum anderen kosten Naturkatastrophen sie jede Menge Geld.
Versicherungen gelten als eine der größten Investoren am Finanzmarkt. Mit ihren Geldern könnten Versicherungen deutliche Zeichen für den Klimaschutz setzen. Durch ihre Investmentstrategien können sie erneuerbare Energien fördern oder eben Industrien, die für die Klimaerwärmung mitverantwortlich sind, den Geldhahn zudrehen.
Entsprechenden Druck machen NGOs wie Urgewald oder Unfriendcoal auf Versicherungen, der Kohle konsequent den Rücken zu kehren.
- Sie fordern ein „Divestment„ für Kohlekraftwerke und Bergbau und
- einen Stopp des Versicherungsschutzes der Kohlebetriebe.
So erklärte die Allianz schon Ende 2015, ihre Gelder künftig nachhaltig anzulegen und nicht mehr in Unternehmen der Kohleindustrie zu investieren. 2018 gaben auch Swiss Re und Munich RE ihre Ausstiegspläne aus der Kohleindustrie bekannt. Die angekündigten Pläne sehen jedoch Ausnahmen vor, unter anderem für bestehende Kohlekraftwerke:
- Der WWF analysierte die Ankündigungen der Allianz – das Ergebnis: Der Kohleausstieg bezieht sich auf als weniger als ein Prozent der gesamten Investitionen bezieht. Im Mai 2018 besserte Allianz ihre Rückzugspläne nach. Bis 2040 sollen dann auch die letzten Verträge mit Kohlekraftwerken auslaufen.
- Die Ankündigung von Munich RE kommentierte Urgewald als zu zögerlich und es bestünden noch viele Schlupflöcher für Investitionen in Kohle.
Für Versicherungen ist Klimawandel ein Risiko
Versicherungen beschäftigen sich in der Tat schon seit längerem intensiv mit dem Klimawandel und den finanziellen Folgen. So bearbeitet die Munich RE, wie andere Versicherungen auch, klimarelevante Themen in verschiedenen Abteilungen.
Die forschenden Mitarbeitenden sollen die Risiken, die sich aus dem Klimawandel ergeben, bewerten. Denn Versicherungen leben davon, Risiken zu berechnen, um die Versicherungsprämien entsprechend festzulegen. Ist das Risiko höher, als vorhergesehen, kann dieser Versicherungsvertrag Verluste schreiben.
Die Klimaforscher:innen der Munich RE sehen die Risiken für Versicherungen hauptsächlich durch extremes Wetter mit Starkregen und Hagel sowie lange trockene Sommer:
- Es soll öfter zu Überschwemmungen und Sturzfluten kommen. So ist vorstellbar, dass auch Regionen, die bislang selten von Hochwasser betroffen waren, künftig häufiger von Wasser bedroht sind. Das wird Auswirkungen auf die Prämien bei Gebäude- und Hausratversicherungen haben.
- Doch auch wenn Naturkatastrophen wie Wirbelstürme oder Feuersbrünste nach Prognose der Expert:innen nicht zunehmen müssen, könnten die Schäden den Versicherungen teurer zu stehen kommen. Die Städtegebiete dehnen sich immer weiter aus, dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Wirbelsturm oder Buschfeuer auf bewohnte Gebiete trifft.
Trockene Sommer wie 2018 sind wohl nur ein Vorgeschmack auf kommende Hitzeperioden:
- Die Ernten, vor allem in Südeuropa, leiden durch die Hitze und dem Mangel an Wasser.
- Wie der Sommer 2018 gezeigt hat, können solche Dürrezeiten auch den Norden Europas, Nordamerika und Australien betreffen.
- Die Versicherungen sehen sich mit neuen Risiken bei der Ernteausfallversicherung für Landwirt:innen konfrontiert.
Der Klimawandel kostet Versicherungen schon jetzt Geld
Die Munich RE ist als einer der größten Rückversicherer von Umweltkatastrophen weltweiten betroffen. So sind bei ihnen auch US-amerikanische Versicherung gegen teure Schäden aus Naturkatastrophen rückversichert. Dadurch sind die Kosten der versicherten Naturkatastrophen transparent.
- Die Hurrikane-Serie in den USA und der Karibik führte wieder zu Rekordschäden für das Jahr 2017.
- Die Buschbrände in Kalifornien summierten sich zu den bislang teuersten Feuerschäden mit rund 10 Milliarden US-Dollar.
- Für die Ernteausfallversicherung sind Milliarden Euro veranschlagt, um die Schäden in Nordeuropa aus dem trockenen Sommer zu bezahlen.
Das Hochwasser im Sommer 2021 waren laut Angaben von Munich RE die teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten in Deutschland. Das treibt auch die Rückversicherungspreise in Europa in die Höhe.
Versicherungen: Der Klimawandel als Tagesgeschäft
Laut eigen Aussagen will Munich RE nicht nur auf den Klimawandel reagieren, sondern dazu beitragen, den Klimawandel zu bewältigen. Auch die Allianz verkündete, den Klimawandel ins Kerngeschäft zu holen und betonte, dass der Klimaschutz nicht an der Finanzierung scheitern solle.
Viele Versicherungskonzerne folgen zunehmend einer nachhaltigen Investmentstrategie und investieren auch in erneuerbare Energien und Projekte zum Klimaschutz:
- Den Rahmen für nachhaltige Geldanlagen geben die sogenannten ESG-Kriterien vor. Die Abkürzung steht für: Environmental, Social and Governance – Umwelt, Soziales und ethische Unternehmensführung.
- Nachhaltige Investmentfonds nehmen nur Unternehmen auf, die den ESG-Standard erfüllen, zum Beispiel vergibt das Forum für nachhaltige Geldanlagen (FNG) ein Nachhaltigkeits-Siegel für Investmentfond.
In den Versicherungen arbeiten die verschiedenen Fachleute an neuartigen Versicherungslösungen, um die Produkte „fit“ für den Klimawandel zu machen.
Die Munich RE zum Beispiel sieht im Klimawandel sogar neue Geschäftspotentiale:
- Versicherungen für erneuerbare Energieanlagen inklusive Versicherung für Verlustausfall.
- Versicherung von neuen Risiken für Landwirt:innen und Agrarbetriebe.
- Erweitere Versicherungen für Naturkatastrophen.
Sowohl Munich RE und Allianz beteiligen sich zusammen mit NGOs an einem Forschungsprojekt, der Munich Climate Insurance Initiative, kurz MCII. Das Ziel des Projektes ist es, bezahlbare Versicherungen für Menschen und Staaten im globalen Süden zu entwickeln. Die Versicherung soll sie vor den finanziellen Folgen von Naturkatastrophen sichern. Bislang sind die Staaten im Katastrophenfall meist auf Spenden angewiesen.
Die Versicherungen würden sich damit eine völlig neue Kundengruppe erschließen, die sich bislang keine Versicherung leisten konnte. Das Journal Internationale Politik und Gesellschaft sieht den Konflikt, jedoch ließen sich so Versicherungen für soziale Zwecken nutzen. Bedingung wäre, dass Industrienationen mit dem Risiko auch die Kosten übernehmen. Das könnte die Staaten im Süden dann tatsächlich entlasten.
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