Lavendel gilt als Paradies für Bienen und andere Bestäuber. Seine duftenden lila Blüten versprechen Nahrung für Insekten. Doch ein aktueller Test von Öko-Test zeigt: Viele der Pflanzen, die wir gutmeinend kaufen, sind mit einem regelrechten Pestizid-Cocktail belastet – Stoffe, die für Bienen und sogar uns Menschen gefährlich sein können.
Bienen, Wildbienen und Schmetterlinge finden heutzutage immer weniger Nahrung. Der Verlust der Artenvielfalt und der Einsatz von Pestiziden sind zentrale Gründe für das Insektensterben. Lavendelarten wie Echter Lavendel (Lavandula angustifolia) und Schopflavendel (Lavandula stoechas) sind grundsätzlich sehr gute Nahrungsquellen für Bestäuber, da sie reichlich Pollen und Nektar liefern. Sie eignen sich – eigentlich – hervorragend, um selbst auf dem kleinsten Balkon oder im Garten ein wertvolles „Bienenparadies“ zu schaffen und so den Insekten zu helfen.
Lavendel bei Öko-Test: Wie bienenfreundlich sind die Stauden?
Eine Öko-Test-Untersuchung von 16 verschiedenen Lavendelpflanzen offenbart jetzt aber ein schockierendes Problem: Viele der gekauften Pflanzen waren stark mit Pestiziden belastet. Teilweise wurden in einer einzigen Pflanze bis zu elf verschiedene Pestizide nachgewiesen. Das Perfide daran: In einer vermeintlichen Bienenweide stecken Spritzgifte, die als hochgradig gefährlich für Bienen gelten.
Pestizid-Cocktails und ihre fatale Wirkung auf Bienen
Unter den gefundenen Spritzmitteln waren Wirkstoffe, die Öko-Test als „extrem bienentoxisch“ einstuft: „Die Insektizide Spinosad und Deltamethrin wirken als Nervengift, führen zu Krämpfen, Lähmung und schließlich zum Tod der Bienen, wenn diese sie zum Beispiel mit dem Nektar aufnehmen.“
Schon eine winzige Menge von weniger als zwei Mikrogramm pro Biene kann tödlich sein. Die amerikanische Umweltschutzbehörde US EPA stuft diese Gifte deshalb als stark bienentoxisch ein. Die Tester:innen von Öko-Test sind der Meinung: Solche Substanzen haben auf Pflanzen, die als Bienenweide dienen sollen, nichts verloren.
Aber nicht nur einzelne, hochgiftige Stoffe sind das Problem. Die Labore fanden oft ganze Pestizidcocktails. Studien deuten darauf hin, dass eine Mischung verschiedener Wirkstoffe für Bienen besonders gefährlich sein kann, da sich ihre Effekte gegenseitig verstärken und potenzieren können. Ein Beispiel dafür ist das Insektizid Acetamiprid: Allein angewendet gilt es laut US EPA „nur“ als leicht bienengiftig. Eine Studie der Uni Würzburg von 2024 zeigte jedoch, dass die Kombination von Acetamiprid mit bestimmten Fungiziden die Bienensterblichkeit signifikant erhöhte. Da viele andere Wechselwirkungen noch nicht ausreichend erforscht sind, werten die Tester:innen eine Mehrfachbelastung im Test grundsätzlich ab.
Verlierer im Lavendel-Test
Verlierer im Test waren:
- Lavendel ‚Purpur Passion‘, Lavandula stoechas von Dehner (Note „mangelhaft“)
- Lavandula angustifolia D14 von Hagebau (Note „ungenügend“)
- Lavandula angustifolia D14 von Pflanzen-Kölle (Note „ungenügend“)
Risiken jenseits der Bienen: Gefahr für Mensch und Umwelt
Die nachgewiesenen Pestizide sind nicht nur eine Gefahr für Bestäuber. Auch wenn die Pflanzen nicht für den Verzehr gedacht sind und für die Käufer:innen wohl keine unmittelbare Gefahr besteht, so sind doch die Arbeiter:innen, die die Lavendelkulturen während ihrer Anzuchtphase behandeln mussten, diesen Mitteln direkt ausgesetzt. „Das finden wir nicht hinnehmbar“, so Öko-Test. Mehr als ein Dutzend der insgesamt 35 nachgewiesenen Wirkstoffe werden von Öko-Test als „besonders bedenklich“ eingestuft.
Ein weiterer alarmierender Punkt: Auf einigen Pflanzen wurden sogar Pestizide gefunden, die in der EU gar nicht mehr zugelassen sind. Dazu zählt das Fungizid Carbendazim, das als reproduktionstoxisch und erbgutverändernd gilt und seit 2014 verboten ist, sowie das potenziell krebserregende Thiophanat-methyl.
Die gute Nachricht: Es gibt auch bienenfreundlichen Lavendel!
Trotz der erschreckenden Funde gibt es auch positive Nachrichten: Der Test zeigte, dass nicht alle Lavendelpflanzen belastet sind. Einige schnitten mit „sehr gut“ (Stauden Merz ‚Hidcote Blue‘ Lavandula angustifolia von Sunflower Garten-Center) oder „gut“ (z.B. Lavandula angustifolia 6er-Pack von Globus Baumarkt) ab. Das bedeutet: Es ist möglich, unbelasteten Lavendel zu finden, der wirklich eine Hilfe für Bienen ist.
Alle Details und Testergebnisse kannst du in der Öko-Test-Ausgabe 06/2025 oder online auf ökotest.de nachlesen. Bis 26.06.25 sind die Testergebnisse gratis abrufbar.
Nicht nur in Lavendel findet sich Pestizid-Cocktail
So unschön die Testergebnisse sind – neu ist die Problematik nicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat bereits 2023 in seinem Zierpflanzentest Lavendel, Goldmarie, Blaukissen, Akelei und Phlox getestet – allesamt Pflanzen, die als bienenfreundlich gelten. Er hat jede Menge Pestizide gefunden, die für Bienen, aber auch für uns Menschen gefährlich sind.
- 96 Prozent der getesteten Proben enthielten Pestizide.
- Zwei Drittel enthielten sogar fünf und mehr Pestizide.
- Dabei wurden auch Rückstände von sieben Pestiziden gefunden, die in der EU gar nicht zugelassen sind.
Damit bestätigt der stichenprobenartige Test: Die allermeisten Sommerblüher enthalten giftige Rückstände.
So kannst du beim Einkauf giftige Pflanzen vermeiden
Leider lässt sich beim Kauf von Zierpflanzen nicht erkennen, unter welchen Bedingungen sie produziert wurden. Denn es gibt weder Kennzeichnungspflichten noch Grenzwerte. Bis die gefährlichen Pestizide verboten und aus der Produktionskette ausgeschlossen sind, helfen diese Tipps:
- Kauf am besten Bio-Pflanzen oder zumindest Zierpflanzen, bei denen du sicher bist, dass sie in deiner Region gezogen wurden.
- Pflanze am besten mehrjährige Stauden. Die blühen mehrere Jahre und müssen nicht jedes Jahr aufs Neue gekauft werden.
- Statt neue Pflanzen zu kaufen, kannst du fragen, ob du von Bekannten Ableger, Samen oder einzelne Pflanzen bekommen kannst.