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Montessoripädagogik: Ein alternatives Konzept für die Schule

Montessoripädagogik
Foto: CC0 / Pixabay / annca

„Hilf mir, es selbst zu tun!“ gilt als Grundgedanke der Montessoripädagogik. Hier erfährst du alles, was du zu dem alternativen Schulkonzept wissen solltest.

Montessoripädagogik ist eine alternative Lehrmethode. Namensgebend für die Montessoripädagogik ist Maria Montessori, die als eine der ersten Frauen ein Medizinstudium mit Doktorgrad abschloss. Sie entwickelte eine Alternative zu herkömmlichen Konzepten der Pädagogik, um Kinder in ihrer individuellen Entwicklung zu fördern.

Als Leitsatz gilt das Prinzip „Hilf mir, es selbst zu tun!“. Das Kind steht im Mittelpunkt und wird als einzigartige und selbstständige Persönlichkeit wahrgenommen. Die Pädagogik orientiert sich an den Bedürfnissen des Kindes.

Die Montessoripädagogik geht davon aus, dass jedes Kind in einem anderen, eigenen Rhythmus lernt und über einen angeborenen Drang zum Lernen verfügt. Dieses Interesse, Dinge zu lernen und zu entdecken, soll in einem selbstbestimmten Lernprozess gefördert werden. Hierbei wird viel Wert auf die Freiheit des Kindes gelegt.

Welche Ziele verfolgt Montessoripädagogik?

Lernprozesse sollen Freude machen.
Lernprozesse sollen Freude machen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Mihail_fotodeti)

Ein Hauptziel der Montessoripädagogik liegt in der Entwicklung des Kindes zu einer selbstständigen und individuellen Persönlichkeit. Die Kinder sollen lernen, Verantwortung für sich und ihr Handeln zu übernehmen. Zudem sollen Erwachsene und Kinder verständnisvoll und respektvoll miteinander umgehen. 

Lernprozesse werden dabei nicht von einer Autoritätsperson vorgegeben, sondern erfolgen aus der inneren Motivation des Kindes heraus. Vielleicht hast du auch schon die Erfahrung gemacht, dass Dinge, die du aus eigenem Antrieb lernst, mit viel mehr Freude und Lernerfolgen einhergehen.

Allgemein lassen sich folgende Ziele aus der Montessoripädagogik ableiten:

  • Gruppenfähigkeit, Gruppenregeln verstehen, hinterfragen und entwickeln
  • Selbstbewusstsein entwickeln, den eigenen Platz finden, eigene Stärken und Schwächen benennen können
  • Selbstständigkeit, bei Bedarf Hilfe einholen
  • Kommunikationsfähigkeit, zuhören können und Bedürfnisse angemessen äußern
  • Kreativität, Ideen entwickeln und umsetzen
  • Resilienz, Stresssituationen angemessen bewältigen
  • Verantwortungsbewusstsein gegenüber sich selbst und anderen, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme

Außerdem können Ziele von Montessori-Schulen sein:

  • Positive Einstellung zur Schule: Individuelle Lernaufgaben motivieren Kinder, da sie auf deren Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt sind. So können sie im eigenen Tempo arbeiten und Aufgaben beliebig oft wiederholen. Erfolgserlebnisse stärken die Freude am Lernen.
  • Konzentrationsfähigkeit: Eine anregende Lernumgebung weckt die Neugier der Kinder und schafft die Grundlage für kreatives Lernen. Durch vielfältige Aufgaben lernen sie, ihre Aufmerksamkeit länger auf eine Aufgabe zu richten.
  • Initiative und Durchhaltevermögen: Ansprechende Materialien regen die Kinder dazu an, Aufgaben selbstständig zu beginnen und zu Ende zu führen. Mit der Zeit entwickeln sie dadurch Eigeninitiative und Ausdauer – Eigenschaften, die für Führungskompetenzen wichtig sind.
  • Innere Sicherheit und Ordnungssinn: Eine klar strukturierte, geordnete Umgebung gibt Kindern Sicherheit und Ruhe. Alles hat seinen Platz, was das Bedürfnis nach Ordnung befriedigt und eine beruhigende Wirkung auf die Kinder hat.

Methoden der Montessoripädagogik

Innerhalb der Montessoripädagogik kommen unterschiedliche Materialien zum Einsatz.
Innerhalb der Montessoripädagogik kommen unterschiedliche Materialien zum Einsatz.
(Foto: CC0 / Pixabay / bethL)

Da Kinder für sich selbst lernen sollen, verzichtet die Montessoripädagogik weitestgehend auf Lehrkräfte im klassischen Sinne. Auch eine Benotung gibt es zunächst nicht und Schüler:innen können nicht sitzen bleiben und ein Jahr wiederholen.

So funktionieren die Leistungseinschätzungen:

  • Statt mit Noten arbeiten Montessorischulen mit Berichten zur Lernentwicklung. Diese beinhalten wertschätzende Informationen darüber, wie sich das Kind entwickelt. Sie heben dabei die Stärken des Kindes hervor.
  • Darüber hinaus werden Montessorischüler:innen dazu motiviert, sich selbst einzuschätzen. Selbstreflexion und das selbstständige Erkennen von Fehlern gelten als zentrale Methoden der Montessoripädagogik.

So werden die zu lernenden Inhalte gefunden:

  • Die Kinder sollen selbst entscheiden, mit welchen Themen sie sich beschäftigen. Der Montessori-Lehrplan bietet dabei offiziell fünf Lernbereiche an: Sinnesmaterial, Übungen des täglichen Lebens, Mathematikmaterial, Sprachmaterial und Material zur „kosmischen Erziehung“.
  • Auch den Zeitraum und die Art und Weise des Lernens sollen sie bestimmen. Sie befinden sich dabei in speziell vorbereiteten Räumen, die so gestaltet wurden, dass sie den natürlichen Drang zum Lernen anregen. Dabei spielen sowohl Farben und Formen als auch die Orientierung an den Bedürfnissen der Kinder eine essenzielle Rolle.
  • Außerdem ist es wichtig, dass die Materialien für alle Kinder zugänglich, ordentlich und vollständig sind. Innerhalb dieses Rahmens entscheiden die Kinder, welche Arbeitsmaterialien sie nutzen möchten, ob sie alleine, mit einer anderen Person oder in einer Gruppe arbeiten wollen und wo sie lernen.

Manche Montessorischulen führen ab einer bestimmten Klassenstufe Noten ein, damit die Kinder später weiterführende Schulen besuchen können.

Die Rolle von Lehrkräften in der Montessoripädagogik

Lehrkräfte sind in der Montessoripädagogik nicht Autoritätspersonen, sondern Ansprechpartner:innen und Begleiter:innen der Kinder. Ihre Hauptaufgabe liegt darin, die Lernumgebung zu gestalten und die einzelnen Kinder zu beobachten. Die Lehrkräfte bieten den Schülern bei Bedarf Hilfe an und unterstützen sie, selbst Lösungen für Probleme zu finden. Zudem regen sie die Kinder an, eigene Methoden zu finden, um ihre Lernziele umzusetzen. 

Wichtig in der Montessoripädagogik sind außerdem die sogenannten sensiblen Phasen, die jedes Kind in seiner Entwicklung durchläuft. In solchen Phasen lernt das Kind einen bestimmten Aufgabenbereich spielerisch und besonders erfolgreich (so gibt es etwa eine sensible Phase fürs Zahlenlernen). Es ist die Aufgabe der Lehrkraft, diese Phasen zu erkennen und durch Anbieten gezielter Materialien zu unterstützen. 

Kritik an Montessoripädagogik

Zwar werden die Methoden der Montessoripädagogik heutzutage vorwiegend positiv wahrgenommen. Es gibt jedoch auch Kritikpunkte an den Methoden sowie auch an den Inhalten der Schriften von Maria Montessori.

Der Bundesverband Montessori Deutschland fasst die Kritikpunkte so zusammen:

  • Naturalismus: Montessori wird vorgeworfen, in ihrem frühen Werk von einem naturalistischen Menschenbild auszugehen, das sich zu stark an den biologischen Entwicklungsstufen orientiert und gesellschaftliche Aspekte vernachlässigt.
  • Individualismus und Kollektivismus: Ihre Pädagogik fokussiere sich stark auf individuelle Förderung, was einerseits die Persönlichkeitsentwicklung unterstützt, andererseits aber gemeinschaftliche Werte und soziale Kompetenzen möglicherweise zu wenig betone.
  • Intellektualismus: Kritiker:innen sehen eine Überbetonung der intellektuellen Förderung und vermissen die Einbeziehung emotionaler und kreativer Komponenten.
  • Mystizismus: Montessori wird eine Tendenz zum Mystizismus nachgesagt, indem sie Erziehung als spirituelle Aufgabe und das Kind als „Erlöser der Menschheit“ darstellt, was skeptisch gesehen wird.
  • Frühes Umfeld: Ihre frühen Ansichten zur Sonderpädagogik und Erziehung von Kindern mit Behinderungen spiegelten damalige gesellschaftliche Einflüsse, etwa rassistische und eugenische Gedanken, die aus heutiger Sicht problematisch sind.
  • Beziehung zu autoritären Regimen: Ihre Zusammenarbeit mit Mussolini zur Einführung der Montessoripädagogik in Italien wird kritisch betrachtet. Auch spätere Äußerungen, in denen sie Mussolini und Hitler als negative, aber erfolgreiche Beispiele nennt, werden teils missverstanden oder als fragwürdig betrachtet.
  • Inklusion: Montessori wird kritisiert, weil sie für getrennte Beschulung von Kindern mit Behinderungen eintrat, obwohl dies laut Bundesverband auf die damaligen fehlenden Inklusionskonzepte zurückzuführen sei.
  • Verständnis des Werkes: Kritiker:innen weisen darauf hin, dass Montessoris Werke keine systematischen Abhandlungen sind und häufig aus Mitschriften bestehen. Zudem sind viele Schriften sprachlich und bildlich überhöht, was zu Missverständnissen führen kann.

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Überarbeitet von Denise Schmucker

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