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Multitasking: Kann das überhaupt effizient sein?

Mann kann nicht alles haben - oder doch?
Foto: CC0 / Pixabay / chenspec

Was ist dran am Multitasking? Einige halten es für ineffizienten Aktionismus, andere für ein Tool, um Zeit zu sparen. Überfordern wir uns täglich oder können Menschen doch multitasken?

Multitasking: Wir essen, während wir E-Mails beantworten, wir beantworten E-Mails, während wir kochen. Wir schauen eine Serie und shoppen nebenbei am Smartphone oder kuscheln die Katze, während wir einen Artikel über das Multitasking schreiben.

Mit dem Begriff des Multitasking konnten in den Anfängen der Digitalisierung eher Programmier:innen und Computer-Profis etwas anfangen. Die Fähigkeit eines Betriebssystems, mehrere Aufgaben, sogenannte Tasks, parallel auszuführen, machte Computer zukunftsweisend. Vor mehr als zehn Jahren trat der Begriff vermehrt im Zusammenhang mit kognitiven Prozessen des menschlichen Gehirns auf. Multitasking im Kontext der Psychologie beschreibt die Fähigkeit, mehrere Tätigkeiten gleichzeitig zu verrichten. 

Multitasker erledigen nichts gleichzeitig

Es ist ein Irrtum zu glauben, Multitasking sei eine Gleichzeitigkeit und keine Abfolge.
Es ist ein Irrtum zu glauben, Multitasking sei eine Gleichzeitigkeit und keine Abfolge.
(Foto: CC0 / Pixabay / chenspec)

Die Begriffsdefinition des Multitaskings ist allerdings irreführend: Während wir Multitasking ausführen, erledigen wir nicht mehrere Dinge gleichzeitig, sondern wir hüpfen in einer hohen Geschwindigkeit von einem Task zum nächsten. So macht es ebenfalls der Computer, auch wenn seine Geschwindigkeit die eines menschlichen Gehirns ums Vielfache übersteigt und wir daher nicht imstande sind, sie zu erfassen: Den Nutzer:innen kommt es nur so vor als würden auf der Festplatte mehrere Prozesse gleichzeitig ablaufen.

Die Fähigkeit des Multitaskings bei Menschen muss differenziert betrachtet werden. Zu einem gewissen Grad kann Multitasking sehr wohl die gewünschten Ergebnisse erzielen. Das wird beim Autofahren deutlich: Wir können das Auto bremsen und gleichzeitig die Schaltung bedienen. Das liegt daran, dass dies Bewegungen oder Gedankengänge sind, die einem einzigen Ziel unterlegen sind. In diesem Fall: sicher vor einer roten Ampel zum Stehen zu kommen.

Eine Studie der Universität Würzburg bestätigt, dass Multitasking nicht per se weniger effizient ist: Die Proband:innen sollten ein richtungsweisendes Wort wie „links“ sagen und eine entsprechende Taste drücken. Bei dem Experiment kam heraus, dass es den Personen sogar leichter fiel, beides gleichzeitig zu tun als nacheinander. Das Unterdrücken einer der Tätigkeiten hat mehr Gehirnressourcen in Anspruch genommen als die parallele Ausführung. 

Doch komplexe Aufgaben, bei denen eine Person eventuell auch wohlüberlegte Entscheidungen treffen muss, benötigen volle Konzentration und einen Fokus. Unser Gehirn ist nicht fähig, vielschichtige Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Eine Nachricht zu beantworten und gleichzeitig beim Meeting aufmerksam zuzuhören, ist nicht möglich. Studien belegen immer wieder, wie ineffizient und sogar schädlich Multitasking für unsere Kognition und mentale Gesundheit sein kann. 

Ist Multitasking effizient? Das sagt die Wissenschaft

Die meisten Studien sind sich beim Thema Multitasking einig.
Die meisten Studien sind sich beim Thema Multitasking einig.
(Foto: CC0 / Pixabay / chenspec)

Laut einer Studie des Psychiatrischen Institutes der University of London sinkt der IQ um zehn Punkte, wenn wir eine E-Mail beantworten und uns gleichzeitig unterhalten. Dieser Abfall ist tiefer als beim Grasrauchen oder nach einer durchzechten Nacht. Vermutlich fällt so weder die E-Mail gekonnt aus noch ist das Gespräch für unser Gegenüber befriedigend, weil wir nur unaufmerksam zugehört haben. 

Auch das Gedächtnis leidet beim Multitasking unter der Anstrengung, viel auf einmal zu erledigen. In einer Studie der Universität Stanford konnten Wissenschaftler:innen anhand eines Tests mit dem Spiel „Memory“ nicht nur belegen, dass Multitasking das Gehirn stresst: Das Experiment zeigte zudem ein schlechteres Erinnerungsvermögen bei Multitasker:innen. Jene Proband:innen, die zuvor in Interviews angegeben hatten, sehr intensiv Medien-Multitasking, also das Konsumieren mehrerer Medien gleichzeitig, zu betreiben, schnitten schlechter in den Gedächtnisübungen ab als der Rest. 

Neben dem Erinnerungsvermögen testeten die Forscher:innen die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmenden. Untersucht wurde die Fähigkeit, schnell die Veränderung eines Bildes zu erkennen. Per Eye-Tracking verfolgten sie die Pupillenreaktion der Proband:innen und zeichneten mittels der Elektroenzephalografie (EEG) deren Hirnaktivität auf. Die ausgewerteten Daten zeigten, dass die Multitasker:innen weniger effizient waren. Sie brauchten mehr Zeit und erledigten ihre Aufgaben weniger aufmerksam als die Gegengruppe. 

Was die Hirnaktivität angeht: Unter Multitasker:innen waren bestimmte Hirnaktivitätsmuster, die mit dem episodischen Gedächtnis zusammenhängen, nicht so ausgeprägt wie bei Menschen, die während der Studie selten oder nie Multitasking betrieben.

Das episodische Gedächtnis ist eine Unterart des Langzeitgedächtnisses und unter anderem dafür zuständig, Ergebnisse zu speichern, die uns unmittelbar betreffen. Vereinfacht gesagt: Alle schönen und schlimmen Erinnerungen, an die wir uns noch Jahre später erinnern. Der Duft von Omas Kuchen oder der Tod des geliebten Haustieres. Wer sich oft des Multitaskings bedient, speichert weniger (und unaufmerksamer) Erinnerungen aus seinem Leben. 

Frauen und Männer liegen beim Multitasking gleichauf

Seit Langem ist die Annahme verbreitet, Frauen seien im Multitasking besser. Das ist ein inzwischen wissenschaftlich widerlegtes Klischee. Auch die Gehirne von Frauen sind gestresst, wenn sie sich zum Beispiel im Homeoffice um Beruf und Baby gleichzeitig kümmern müssen. Im Rahmen einer Studie der RWTH Aachen ließen Forscher:innen Frauen und Männer auf einem Bildschirm erscheinende Buchstaben zu Vokalen oder Konsonanten zuordnen. Gleichzeitig sollten sie Zahlen als gerade oder ungerade bestimmen. Beide Geschlechter schnitten gleich schlecht ab. 

Multitasking macht uns somit nicht effizienter. Unser Gehirn hat sich im Laufe der Evolution auf Konzentration und Fokus spezialisiert, kann besonders gut filtern und priorisieren. Wir trainieren ihm diese effizienten Eigenschaften nach und nach ab, indem wir multitasken. Durch diese Fehlkonditionierung werden wir vergesslicher und anfälliger für Fehler. 

Durch gezielte Übungen kann das Gehirn seinen Fokus jedoch wieder zurückerlangen und mit der Zeit wird es dir wieder leichter fallen, dich zu konzentrieren. Passende Konzentrationsübungen findest du hier: Effektive Mittel, um die Konzentration zu steigern

Multitasking kann man dem Kopf abgewöhnen

Es gibt Wege, dein Gehirn wieder effizient arbeiten zu lassen.
Es gibt Wege, dein Gehirn wieder effizient arbeiten zu lassen.
(Foto: CC0 / Pixabay / chenspec)

Multitasking bringt für die meisten Menschen also eher Nachteile mit sich – doch nicht für alle. Tatsächlich kam eine Studie der Utah University zum Ergebnis, dass es durchaus Menschen gibt, die mühelos multitasken. Diese sogenannten „Super Tasker“ sind aber sehr selten. Schätzungen zufolge besitzen weniger als drei Prozent der Menschheit diese Ausprägung. Für alle anderen gilt daher: Lieber voll und ganz auf eine Aufgabe konzentrieren, als alles auf einmal erledigen zu wollen. 

Mit diesen Tipps und Tricks kannst du dir Multitasking im Alltag abgewöhnen: 

  • Wir neigen dazu, uns eine Ablenkung zu suchen, um Aufgaben aufzuschieben, die besonders komplex oder unbeliebt sind. Mithilfe des Prinzips „Eat the Frog“ kannst du Aufgaben effektiv priorisieren und so Schluss mit dem Aufschieben machen: Eat the Frog: Wie ein Frosch beim Zeitmanagement hilft. Dabei geht es darum, die unangenehmste Aufgabe zuerst zu erledigen. Danach ist der Tag frei, um dich auf andere Sachen zu konzentrieren. 
  • Unterteile deinen Tag in Blöcke. Alles hat seine Zeit, nutze sie bewusst. Beantworte zum Beispiel Nachrichten und E-Mails in Blöcken zu bestimmen Tageszeiten. Dabei kann dir die Deep-Work-Methode helfen. 
  • Stelle dir einen Wecker oder einen Timer und bleibe in dieser Zeit konzentriert bei der Arbeit. Solltest du sehr anfällig für Störungen sein, setze die Zeit kurz an. Für den Anfang helfen schon gut machbare fünfzehn Minuten. Du kannst auch die Pomodoro-Technik ausprobieren, bei der du nach jeweils 20 Minuten konzentrierter Arbeit fünf Minuten Pause machst. 
  • Wichtig beim konzentrierten Arbeiten: Identifiziere alle vermeidbaren Störungsquellen und schalte sie aus. Das Handy kannst du zum Beispiel in den Konzentrationsmodus stellen und dadurch nur auf eine reduzierte Auswahl an Funktionen zugreifen. So bist du weniger geneigt, das Smartphone zur Ablenkung zu nutzen. Du willst es radikaler? Unsere Autorin hat eine Woche ohne ihr Smartphone gelebt: Handyfasten: Smartphone-Diät im Selbstversuch
  • Du willst nicht ganz ohne Multitasking? Beschränke dich am besten auf routinierte Aufgaben wie Bügeln oder Ordner abheften, während der Kopierer läuft. 
  • Setze dich nicht unter Druck und gebe nicht auf. Das Gehirn muss umtrainiert werden und das dauert. Stresse dich nicht, wenn die Veränderungen nicht gleich gelingen oder du mehrere Rückfälle erlebst.

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