Nachhaltiges Papier kaufen: Darauf solltest du achten Von Sarah Brockhaus Kategorien: Umweltschutz Stand: 23. Februar 2020, 16:34 Uhr Foto: CC0 / Pixabay / myrfa Über 230 Kilo Papier verbraucht ein durchschnittlicher Mensch in Deutschland jährlich. Dafür werden häufig große Waldflächen abgeholzt. Wie du deinen Papierverbrauch umweltfreundlicher gestaltest, erfährst du hier. Vom Baum zum Papier: Wie wird Papier produziert? Mit der Erfindung des Buchdrucks entstand auch die Nachfrage nach kostengünstigem Druckmaterial. (Foto: CC0 / Pixabay / cocoparisienne) Die Herstellung von Papier hat eine jahrtausendelange Tradition: Bereits ungefähr 180 Jahre vor Christus kannten die Chinesen das Geheimnis der Papierherstellung aus Hanffasern. In Europa hat sich dieses Wissen sehr viel später verbreitet, denn erst im 12. Jahrhundert gelangte es mit den Arabern auf den Spanischen Kontinent. 1390 schließlich gab es die erste Papiermühle auf deutschem Boden, nämlich in Nürnberg. Mehr zur Geschichte der Papierproduktion kannst du auf Planet Wissen nachlesen. Heutzutage wäre eine Welt ohne Papier gar nicht mehr denkbar. Rund 230 Kilogramm Papier verbraucht jeder Deutsche jährlich, so das Informationsportal Waldwissen. Drei verschiedene Prozesse können den Ausgangsstoff für Papier bilden: Um Zellstoff als Ausgangsprodukt zu gewinnen, muss das für die Papierherstellung verwendete Holz in einer schwefligen Lauge oder Säure gekocht werden. Die Fasern, die sich dabei herauslösen, können zur Herstellung eines holzfreien Papiers verwendet werden. Ein anderer Ausgangsstoff ist Holzstoff oder Holzschliff: Hierbei werden die Fasern mechanisch, also zum Beispiel durch Zerreiben, aus dem Holz gelöst. Das Endprodukt ist ein holzhaltiges Papier. Für Altpapierstoff als Ausgangsprodukt muss das Altpapier erst aufgelöst und die Fasern dann gewaschen werden. Letzeres heißt auch Deinking, also wörtlich etwa die Entfernung der Tinte. Der Arbeitsprozess, der sich an die Gewinnung der Fasern anschließt, ist bei allen drei Ausgangsstoffen ähnlich: Der Zellstoff, Holzschliff oder Altpapierstoff wird gereinigt und gesiebt. Dann wird das Ganze mit Hilfsstoffen oder Füllstoffen wie beispielsweise Leim versetzt. Die gesamte Masse wird auf eine große Fläche gestrichen, in der Regel ein Sieb, damit das Wasser abtropfen kann. Anschließend entziehen Filzmatten der feuchten Papiermatte noch mehr Wasser. Zuletzt läuft das Papier über beheizte Zylinder, die das Wasser verdampfen, und durch eine Stahlpresse. Je nach Papierprodukt muss das Papier am Ende noch abgeschliffen werden. Dann kann das Papier geschnitten und aufgerollt oder als Bündel gepackt werden. Mehr zum Prozess der Papierstellung findest du auf der Seite des Umweltbundesamtes. Das Holz, das zur Papierherstellung in Deutschland verwendet wird, stammt größtenteils aus Finnland und Schweden. Aber auch Kanada und Brasilien sind große Zellstofflieferanten für Deutschland, so Pro Regenwald. Laut dem BR ist Deutschland nach den USA der zweitgrößte Zellstoffimporteur und der viertgrößte Papierproduzent weltweit. Häufig mussten dafür artenreiche Wälder Baumplantagen mit nicht-heimischen Bäumen weichen. Das bedroht die Artenvielfalt und fördert das Artensterben massiv. Brasiliens Eukalyptusplantagen beispielsweise werden wegen dieser geringen Artenzahlen bereits als grüne Wüsten bezeichnet. Auch indigene Völker und Kleinbauern sind von der boomenden Papierwirtschaft häufig bedroht. Sie müssen ihr Land aufgeben oder leiden unter der Verschmutzung der Gewässer durch die Abwässer der Papierherstellung. Das betrifft auch Kanada: Dort sind in vielen Gegenden die Lachse vom Aussterben bedroht, weil die Flüsse durch den Holzeinschlag verschlammen. Gebleichtes vs. ungebleichtes Papier Papier, das mit Chlor gebleicht wird, ist nicht nachhaltig. (Foto: CC0 / Pixabay / minthu) Häufig gibt es bei der Papierherstellung noch einen Zwischenschritt: Das Papier wird gebleicht. Dadurch sollen Vergilbungen oder andere Verfärbungen verschwinden. Laut Pro Regenwald gibt es verschiedene Stoffe, die beim Bleichen zum Einsatz kommen: Chlor Chlordioxid Sauerstoff Wasserstoffperoxid Ozon Peroxoessigsäure Das Problem: Beim Bleichen mit Chlor entstehen sogenannte chlorierte Kohlenwasserstoffe und die sind sehr umweltschädlich. Diese chemischen Verbindungen werden nur langsam abgebaut und wenn Lebewesen sie durch die Nahrung aufnehmen, dann schädigen sie Nervengewebe, Leber und Nieren, so das Verbraucherinformationsportal Öko-fair. Das Bleichen mit Chlordioxid ist da etwas besser: Hierbei entstehen zumindest weniger chlorierte Kohlenwasserstoffe. Hierbei entsteht „nur noch“ etwa ein Kilo solcher Verbindungen pro verarbeiteter Tonne Zellstoff. Es bleibt aber schwierig, das Abwasser von Zellstofffabriken so zu reinigen, das keine schädigenden Stoffe in die Umwelt gelangen. Leider sind die Bleichverfahren ohne Chlor, also mit Sauerstoff oder sauerstoffhaltigen Stoffen wie Ozon oder Wasserstoffperoxid, nur wenig verbreitet. Weltweit machen sie nur fünf Prozent aus, während nach wie vor 20 Prozent des Zellstoffs mit elementaren, also purem Chlor gebleicht wird. Der überwiegende Teil wird mit Chlordioxid gebleicht. Die Aufschrift „chlorfrei gebleicht“ ist dabei aber irreführend: Denn „chlorfrei gebleicht“ heißt nur, dass das Bleichverfahren ohne elementares Chlor stattfindet – Chlordioxid ist dabei aber sehr wohl erlaubt. In Deutschland sind chlorhaltige Bleichverfahren nicht zulässig. Das bietet dir einen ersten Anhaltspunkt, um tatsächlich chlorfreies und somit nachhaltigeres Papier zu kaufen. Allerdings sind die Lieferwege des Zellstoffs häufig für einen Außenstehenden eher undurchsichtig, weshalb es durchaus sein kann, dass der Zellstoff anderswo in chlorhaltigen Verfahren gebleicht wurde. Papierrecycling und Recyclingpapier Altpapier zu recyceln spart Wasser, Energie und Holz. (Foto: CC0 / Pixabay / Monsterkoi) Wenn du Papier kaufst, solltest du dich stets für nachhaltiges Recycling-Papier entscheiden. Laut dem Umweltbundesamt spart die Herstellung von Recycling-Papier ein Drittel der Wassermenge und die Hälfte der Energie, die für die Herstellung von Primärfaser-Papier, also Papier aus dem frisch aus Holz gewonnenen Zellstoff, gebraucht wird. Die Papierindustrie zählt zu den fünf energieintensivsten in Deutschland, so das Umweltbundesamt. Weltweit gehen fünf Prozent des gefällten Holzes in die Papierproduktion. Auch hier hilft Recycling, die Menge an Holzverbrauch zu reduzieren. 1,2 Kilo Altpapier werden benötigt, um ein Kilo Recycling-Papier herzustellen. Ein Kilo Recycling-Papier spart wiederum 2,2 Kilo Holz ein, die ansonsten für die Herstellung von Primärfaserpapier benötigt werden würde. Ein vollständiger Verzicht auf Holz wird aber auch zukünftig in der Papierbranche nicht möglich sein. Wie Öko-fair erklärt, werden die Papierfasern bei jedem Recycling-Vorgang kürzer, sie lassen sich also nicht unendlich wiederverwerten. Daher müssen wir auch in Zukunft noch Holz in der Papierproduktion einsetzen. Aber: Graues, qualitativ schlechteres Recycling-Papier war gestern. Heutzutage ist Recycling-Papier so gut wie gar nicht mehr von Primärfaserpapier zu unterscheiden. Auch der Chemieeinsatz ist bei der Herstellung von Papier aus Altpapier geringer, weshalb es weniger giftig für Umwelt und Menschen ist. Daher ist es sinnvoller, Altpapier zu recyceln statt es zur Energiegewinnung zu verbrennen. Ob das passiert, hast auch du in der Hand. Denn zuerst muss Papier richtig entsorgt werden, damit es in den Recycling-Kreislauf gehen kann. Diese Siegel bieten dir Orientierung beim Papierkauf Recyclingpapier ist nicht nur nachhaltig, sondern auch strahlend weiß. (Foto: CC0 / Pixabay / weinstock) Wie aber findest du ein möglichst umweltfreundliches Papier? Dafür gibt es einige Siegel, die dir bei der Entscheidung helfen. Der Blaue Engel ist dabei eines der bekanntesten und verlässlichsten. Folgende Kriterien muss ein Papier mit dem Blauen Engel erfüllen: Es besteht zu 100 Prozent aus Altpapier Beim Bleichen dürfen keine chlorhaltigen Bleichmittel eingesetzt werden Gefährliche Chemikalien sind bei der Herstellung verboten Die Gebrauchstauglichkeit ist gewährleistet Auf dem Blauen Engel basieren die Siegel ÖKOPA, ÖKOPAplus und vup, die ähnliche Kriterien haben und vor allem bei Schulheften zum Einsatz kommen. Greenpeace empfiehlt nachhaltiges Papier mit der Bezeichnung UWS-Papier: Hierbei wird auf Deinking und Bleichverfahren verzichtet. Schwieriger gestaltet es sich mit dem FSC-Siegel. Hierbei lassen sich drei Siegel unterscheiden, die aber noch nicht unbedingt Umweltfreundlichkeit garantieren: Das Siegel FSC-Mix garantiert, dass zumindest 70 Prozent des verwendeten Holzes aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. Das FSC-Siegel soll 100 Prozent Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft garantieren. Lediglich FSC-Recycled garantiert, dass das Papier aus zu 100 Prozent aus Altpapier besteht, alle anderen Papiere bestehen in der Regel aus Frischfasern. Umweltbundesamt und Greenpeace kritisieren außerdem, dass die Kriterien für FSC-Recycled deutlich weniger streng sind als beispielsweise beim Blauen Engel. Auch das PEFC-Label soll zwar Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft garantieren, ist aber kein Zeichen für Recyclingpapier und Greenpeace sieht große Schwächen in dem Siegel. Auch das EU-Ecolabel bietet nur wenig Anhaltspunkte für wirklich umweltfreundliches Papier, es fordert zwar eine geringere Abwasserbelastung und einen niedrigeren Energieverbrauch, die Anforderungen an eine nachhaltige Forstwirtschaft werden aber vom Umweltbundesamt als zu niedrig angesehen. Außerdem fordert das EU-Ecolabel nur bei Zeitungspapier eine Altpapierquote von 70 Prozent. Grundsätzlich gilt: Besser ein Siegel statt kein Siegel. Wenn du aber die Wahl hast, solltest du für nachhaltiges Papier möglichst immer auf strengere Siegel wie den Blauen Engel oder auch das UWS-Siegel zurückgreifen. Tipps zum Papiersparen und für einen nachhaltigen Umgang mit Papier Zu vielen Papierprodukten wie Taschentüchern gibt es umweltfreundlichere Alternativen. (Foto: CC0 / Pixabay / Tabeajaichhalt) Wer das richtige Papier kauft, Papier spart und Papier richtig recycelt, der trägt viel zum Umweltschutz bei. Daher haben wir einige Tipps für dich, wie du mit Papier möglichst nachhaltig umgehen kannst: Der erste Schritt ist das richtige Recycling: Trenne dein Papier sorgfältig – Zeitungen und Zeitschriften, Schulhefte, Bücher, Geschenkpapier, Verpackungen und bedrucktes Papier dürfen alle in die Blaue Tonne. Nicht in die Blaue Tonne hingegen gehören Kassenzettel, Backpapier, wasserabweisende Papier wie zum Beispiel Plakate oder Papier mit Klebeflächen, also zum Beispiel Post-Its, Briefumschläge oder Adressaufkleber – es sei denn, sie sind mit dem Blauen Engel gekennzeichnet Bestelle überflüssige Prospekte und Zeitschriften ab und hefte einen „Bitte keine Werbung“-Aufkleber an deinen Briefkasten Drucke nicht alles aus, sondern lese auch digital Bedrucke Papier beidseitig, manchmal reicht es sogar, zwei Seiten auf ein Blatt zu drucken Verwende einseitig bedrucktes Papier als Schmierpapier Achte darauf, nur Recycling-Papier zu kaufen. Auch Bücher sind zum Teil auf nachhaltigem Recycling-Papier gedruckt. Wann genau ein E-Book-Reader die bessere Wahl ist, hängt von deinem Lesevolumen ab. Aber ab ungefähr 30 Büchern insgesamt hat ein E-Book-Reader eine bessere Umweltbilanz als die gleiche Anzahl an Büchern, so eine Studie des Öko-Instituts. Nutze fürs Drucken sogenannte Green-Printing-Software: Diese entfernt überflüssige oder leere Seiten aus dem Druckvorgang. Du kannst mit dem Nachhaltigkeitsrechner der Initiative Pro Recyclingpapier den Ressourcenverbrauch zwischen Recyclingpapier und konventionellem vergleichen. Für besondere Anlässe gibt es auch Papier aus Fairem Handel. Das ist handgeschöpftes Papier, das unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Bei den Handarbeitsverfahren gelangen nur wenig umweltschädliche Stoffe in die Umwelt und auf Hilfsstoffe kann in der Regel verzichtet werden. Servietten, Papierhandtücher, Küchenpapier und Taschentücher enthalten bestimmte Stoffe, damit sie sich beim Kontakt mit Wasser nicht gleich auflösen. Das macht es schwieriger, sie zu recyceln. Verwende daher solche Papierprodukte nur in geringem Umfang oder verzichte auf sie, wo es möglich ist. Du kannst zum Beispiel Stofftaschentücher selbst herstellen. Bäume pflanzen: So kannst du helfen, den Schaden, der durch die Papierindustrie zustande kommt, zu minimieren und unsere Wälder zu erhalten. Weiterlesen auf Utopia: PVC: Was du über den Kunststoff wissen solltest Grüner Punkt: Recycling mit dem dualen System Zero Waste auf Reisen: Müll clever aus dem Urlaub verbannen ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. War dieser Artikel interessant? 13 2 Vielen Dank für deine Stimme! 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