IT-Jobs: sehr gutes Gehalt, unbefristete Vollzeitstellen und viele Arbeitnehmervorzüge. Aber wenn du dir die Sinnfrage stellst, helfen Obstkörbe und Kicker wenig.
Job-Überangebot: Fachkräftemangel im Berufsfeld IT
2016 stieg die Nachfrage nach Arbeitskräften im IT-Bereich um 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr an. Unbesetzte Stellen bleiben durchschnittlich 116 Tage vakant, so der aktuelle Bericht über IT-Fachleute der Bundesagentur für Arbeit. Damit haben Informatiker, Softwareentwickler, Webdesigner, Systemadministratoren und IT-Consultants die Qual der Wahl.
IT-Unternehmen wissen das und bieten deshalb jede Menge zusätzlicher Anreize: Von Home Office und sogenannter Slack Time, in der eigene Ideen und Technologien fernab vom Tagesgeschäft ausprobiert werden dürfen, über Hackathons, in denen gemeinsam und kreativ an neuen Softwarelösungen gearbeitet wird, bis hin zu “Bring-your-own-Device”-Policies, die die dienstliche Nutzung privater Arbeitsgeräte ermöglicht. All das soll den Arbeitnehmern die Arbeit so angenehm wie möglich machen. Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur ist hingegen (noch) kein etablierter Faktor der Arbeitnehmerbindung in IT-Unternehmen.
Nachhaltigkeitsaspekte in der IT-Branche
Dabei können IT-Unternehmen in einigen Aspekten viel tun. Denn hier haben kleine Schritte oft schon große Auswirkungen.
- Hardware: Computer und Smartphones wachsen nicht auf Bäumen. IT-Unternehmen wie Telefónica Deutschland Holding AG oder G Data Software AG sind Partner des gemeinnützigen IT-Unternehmens AfB, das ausgemusterte Firmen-Hardware aufbereitet und second hand verkauft.
- Energieeffizienz: Arbeitscomputer haben 2016 in Deutschland vier Terrawattstunden Strom verbraucht – und da sind die Server noch nicht berücksichtigt. Einige US-amerikanische IT-Giganten wie Cisco, die auch in Deutschland aktiv sind, setzen sich deshalb in dem Non-Profit-Konsortium „The Green Grid“ ein, das sich für ressourcenschonende IT-Lösungen einsetzt. Ähnlich arbeitet die niederländische „The-Green-Web-Foundation„, bei der du nachsehen kannst, ob Webseiten grün gehostet werden.
- Open source: Nicht jedes Code-Schnipsel muss neu von dir erfunden werden. Kooperative Software-Entwicklung spart Zeit, Kosten und du lernst etwas dabei. Heute ist open source in allen großen IT-Unternehmen im Einsatz, Vorreiter hierzulande ist SAP.
- Datensicherheit: Unzureichendes Datenmanagement bis hin zu Datenverlusten sind unternehmensintern und gegenüber Endkunden das Gegenteil von nachhaltig: teuer, reaktiv und unverantwortlich. Die 1&1 Internet SE und viele Arbeitgeber der öffentlichen Hand achten darauf, dass alle Daten in Deutschland gehostet und keine fremden Skripte verwendet werden.
- CSR (Corporate Social Responsibility): Den Rundumschlag bezüglich nachhaltiger Unternehmenskultur bieten SAP oder IT-Unternehmen wie die Scout AG, die 2015 mit dem CSR Award ausgezeichnet worden ist. Dieser kombiniert Unternehmenskultur mit sozialem und gesellschaftlichem Engagement. Weitere Zertifikate sind ISO 26000, CTO die Gemeinwohl-Bilanz und für den Mittelstand der Traumfirma-Award.
In wachstumsgetriebenen Unternehmen zahlen diese Aspekte systemimmanent auf die ökologische Seite der Nachhaltigkeit ein. Von sauberen Dokumentationen, Refactoring oder unternehmensweiten GitHub-Repositories verspricht man sich einen Wettbewerbsvorteil, während Cloud-Server Energie sparen. Aber natürlich stimmt auch: Die Produkte und Features, die du dort baust und wartest, sind damit noch lange nicht sinnvoll.
Wenn das Feature, das du codest, sinnlos ist
Der Code-Monkey-Blues befällt dich? Dann stellt sich dir die Sinn- beziehungsweise Irrsinn-Frage:
- Zum Beispiel, wenn du zum wiederholten Mal während der Abnahme neue Anforderungen von deinem Produktmanager untergejubelt bekommst, die du nicht nachvollziehen kannst.
- Oder, wenn das Feature, an dem du codest, seine Daseinsberechtigung allein dem Gutdünken des gewinnoptimierenden Vorstandes zu verdanken hat.
- Oder das gesamte Produkt, das dein Team und du entwickeln, nicht nur nicht nachhaltig, sondern schlicht sinnentleert ist.
Laut einer repräsentativen Studie des Instituts für betriebliche Gesundheitsförderung geben 92 Prozent der Befragten eine interessante Tätigkeit als den entscheidenden Glücks- und Motivationsfaktor ihrer Arbeit an, während gleichzeitig 80 Prozent sagen, dass eine Tätigkeit, die keinen Spaß bereitet, ein Kündigungsgrund ist.
Umgekehrt sind Mitarbeiter, die sich ihrer Firma emotional verbunden fühlen, seltener krank, weisen weniger Qualitätsmängel auf und sind 20 Prozent produktiver als Kollegen, die sich nicht mit der Arbeit identifizieren.
Kurzum: Sinnstiftende Arbeit motiviert, schützt vor Krankheiten und schenkt Lebensfreude. Sinnfreie Arbeit erzeugt das Gegenteil.
Sinnvolle IT-Jobs finden
Stiftungen, soziale oder öffentliche Einrichtungen, Non-Profit-Organisationen, aber auch Vereine, Thinktanks, Social-Business-Start-ups oder gemeinnützige GmbHs versprechen dir: Hier kannst du mit der eigenen Arbeit etwas Gutes tun und damit Geld verdienen.
Denn wieso auf energieeffiziente Server in IT-Großunternehmen warten, wenn man – wie das Dresdner Start-up Cloud&Heat – ein energieeffizienteres Rechenzentrum als Google selber bauen kann?
Du kannst in herkömmlichen Jobbörsen nach diesen Unternehmensformen filtern. Einige Jobbörsen wie Jobverde und The Changer kombinieren Stellenangebote aus dem Nachhaltigkeitssegment mit ganz normalen.
Andere Jobbörsen wie NachhaltigeJobs.de, Talents4Good oder die nachhaltigen Stellenangebote von Utopia schränken die Auswahl von vornherein ein, sind dafür aber treffsicherer.
Fazit: dein Leben, dein Code
Bei den Großen der IT-Branche und Mittelständlern kannst du intern vieles anregen. Denn aufgrund des Fachkräftemangels hast du hier Einflussmöglichkeiten. Gleichzeitig gilt, dass nicht überall, wo NGO draufsteht, ein arbeitnehmerfreundliches Betriebsklima herrscht.
Letztlich hast du die Wahl und somit die Verantwortung deine Ansprüche und Werte zu leben: Deine IT-Skills und Softwareentwicklung können die Welt verbessern oder für das nächste Clickbaiting-Feature verwendet werden. Eine Übersicht über grüne Jobbörsen findest du bei uns.
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