Quiet Firing beschreibt eine besonders unfaire Methode, Angestellte aus dem Arbeitsverhältnis zu entlassen. Statt direkt eine Kündigung zu erhalten, sollen sie auf subtile Weise vergrault werden. Erfahre hier, wie du Quiet Firing erkennen kannst.
Nach Quiet Quitting kursiert nun das neue Buzzword Quiet Firing in den sozialen Medien. Es soll auf ein altbekanntes Problem in der Arbeitswelt aufmerksam machen: Mitarbeiter:innen so lange zu vernachlässigen oder aktiv zu vergraulen, bis sie von sich aus das Handtuch werfen und kündigen.
Mit dieser Art der „stillschweigenden Kündigung“ wollen Chef:innen Konfrontationen und Abfindungszahlungen vermeiden. Für die Betroffenen bedeutet das jahrelange Erfahrungen mangelnder Unterstützung und Anerkennung sowie verweigerter Aufstiegsmöglichkeiten.
Wie sieht Quiet Firing aus?
Quiet Firing bedeutet, dass ein:e Angestellte:r keine direkte Kündigung erhält, sondern auf subtile Weise dazu gebracht wird, aus Frust und Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation freiwillig zu kündigen.
Quiet Firing kann sich beispielsweise anhand dieser Warnzeichen äußern:
- Aufstieg wird verwehrt: Chef:innen schließen bestimmte Mitarbeiter:innen jahrelang von Gehaltserhöhungen, Beförderungen und sonstigen Wachstumsmöglichkeiten (wie der Teilnahme an Weiterbildung) aus. Ärger über fehlende Aufstiegsaussichten und unfaire Vergütung sollen die Betroffenen zu einem Jobwechsel drängen.
- Zu wenige oder unnötige Aufgaben: Besonders effizient lässt sich Frust unter den Angestellten schüren, wenn sie nur noch ihre Zeit absitzen können. Daher bekommen sie keine neuen Aufgaben und werden nicht mehr an Projekten beteiligt. Alternativ beladen Arbeitgeber:innen sie mit sinnlosen Aufgaben, die viel Zeit erfordern, aber eigentlich unnötig sind. Die Angestellten bekommen so möglicherweise das Gefühl, einen „Bullshit Job“ auszuüben, mit dem sie nichts Positives bewirken können. Oft kommt es in so einem Fall auch zu einem Boreout. Es kann aber auch das Gegenteil der Fall sein, wenn du Aufgaben erledigen musst, die du einfach nicht bewältigen kannst. Das frustriert ebenso.
- Dauerhafte Kritik statt konstruktives Feedback: Arbeitgeber:innen legen den Betroffen nahe, dass sie nie gut genug sind, indem sie nur noch negatives Feedback und ausschließlich schlechte statt konstruktiver Kritik geben. Es kann auch vorkommen, dass statt dir selbst andere Mitarbeiter:innen Lob für deine Arbeit bekommen. Das zermürbt die Betroffenen oft so sehr, dass sie von sich aus beschließen, einen anderen Job zu suchen.
- Du spielst keine Rolle mehr: Wer keine Meeting-Einladungen mehr erhält, bei der Vergabe von neuen Aufgaben keine Berücksichtigung findet und wessen Ideen nie umgesetzt werden, fühlt sich am Arbeitsplatz nutzlos und außen vor. Das Gefühl, keine Rolle mehr zu spielen, soll Quiet-Firing-Betroffene dazu bringen, das Handtuch zu werfen.
- Umzug für den Job: Eine weitere Möglichkeit des Quiet Firing ist, wenn für die Arbeit ein Umzug an einen anderen Ort verlangt wird. Viele Menschen kündigen dann, da sie Familie haben oder ihre Heimat nicht verlassen wollen.
Quiet Firing erstreckt sich meist über längere Zeiträume, in denen sich die Vorfälle nach und nach häufen. Ziel des Quiet Firing ist es nämlich, möglichst unauffällig eine Kündigung durch die Arbeitnehmer:innen herbeizuführen. Daher ist es oft auch subtiler als Mobbing am Arbeitsplatz und kann sehr frustrierend sein.
Quiet Firing ist ein Managementproblem
Obwohl es sich auch bei einer direkten Kündigung in der Regel um keine angenehme Erfahrung handelt, ist Quiet Firing eine besonders ungerechte Art des Entlassens. Über Jahre hinweg erlebt die betroffene Person Ablehnung, Ausschluss und Vernachlässigung, damit sie dazu gebracht wird, selbst zu kündigen.
Die Gründe dafür, dass sich Unternehmen das aktive Feuern sparen wollen, sind zahlreich:
- Aufgrund der Regelungen des Kündigungsschutzes ist es für Arbeitgeber:innen teilweise nicht möglich, Arbeitnehmer:innen zu entlassen. In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten muss die Führungsetage beispielsweise einen konkreten Kündigungsgrund nennen. Diese Regelungen sollen willkürlichen Entlassungen vorbeugen und die Sicherheit der Arbeitnehmer:innen garantieren. Quiet Firing ist in diesem Fall dann der Versuch, die betroffene Person auf anderem Weg loszuwerden.
- Kündigst du selbst, muss das Unternehmen auch eine mögliche Abfindung nicht zahlen.
- Zudem sind manche Führungskräfte ihrer Aufgabe schlicht nicht gewachsen. Manche sind sich der Konsequenzen ihres problematischen Führungsstils gar nicht bewusst. Andere drücken sich aus Angst vor offener Konfrontation vor einem Kündigungsgespräch. Stattdessen hoffen sie, dass sich die Situation „von allein“ löst und der:die Arbeitnehmer:in von sich aus geht.
Quiet Firing ist also in erster Linie ein Managementproblem und kein Problem der Angestellten.
"Quiet Firing" ist weit verbreitet
Obwohl der Begriff „Quiet Firing“ relativ neu im Gebrauch ist, ist die damit beschriebene Methode des Entlassens an sich kein unbekanntes Phänomen. Viele Arbeitnehmer:innen haben bereits die Erfahrung gemacht, durch subtiles Vergraulen und Vernachlässigen aus dem Unternehmen gedrängt worden zu sein.
Das geht laut dem US-amerikanischen Online-Magazin von CNBC aus einer Umfrage der Jobplattform LinkedIn hervor. Von über 20.000 Befragten gaben 48 Prozent an, dass sie schon einmal Quiet Firing im Umfeld am Arbeitsplatz erlebt haben. 35 Prozent waren im Lauf ihrer Karriere selbst davon betroffen.
"Quiet Firing": Das kannst du dagegen tun
Hegst du den Verdacht, von Quiet Firing betroffen zu sein, kannst du Folgendes tun:
- Protokolliere deine Leistung: Du bekommst immer nur negatives Feedback, obwohl du dir sicher bist, gute Leistungen zu erbringen? Dann kannst du beginnen, deine Aufgaben und Erledigungen schriftlich zu dokumentieren. So kannst du im nächsten Gespräch mit Führungskräften klare Fakten auf den Tisch legen und damit der Kritik an deiner Performance etwas Konkretes entgegensetzen. Dazu rät auch das bekannte Forbes Magazine.
- Hilfe von der Personalabteilung: Möchtest du nicht das direkte Gespräch mit Vorgesetzten suchen, kannst du dich zunächst an die Personalabteilung wenden. So kannst du sicherstellen, dass deine Beschwerden protokolliert werden. In manchen Unternehmen gibt es zudem spezielle Beauftragte, denen du dich anvertrauen kannst und die bei eventuellen Gesprächen vermitteln und moderieren können. Hast du die Vermutung, dass dein Aussehen, deine Herkunft oder dein Geschlecht Grund für das Quiet Firing sind, kannst du gezielt das Gespräch zu Gleichstellungsbeauftragten des Unternehmens suchen. In diesem Fall und bei anderen schweren Ausprägungen von Quiet Firing kannst du auch in Erwägung ziehen, eine:n Anwält:in einzuschalten.
- Suche das Gespräch: Es kann schwierig sein, deine Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation offen zu kommunizieren. Beim Quiet Firing besteht schließlich das Problem darin, dass Vorgesetzte genau solchen Gesprächen aus dem Weg gehen wollen. Wenn du dich dazu in der Lage fühlst, kann ein direktes Gespräch mit Vorgesetzten jedoch dabei helfen, dem Quiet Firing ein Ende zu setzen. Teile im Gespräch mit, was dich stört und dass du daran interessiert bist, im Unternehmen wachsen zu können und mit neuen Herausforderungen betraut zu werden. Frage zudem nach quantifizierbaren Maßstäben für „gute Arbeit“, damit ihr gemeinsam überprüfen könnt, ob und wann du diese objektiven Kriterien erfüllst.
- Nutze das Quiet Firing aus: Wenn du merkst, dass der:die Arbeitgeber:in dich auch nach dem Gespräch weiterhin ausbremst und ignoriert, solltest du überlegen, ob du tatsächlich weiterhin für dieses Unternehmen arbeiten möchtest. Das Quiet Firing bietet dir immerhin die Möglichkeit, dir Zeit bei der Jobsuche zu lassen.
Fazit: Chef:innen müssen bei "Quiet Firing" handeln
Dein Handlungsspielraum bei Quiet Firing stößt also schnell an Grenzen, wenn Vorgesetzte nicht willens sind, zu kooperieren. Grundsätzlich ist Quiet Firing aber vor allem ein Problem des Unternehmens. Denn durch die problematischen Methoden der Führungsetage leiden schließlich in erster Linie die Arbeitsatmosphäre, die Leistungserbringung und Effizienz und das Image des Unternehmens. Wenn Vorgesetzte Arbeitnehmer:innen ausbremsen, bremsen sie langfristig das gesamte Unternehmen aus.
Es sollte deshalb vor allem auch ein zentrales Anliegen der gesamten Führungsetage sein, in eine gute Beziehung zu Beschäftigten zu investieren und mithilfe von offener Kommunikation nach gemeinsamen Lösungen und Kompromissen zu suchen.
Überarbeitet von Lea Hermann
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