Schon wieder Überstunden? Wie du pünktlich Feierabend machst Von Luise Rau Kategorien: Beruf Stand: 5. Februar 2023, 20:00 Uhr Foto: CC0 / Pixabay / StartupStockPhotos Überstunden gehören für viele Menschen zum Arbeitsalltag dazu. Warum zu viele Überstunden uns jedoch langfristig gesundheitlich schaden können und wie du es schaffst deinen Feierabend einzuhalten, erfährst du hier. Eigentlich hättest du längst Feierabend, doch in letzter Minute hat dich dein:e Vorgesetzte:r noch gebeten, eine Stunde länger zu bleiben. Schließlich sind heute so viele Mitarbeitende ausgefallen. Oder du hast seufzend einen Blick auf die lange To-Do-Liste geworfen und hast selbst beschlossen, erst noch ein paar Dinge abzuhaken, bevor du das Büro verlässt. Überstunden sind in vielen Branchen keine Seltenheit. Laut einem Bericht des Statistischen Bundesamtes leisteten 2021 etwa 4,5 Millionen Angestellte in Deutschland Mehrarbeit. Der Bereich der Finanz- und Versicherungsleistungen sticht dabei besonders hervor: Jede:r fünfte Angestellte war in dieser Branche von Mehrarbeit betroffen. Von den 4,5 Millionen Arbeitnehmer:innen leistete über ein Viertel mehr als 15 Stunden Mehrarbeit pro Woche. Dies entspricht also einer wöchentlichen Arbeitszeit von 55 Stunden. Ein solches Arbeitspensum kann fatale Konsequenzen mit sich bringen. Dazu gehören etwa vernachlässigte Freundschaften, Einsamkeit, erhöhter Stress, Schlaflosigkeit, psychische Probleme oder andere Erkrankungen. Rechtliche Grundlagen: Überstunden vs. Mehrarbeit In Deutschland gibt es aus rechtlicher Sicht einen Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit: Von Mehrarbeit ist die Rede, wenn du an einem Tag über die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit von acht Stunden hinausgehst. Die zusätzlich geleistete Arbeit muss dabei innerhalb von 24 Wochen ausgeglichen werden. Du bekommst dann also einen sogenannten Freizeitausgleich und kannst an anderen Tagen weniger arbeiten. Im Rahmen der Mehrarbeit darf die tägliche Arbeitszeit jedoch maximal auf zehn Stunden verlängert werden. Der Begriff Überstunden meint die Arbeitszeit, die über die individuell vertraglich oder tarifrechtlich geregelte Arbeitszeit hinausgeht. Sie werden von der:dem Vorgesetzten entweder konkret angeordnet beziehungsweise geduldet. Wie Überstunden vergütet sind, regeln die Tarif- beziehungsweise Arbeitsverträge. Laut Gesetz müssen Überstunden dabei jedoch nicht höher vergütet werden als die normale Arbeitszeit. Wenn eine Person also laut ihrem Vertrag 25 Stunden pro Woche arbeitet, an zwei Tagen jedoch nicht nur fünf, sondern jeweils sieben Stunden bleibt und somit auf 29 Wochenstunden kommt, liegen Überstunden, jedoch keine Mehrarbeit vor. Schließlich wurde dabei eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten. Überstunden müssen Angestellte übrigens nur dann leisten, wenn dies vorher mit dem Vorgesetzten vereinbart wurde. Eine Ausnahme bilden lediglich Notfälle, also ungewöhnliche, nicht vorhersehbare Ereignisse. Personalmangel oder liegengebliebene Aufgaben werden nicht als Notfälle eingestuft. Im eingangs beschriebenen Beispiel hält sich der Vorgesetzte also nicht an diese Regelung, denn er kann dich nicht in letzter Minute (ohne konkreten Notfall) bitten, länger zu bleiben. Überstunden: Wie effektiv sind sie wirklich? Wir denken oft, Überstunden würden uns produktiver machen. Langfristig gesehen ist dies jedoch ein Trugschluss. (Foto: CC0 / Pixabay / StartupStockPhotos) Chief Marketing Officer Joe Staples hilft Unternehmen dabei, das tägliche Arbeitschaos zu reduzieren und die Arbeitszeiten ihrer Angestellten besser einzuteilen. Im Interview mit dem Forbes Magazin erläutert er, dass Überstunden der Produktivität langfristig nichts nützen, sondern ihr sogar eher schaden. Denn auch wenn Angestellte an einem Tag länger da bleiben und am Ende viele Aufgaben erledigt haben, haben sie dafür für den Rest der Woche (oder sogar länger) weniger Energie. Kurzfristig Überstunden zu schieben, weil beispielsweise eine wichtige Deadline ansteht, sei dabei nicht das Problem. Wenn Überstunden jedoch als normaler Berufsalltag empfunden werden, ist dies in der Regel auf ein schlechtes Management des Unternehmens zurückzuführen. Ähnlich argumentiert auch das Magazin Business News Daily. Fälschlicherweise setzen viele Menschen die reine Anwesenheit am Arbeitsplatz mit höherer Produktivität gleich: Bleibe ich länger, kann ich mehr erledigen. Tatsächlich seien Angestellte jedoch vor allem dann motiviert, leistungsfähig und kreativ, wenn sie glücklich sind. Und für Glück und Zufriedenheit braucht es ausreichend Pausen und Entspannung. Wie Mehrarbeit unserer Gesundheit schadet Zu lange Arbeitstage führen unter anderem zu Schlaf- und Bewegungsmangel. (Foto: CC0 / Pixabay / JayMantri) Regelmäßige Überstunden schaden jedoch nicht nur dem jeweiligen Unternehmen oder den Arbeitgeber:innen, sondern in erster Linie uns selbst. Laut einer Studie der WHO und IAO sei es weltweit durchaus verbreitet, mehr als 55 Stunden pro Woche zu arbeiten. Eine solche Arbeitszeit könne das Risiko für einen Schlaganfall oder einer Erkrankung der Herzkranzgefäße erhöhen. Angaben der Cleveland Clinic zufolge können lange Arbeitszeiten zudem dazu führen, dass unser Körper vermehrt Stresshormone ausschüttet. Dies könne wiederum Bluthochdruck, „Brain Fog“ (eine eingeschränkte kognitive Leistungsfähigkeit) und andere Beschwerden begünstigen. Zu weiteren Nebenwirkungen von regelmäßigen Überstunden gehören: Zu wenig Schlaf: Beschäftigen wir uns fast nur noch mit unserer Arbeit, kann dies auch unseren Schlafrhythmus beeinträchtigen. Wir liegen dann etwa nachts wach und denken weiter über To-Do-Listen, Deadlines, neue Projekte und tägliche Probleme am Arbeitsplatz nach und können einfach nicht abschalten. Am nächsten Tag sind wir unausgeschlafen, übermüdet, haben kaum Energie, schleppen uns aber trotzdem wieder auf die Arbeit. Zu wenig oder ungesundes Essen: Langes Arbeiten kann auch dazu führen, dass wir Mahlzeiten überspringen. Dies fördert wiederum Heißhungerattacken und insbesondere den Konsum ungesunder und zuckerhaltiger Snacks. Bewegungsmangel: Sitzen wir zehn Stunden oder länger am Laptop, bleibt kaum noch Zeit für Bewegung. Nach einem so langen Arbeitstag sind wir zudem oft zu müde und erschöpft, um jetzt noch Sport zu machen. Dies kann zu Bewegungsmangel und damit einhergehenden weiteren Beschwerden führen. Weniger Freundschaften: Zu viele Überstunden können dazu führen, dass wir soziale Bindungen vernachlässigen. Dies fördert wiederum Einsamkeit und damit verbundene psychische Beschwerden. Alkohol- und Drogenmissbrauch: Alkohol und andere Drogen sind ein gängiges Mittel, um Stress und Überforderung kurzfristig besser bewältigen zu können. Langfristig gefährden wir damit die Gesundheit unseres Körpers umso mehr. Pünktlich in den Feierabend: So geht's Um konzentriert arbeiten zu können, sind Pausen und Erholung wichtig. (Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap) Überstunden und lange Arbeitstage sollten wir also aus mehreren Gründen besser vermeiden. Das ist oft leichter gesagt als getan. Denn im Berufsalltag kann es manchmal schwer sein, auf seinen Feierabend zu bestehen und Aufgaben auch mal für den nächsten Tag liegen zu lassen. Folgende Tipps können dir dabei helfen: Überdenke deine Arbeitseinstellung: Laut dem Forbes Magazin bleiben viele Angestellte länger auf der Arbeit, um Vorgesetzten zu zeigen, wie hart und engagiert sie arbeiten können. Pünktlich Feierabend zu machen gilt hingegen in vielen Unternehmen als egoistisch oder gar faul. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn du selbst eine solche Perspektive verinnerlicht hast. Führe dir jedoch vor Augen, dass dein Leben nicht nur aus deinem Beruf besteht und dass dein Beruf auch nicht zwingend wichtiger ist als dein Privatleben. Pünktlich Feierabend zu machen heißt zudem nicht, dass du weniger oder nicht genug machst, sondern einfach, dass du dich an die vereinbarten Arbeitszeiten hältst. Und schließlich ist ausreichend Erholung und Freizeit wichtig, damit du morgen wieder motiviert loslegen kannst. Plane deinen Tag: Jeden Tag schaust du kurz vor Feierabend auf deine To-Do-Liste und musst noch so viel erledigen? Dann kann es dir helfen deine Tagesplanung zu überdenken. Setze dir jeden Tag realistische Ziele und notiere, welche Aufgabe die höchste Priorität haben. Besonders dringliche und unangenehme Aufgaben solltest du zuerst erledigen. Lerne, Nein zu sagen: Dein:e Vorgesetzte:r will dir zehn Minuten vor Feierabend noch eine umfangreiche Aufgabe aufdrücken? Auch wenn es schwer fällt, solltest du in solchen Fällen lernen, Nein zu sagen. Das kannst du durchaus gleichzeitig freundlich und bestimmt formulieren, zum Beispiel indem du entgegnest: „Ich habe gleich Feierabend. Ich kann die Aufgabe aber gern übernehmen und gleich morgen früh bearbeiten.“ Baue Pausen ein: Damit du einen ganzen Arbeitstag lang konzentriert und motiviert arbeiten kannst, sind kleine Erholungspausen zwischendurch wichtig. Scheue dich also nicht, deine Mittagspause auszuschöpfen oder auch zwischendurch immer mal wieder den Blick schweifen zu lassen, kurz aufzustehen, ein paar Schritte zu gehen oder dich kurz zu dehnen. 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