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Schuhe gebraucht kaufen: Expertin warnt vor „Verformungen“ an Füßen

Schuhe gebraucht kaufen: clever oder schädlich?
Foto: CC0 Public Domain - Pexels/ cottonbro studio

Gebrauchte Schuhe sind günstiger als neue, gerade bei Kindern greifen viele zu getragenen Modellen. Doch es gibt Bedenken: Können gebrauchte Schuhe Füßen schaden? Eine Expertin erklärt, wieso diese Sorgen nicht unbegründet sind und wie man vorbeugt.

Immer mehr Menschen in Deutschland kaufen Secondhand-Kleidung, das geht aus diversen Statistiken hervor. Das Marktforschungsunternehmen Kantar hat im Auftrag von Momox beispielsweise 1.037 Menschen befragt – 2019 hatte nur knapp die Hälfte schon einmal Secondhand-Kleidung gekauft, 2021 über zwei Drittel. Laut einer repräsentativen Befragung, die YouGov 2021 im Auftrag von eBay Kleinanzeigen und mit wissenschaftlicher Begleitung des Wuppertal Instituts durchgeführt hat, entscheiden sich 28 Prozent bei Kleidung, Accessoires und auch bei Schuhen bevorzugt für gebrauchte Produkte.

Dabei sind Schuhe wahrscheinlich deutlich umstrittener als Secondhand-Ware als es Kleidung und Accessoires sind. Zwar führen die meisten Flohmärkte, Second-Hand-Läden und auch viele Secondhand-Onlineshops Schuhe im Sortiment. Auch sehen viele kein Problem darin, gebrauchte Schuhe zu kaufen: Diese sind schließlich oft günstiger als neue und sie zu nutzen schont Ressourcen. Aber andere finden die Idee, Schuhe anderer Leute zu tragen, unhygienisch und fürchten um negative Folgen. Die Sorgen sind nicht ganz unbegründet, stellt Jeannette Polster gegenüber Utopia klar. Sie ist Vorsitzende des Bundesverbands für Podologie, also medizinische Fußpflege.

Schuhe gebraucht kaufen: Fußpilz-Gefahr?

Fußpilz gehört zu den häufigsten Hauterkrankungen. „Das Risiko einer Ansteckung durch gebrauchte Schuhe besteht durchaus“, bestätigt Expertin Polster. Auf Gegenständen, Flächen und Textilien könnten die Pilzsporen Wochen bis Monate überleben, selbst das Waschen von Textilien unter 60 Grad birgt eine Überlebensrate von 10 – 15 Prozent. Viele Schuhe kann man nicht einfach in der Waschmaschine waschen, vor allem nicht bei so hohen Temperaturen. Polster rät, gebrauchte Schuhe nach dem Kauf zu desinfizieren. Dafür gibt es im Handel eigens Produkte zu kaufen.

Kann ein verformtes Fußbett Füße schädigen?

„Fuß ist nicht gleich Fuß“, warnt Polster. Die anatomische Struktur und das Gangbild unterscheide sich von Mensch zu Mensch, beides wirke sich auf Innen- und Außensohle sowie auf das Obermaterial des Schuhs aus. Das heißt: Je öfter die Schuhe getragen wurden, desto angepasster sind sie an die Fußform.

Wenn nun jemand anderes den Schuh trägt, kann das Konsequenzen haben. „Gebrauchte Schuhe können bei ihrem neuen Besitzer durchaus Veränderungen oder Verformungen an Gelenken oder den Zehen hervorrufen“, so die Expertin.

Aus podologischer Sicht sei der Kauf gebrauchter Schuhe nicht unbedingt empfehlenswert. Wer sich doch gebrauchte Schuhe kauft, dem rät Polster solche zu wählen, die nur geringe Gebrauchsspuren aufweisen. Außerdem sollte man die Innensohle genau inspizieren: „Sind hier starke Verfärbungen und Abdrücke ersichtlich, ist zumindest der Austausch der Innensohle ratsam.“ Auch eine abgelaufene Außensohle sollte repariert werden, betont die Expertin.

Gebrauchte Schuhe für Kinder kaufen: Ist das sinnvoll?

Babys und Kinder wachsen schnell aus ihren Schuhen – wer ihnen gebrauchte Schuhe kauft, kann viel Geld sparen. Allerdings befinden sich die Füße noch in der Entwicklung, der Secondhand-Kauf gilt als besonders umstritten. Podologin Polster schafft Klarheit:

„Babys benötigen noch keine Schuhe, auch keine sogenannten „Lauflernschuhe“ – sie lernen dadurch ja nicht schneller oder besser laufen“, stellt sie klar. „Auch Kinder benötigen Schuhe nur zum Schutz vor Kälte, Nässe und Verletzungen.“

Polster rät, Kinder so viel wie möglich ohne Schuhe gehen zu lassen. Würden Kinderfüße zu früh und ständig in Schuhe gesteckt, würden Fußmuskeln, Sehnen und Bänder geschwächt und es könnten sich Fehlstellungen entwickeln. „Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn gebrauchte Schuhe bereits vorgeformt sind, weshalb ich diese für Kinderfüße nicht empfehlen kann.

Sie rät also klar zum Neukauf und empfiehlt dabei, auf eine flexible Sohle, weiches Obermaterial und eine gute Passform zu achten. Weil Kinderfüße so schnell wachsen, sollten die Schuhe beim Kauf circa 1 – 1,5 Zentimeter Raum bis zur Spitze bieten, vorgeformte Fußbettungen seien nicht empfehlenswert.

Wenn die Wahl doch auf gebrauchte Schuhe fällt, empfiehlt Polster auf eine möglichst geringe Abnutzung zu achten und gegebenenfalls Innen- und Außensohlen zu tauschen bzw. zu reparieren.

Alternative zu Secondhand: Tipps für den nachhaltigen Schuhkauf

Wer gebrauchte Schuhe kauft, sollte also sehr genau hinsehen – nicht jeder Schuh ist gut für die eigenen Füße. Wer ein Paar mit geringen Gebrauchsspuren findet, sollte sicherheitshalber die Innensohle austauschen und gegebenenfalls die Außensohle ausbessern lassen. Wird man nicht fündig, braucht aber dringend Schuhe, kann man zu Neuware greifen.

Neue Schuhe sind weniger klimafreundlich als gebrauchte. Denn sie müssen erst unter Ressourcenaufwand produziert und von den oft entlegenen Produktionsstätten bis zu den Käufer:innen transportiert werden. Dazu bleiben Ausbeutung und Umweltverschmutzung große Probleme in der Modeindustrie, auch bei Schuhen. Gerbungsprozesse für Leder laufen beispielsweise oft besonders umweltschädlich ab: Ein Kilogramm Roh-Tierhaut kann mit bis zu 500 Gramm Chemikalien behandelt werden. Die Tierschutzorganisation Peta warnt: ein Großteil des weltweit verarbeiteten Leders wird in China, Südamerika und Indien produziert, wo Gerbereiabwässer oftmals ungeklärt in Flüssen und der Trinkwasserversorgungen  landen. Die Initiative „Together for Decent Leather“ deckte 2022 weitere Missstände in der Lederindustrie auf: Arbeiter:innen erhalten oft keinen Arbeitsvertrag, niedrige Löhne unter Existenzminimum und sind schädlichen Chemikalien ausgesetzt – ohne Schutzausrüstung.

Auf Utopia stellen wir auch diverse Marken für vegane Schuhe vor, die auf konventionelles Leder verzichten und für die keine Tiere geschlachtet werden mussten. Und nachhaltige Sneaker von Labels, die in verschiedenen Bereichen nachhaltiger produzieren als die Konkurrenz. Auch diese Modelle sind nicht perfekt, aber bieten gewisse Vorteile gegenüber anderen Marken. Generell gilt: Der umweltfreundlichste Schuh ist der, den du nicht neu kaufen muss. Damit deine Schuhe möglichst lange halten, findest du hier einige Tipps: Schuhpflege: Die besten Tipps für Leder- und Textilschuhe.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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