Im Zuge der „Shrinkflation“ verkleinern Hersteller:innen den Inhalt eines Produkts, behalten aber dessen ursprünglichen Preis bei. Was es mit dieser Taktik im Detail auf sich hat, erfährst du hier.
Weniger Inhalt zum gleichen Preis: Auf diesem Prinzip beruht die sogenannte Shrinkflation. Der Begriff setzt sich aus dem englischen Wort „to shrink“ (schrumpfen) und „(In)flation“ zusammen, dem Fachbegriff für ein gestiegenes Preisniveau.
Die britische Wirtschaftswissenschaftlerin Pippa Malmgren soll den Begriff bereits 2009 geprägt haben, um eine versteckte Verteuerung zu beschreiben, bei der Hersteller:innen den Inhalt eines Produkts reduzieren, den Preis dabei aber nicht oder nur minimal anpassen. Inzwischen ist das Phänomen vor allem in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie recht verbreitet.
Welche Vorteile hat Shrinkflation für die Hersteller:innen?
Shrinkflation meint meistens das Verkleinern der Portionierungsgrößen oder das Abfüllen einer geringeren Menge bei gleichbleibendem oder im Verhältnis nur minimal gesunkenem Preis. In einigen Fällen kann der Begriff aber auch bedeuten, dass die Qualität eines Produkts oder seine Inhaltsstoffe bei gleichbleibendem Preis verringert wurden. Es handelt sich also um eine versteckte Preiserhöhung.
Shrinkflation ist eine gängige Reaktion auf steigende Produktionskosten oder stärkeren Marktwettbewerb. Mithilfe der Shrinkflation können Hersteller:innen ihre Gewinnspannen trotzdem erhöhen oder sie angesichts steigender Inputkosten (zum Beispiel teurer gewordene Rohstoffe) halten – und zwar heimlich.
Denn: Die Unternehmen sind sich bewusst, dass Kund:innen Preiserhöhungen bei den Produkten wahrscheinlich bemerken, minimale Schrumpfungen des Inhalts aber eher unbemerkt bleiben. Es ist auch wissenschaftlich belegt, dass Verbraucher:innen auf explizite Preiserhöhungen empfindlicher reagieren als auf die Verkleinerung von Verpackungen oder reduzierten Inhalt.
Die Hersteller:innen machen durch Shrinkflation also nicht mehr Profit, indem sie die Preise erhöhen, sondern indem sie für weniger oder qualitativ schlechtere Ware den gewohnten Preis verlangen.
Gleichzeitig Mittel zum Zweck und Produkt von Shrinkflation sind Mogelpackungen: Sie täuschen durch die Verpackung etwas vor, was gar nicht stimmt. Im Fall von Shrinkflation suggerieren Verpackung und Preis, dass du dasselbe Produkt wie üblich kaufst – tatsächlich bezahlst du aber mehr Geld.
Verbraucherschützer:innen kritisieren versteckte Preiserhöhung, denn Mogelpackungen sind eigentlich verboten. So steht es jedenfalls im Mess- und Eichgesetz. Dieses Gesetz enthält allerdings keine konkreten Regelungen dazu, in welchem Verhältnis Inhalt und Verpackungsgröße zueinander stehen dürfen. Es ist also nicht klar benannt, ab wann Verbraucher:innen mit einer Mogelpackung tatsächlich getäuscht werden. In der Praxis tolerieren viele Eichämter Produkte mit mehr als 30 Prozent Luft in einer Verpackung.
Shrinkflation in Zeiten der Inflation
In der Vergangenheit machten vor allem Markenhersteller:innen regelmäßig Gebrauch von der Shrinkflation. Das zeigt die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) seit 17 Jahren mit der „Mogelpackung des Jahres„. Sie verlieh diesen Titel bereits einer Sauce von Homann, Fruchtmüslis von Seitenbacher und Dr. Oetker, einem Nudelfertiggericht von Mirácoli sowie einem Mineralwasser von Evian.
Anfang 2023 warnte die VZHH auch vor Shrinkflation in Discountern, durch die nun viel öfter auch No-Name-Produkte versteckt teurer wurden. Grund war die damals hohe Inflation: Die allgemeine Teuerungsrate betrug im vergangenen Jahr 5,9 Prozent. Verbraucher:innen mussten vor allem für Lebensmittel und Energie teils deutlich mehr zahlen als noch ein Jahr zuvor.
Mehr dazu kannst du hier lesen: Mogelpackungen dank Inflation? Verbraucherzentrale warnt vor Abzocke.
Für die Hersteller:innen war das natürlich ein Problem. Auch ihre Herstellungskosten stiegen, denn Energie und Düngemittel waren vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine deutlich teurer geworden und Arbeitskräftemangel und Mindestlohn trieben die Personalkosten in die Höhe.
Doch eine Weitergabe dieser gestiegenen Kosten an die Konsument:innen durch einen offensichtlichen Preisanstieg wollten viele gerade dann nicht riskieren. Das hätte die Verbraucher:innen, die ohnehin an allen Ecken mit höheren Preisen konfrontiert waren, noch mehr abschrecken können und sie zu anderen Produkten greifen lassen.
Mithilfe der Shrinkflation sorgen Hersteller:innen dafür, dass Verbraucher:innen Preissteigerungen nur schwer nachvollziehen können. So erhoffen sie sich, ihre Kund:innen nicht mit auf den ersten Blick erkennbaren Preissteigerungen zu verprellen.
Inflation und damit Shrinkflation sind auch im Jahr 2024 nicht nur in Deutschland ein Thema. Laut der Verbraucherzentrale Hamburg gibt es für dieses Jahr bereits einen Europameister der Shrinkflation: Die Original Pringles Chips sind von 2006 bis 2024 um bis zu 128 Prozent teurer geworden, während der Inhalt weniger wird.
Gegen solche Täuschungen sollen Verbraucher:innen zumindest in Frankreich besser geschützt werden. Dort müssen Lebensmitteleinzelhändler ab dem 1. Juli 2024 Mogelpackungen durch einen Hinweis am Regal kennzeichnen.
Das kannst du tun, um Shrinkflation zu vermeiden
Sich vor Shrinkflation zu schützen, ist nicht einfach. Vielen Kund:innen fällt der Betrug – wie von den Hersteller:innen erwünscht – nämlich gar nicht auf.
Das kannst du tun:
- Die effektivste Maßnahme gegen Shrinkflation ist es, vor allem bei scheinbar guten Angeboten nicht sofort zuzugreifen. Gewöhne dir stattdessen an, zunächst einen genauen Blick auf den Verpackungsinhalt zu werfen.
- Im zweiten Schritt solltest du das Preis-Inhalts-Verhältnis mit dem ähnlicher Produkte vergleichen. Schaue dir dazu auf den Preisschildern immer den Kilo- beziehungsweise Literpreis an. Dieser erleichtert das Vergleichen.
Shrinkflation betrifft vor allem abgepackte Lebensmittel, denn der Preisanstieg bei einer Gurke lässt sich mit einer größeren Verpackung nicht maskieren. Versuche daher, den Konsum von verpackten Lebensmitteln zu reduzieren. Das spart übrigens nicht nur Geld, sondern auch Verpackungsmüll. Mit Mogelpackungen geht nämlich auch massiver Abfall einher: Eine Studie im Auftrag des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (vzbv) hat ergeben, dass jedes Jahr 1,4 Millionen Mülltonnen in Deutschland eingespart werden könnten, wenn Hersteller:innen auf Verpackungen verzichten würden, in denen sich mehr Luft als Inhalt befindet. Tipps zum verpackungsfreien Einkauf findest du hier: Verpackung vermeiden im Supermarkt: 15 Tipps.
Tipp: Die Verbraucherzentrale Hamburg hat eine Mogelpackungsliste veröffentlicht, auf der aktuelle Fälle von Shrinkflation einsehbar sind.
Solltest du im Nachhinein bemerken, dass du ein Lebensmittel in einer Mogelpackung gekauft hast, kannst du dich wehren. Melde den Fall entweder der Verbraucherzentrale deines Bundeslandes oder dem zuständigen Eichamt.
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