Suburbanisierung ist ein geografisches Phänomen, das weitreichende ökologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen hat. Wir klären dich über Merkmale, Ursachen und Folgen der Suburbanisierung auf.
Was ist Suburbanisierung?
Der Begriff Suburbanisierung bezeichnet laut dem Wissenschaftslexikon Spektrum einen Prozess, bei dem städtische Einwohner:innen aus der Kernstadt ins städtische Umland ziehen. Dabei kann es sich zum Beispiel um Vorstädte, stadtnahe ländliche Gemeinden oder neue Siedlungen am Stadtrand handeln. In diesem Umland äußert sich Suburbanisierung durch steigende Bevölkerungszahlen und eine steigende Beschäftigung.
Das geografische Phänomen lässt sich in drei Typen einordnen:
- Bei der sogenannten Bevölkerungssuburbanisierung kann man zunächst nur die Abwanderung eines signifikanten Teils der Stadtbevölkerung in umliegende Gebiete feststellen.
- Die Industriesuburbanisierung bezeichnet einen Prozess, bei dem Betriebe ihren Standort von der Kernstadt ins Umland verlegen. Manche verlagern auch nur ihre Produktionsstätten, während zum Beispiel die Verwaltung in der Stadtmitte verbleibt.
- Die Suburbanisierung des Dienstleistungssektors ist im Wesentlichen eine Folge der Bevölkerungsabwanderung. Sie äußert sich darin, dass auch Dienstleistungen vermehrt im städtischen Umland auftreten. Da die Nachfrage steigt, entstehen in stadtnahen Gebieten zum Beispielen mehr Banken oder Einkaufszentren.
Suburbanisierung: Das sind die Ursachen
Doch warum entschließen sich immer mehr städtische Bewohner:innen dazu, die Kernstadt zu verlassen? Die Hauptursache ist leicht zu finden: Sie wollen ihre Lebensqualität verbessern. So sind ländliche Gebiete besonders aufgrund von drei Aspekten ein attraktiver Wohnraum:
- Niedrige Wohn- und Bodenpreise: Im Gegensatz zu Wohnungen im Stadtinneren sind die Mieten im Umland in der Regel deutlich niedriger. Hinzu kommt, dass auch Grundstücke erschwinglicher sind. Besonders junge Familien finden hier die notwendige Fläche zu günstigen Preisen, um ein eigenes Haus zu bauen.
- Niedrigere Bevölkerungsdichte: Viele Menschen sind müde vom Lärm, der Hektik und dem Stress des Stadtlebens. Eine Studie aus dem Jahr 2020 bestätigt, dass Stadtbewohner:innen vor allem anfälliger für sozialen Stress sind. Je nach Voraussetzung und Lebensweise kann das Stadtleben dabei sogar das Entstehen verschiedener psychischer Krankheiten (zum Beispiel Depressionen und Angststörungen) fördern. Auf dem Land hingegen sind wir weniger sozialen Reizen ausgesetzt und gelangen meist schneller in Natur- und Erholungsgebiete.
- Bessere Umweltqualität: Staub und Abgase mindern die Qualität der Stadtluft. Besonders in der Nähe viel befahrener Straßen ist die Luft verunreinigt und kann verschiedene Erkrankungen des Herzens und der Atemwege begünstigen. Landluft enthält in der Regel deutlich weniger Schadstoffe aus Auto- oder Heizungsabgasen.
Folgen der Stadtflucht für die Kernstadt
Wenn immer mehr Menschen die Kernstadt verlassen, verliert diese ihre zentralen Funktionen als Wohn-, Produktions- und Handelsort. Das bringt Spektrum zufolge wirtschaftliche und soziale Probleme mit sich:
- Mit der Suburbanisierung verliert die Stadt einen großen Anteil ihrer Steuerzahler:innen. Da viele Menschen aus dem Umland trotzdem weiter ihre Leistungen in Anspruch nehmen, bleiben die Ausgaben jedoch gleich oder steigen sogar. Indem sie zum Beispiel pendeln, nutzen sie öffentliche Verkehrsmittel oder Straßen der Stadt. Andere schicken ihre Kinder in die Schule oder einen Kindergarten der Kernstadt. Für all diese Leistungen sind Kosten nötig, zum Beispiel für Personal und Instandhaltung. Dadurch kann es für die Stadt zu finanziellen Engpässen kommen.
- Wenn Betriebe und Dienstleistungen ins Umland abwandern, kommt es in der Kernstadt zudem zu einem Verlust an Arbeitsplätzen.
- Flächen und Wohnraum bleiben ungenutzt. So stehen plötzlich Wohngebäude leer, die mithilfe von wertvollen Ressourcen entstanden sind.
Folge der Suburbanisierung: Verkehrsaufkommen
Die Konsequenzen der Suburbanisierung stellen nicht selten große ökologische Probleme dar. Ein solches Problem ist das steigende Verkehrsaufkommen: Auch wenn Menschen den Drang verspüren, in ländlichere Gebiete zu ziehen, fahren sie doch regelmäßig in die Stadt – entweder für Freizeitaktivitäten oder weil sie ihre Arbeitsstelle in der Kernstadt behalten haben.
Im Zusammenhang mit der Suburbanisierung hat sich gezeigt, dass viele Weggezogene dafür nicht auf öffentliche Verkehrsmittel, sondern das eigene Auto zurückgreifen. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass das Umland nicht so gut angebunden ist, die Fahrpreise hoch sind oder das Auto schlichtweg als praktisches und bequemes Transportmittel gilt. Dieser Aspekt führt dazu, dass höhere Mengen an CO2-Emissionen und Abgasschadstoffen freigesetzt werden. Diese verunreinigen nicht nur die Atemluft, sondern gelangen in die Atmosphäre, wo sie die gobale Erwärmung vorantreiben.
Steigender Flächen- und Energieverbrauch durch Urbanisierung
Suburbanisierung ist Spektrum zufolge oft die Ursache für ein weiteres Phänomen – die sogenannte Zersiedelung. Dabei handelt es sich um einen unstrukturierten und verschwenderischen Umgang mit verfügbarer Fläche. Dieser entsteht, wenn immer mehr Menschen eigene Häuser bauen, die Industrie billige Produktionsbauten benötigt und die Nachfrage nach gut erreichbaren Einkaufszentren steigt.
All diese Ansprüche fordern viel Fläche. Ohne Auflagen zu Umweltschutz und Raumplanung baut man dann gern dort, wo es am günstigsten ist. Das kann dazu führen, dass sich immer mehr Naturgebiete verkleinern. Diese dienen nicht nur zur Erholung, sondern sind auch Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten und CO2-Speicher. Schwinden Wälder, Hecken, Wiesen und andere grüne Flächen, fördert dies in erster Linie das Artensterben und beschleunigt die Klimakrise.
Schließlich führt die Suburbanisierung auch zu einem erhöhten Energieverbrauch. Für die Umstrukturierung des städtischen Umlands, zum Beispiel für das Bauen von Eigenheimen, Industriebauten und Einkaufszentren, sind hohe Energiemengen nötig. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn immer mehr Menschen auf das eigene Auto als Transportmittel umsteigen.
Sowohl der Verkehrs- als auch der Industrie- und Dienstleistungssektor beziehen einen Großteil der benötigten Energie aus fossilen Brennstoffen. Die Emissionen aufgrund des Einsatzes fossiler Brennstoffe machen laut dem Umweltbundesamt etwa 85 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen aus und spielen damit eine signifikante Rolle bei der globalen Erwärmung.
Fazit: Die Suburbanisierung der Zukunft
Man wird Menschen nicht davon abhalten können, ihrem Wunsch nach einem Haus im Grünen nachzukommen. Das sollte man auch nicht: Schließlich hat ein Aufenthalt in der Natur zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Doch um diese Naturgebiete zu erhalten, braucht es in Zukunft intelligente Lösungsansätze, mit denen wir die ökologischen Konsequenzen der Stadtflucht unterbinden können.
So muss der Bau von neuen Gebäuden im städtischen Umland sinnvoller geplant werden und dabei ökologische Gesichtspunkte berücksichtigen, sodass Naturgebiete keinen Schaden nehmen. Um ein steigendes Verkehrsaufkommen durch private Autos zu verhindern, müssen stadtnahe Regionen durch öffentliche Verkehrsmittel gut an die Kernstadt angebunden sein. Auch Fahrpreise müssen erschwinglich sein. Mittlerweile gibt es sogar Konzepte, bei denen die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs komplett kostenfrei ist. Mehr dazu erfährst du hier: Kostenloser Nahverkehr: Diese deutsche Stadt machts vor.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Das Auto muss weg! Ein Gedankenexperiment
- Energiewende in Deutschland: Probleme, Lösungen und Ziele
- Nachhaltiges Bauen: Worauf es dabei ankommt
War dieser Artikel interessant?