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Synthetische Kraftstoffe: Vor- und Nachteile der Diesel-Alternative

Verkehr, Stau, Autobahn, LKW
Foto: CC0 / Pixabay / Gellinger

Synthetische Kraftstoffe – etwa synthetischer Diesel – könnten die Autos auf den Straßen umweltfreundlicher machen. Denn diese „Synfuels“ sind viel sauberer als Sprit aus Erdöl. Doch kann Diesel wirklich sauber sein?

Synthetische Kraftstoffe, kurz „SynFuels“, sind laut einiger Experten die Zukunft: Diese Kraftstoffe werden nicht aus umweltschädlichem Erdöl hergestellt, sondern aus Fetten, Erdgas, CO2 oder Strom aus erneuerbaren Energien. Und noch etwas ist anders: Im Gegensatz zum normalen Diesel werden synthetische Kraftstoffe im Labor gezielt designt. Dabei setzen Forscher die Moleküle so zusammen, dass sie möglichst umweltschonend sind. Alle Moleküle, die für Ruß und andere Schadstoffe verantwortlich sind, werden einfach weggelassen.

Die Vorteile auf einen Blick:

  • Synthetische Kraftstoffe stoßen deutlich weniger Feinstaub und CO2 aus.
  • Die Abgase enthalten etwa 50 Prozent weniger Stickoxide.
  • SynFuels schonen Filter und Motor.
  • Um sie zu verwenden, muss man den Tank nicht umrüsten.
  • Sie sind nahezu schwefelfrei und in der Regel (in Reinform) biologisch abbaubar.
  • Synthetische Kraftstoffe sind kälteunempfindlich: Der Motor startet im Winter also sofort.

Synthetische Kraftstoffe: Ein Überblick

Zwei synthetische Kraftstoffe sind bereits erhältlich.
Zwei synthetische Kraftstoffe sind bereits erhältlich.
(Foto: CC0 / Pixabay / andreas160578)

Synthetische Kraftstoffe sind keine Idee, die erst in Jahrzehnten realisierbar ist. Schon jetzt gibt es verschiedene synthetische Kraftstoffe, die bereits eingesetzt werden.

  • HVO: Das „Hydrogenated Vegetable Oil“ basiert auf Pflanzenölen und Wasserstoff. In Deutschland gibt es HVO unter verschiedenen Namen an einigen Tankstellen zu kaufen – für Autos und Schiffe. Zudem wird es Kerosin beigemischt. Als reiner Kraftstoff wurde es 2019 aus verschiedenen Gründen nicht zugelassen. Bereits jetzt gibt es ihn u.a. in Österreich, Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland,  Niederlande, Schweiz und Spanien. Als Mischung ist HVO auch in Deutschland erlaubt zum Beispiel aks Kraftstoff R33 (7% Biodiesel, 26% HVO, 67% fossiler Diesel).
  • GtL: Das Verfahren „Gas to Liquid“ zählt zu den bekanntesten SynFuels und basiert auf Erdgas. Dem V Power Diesel (erhältlich bei Shell-Tankstellen) werden bereits fünf Prozent des synthetischen Kraftstoffs beigemischt. Auch für Schiffe und Flugzeuge (gemischt mit Kerosin) wird er eingesetzt und ist auch in Reinform erhältlich.

Daneben gibt es noch Versuche, synthetische Kraftstoffe auf Basis von Öko-Strom (Power to Liquid / PtL) und Biomasse (Biomass to Liquid / BtL) herzustellen. Bislang befinden sich beide Methoden aber noch in der Entwicklung. Sie sind noch nicht auf dem Markt erhältlich – doch das dürfte sich bald ändern: Das deutsche Startup Sunfire will zum Beispiel bis 2021 in Norwegen eine Power-to-Liquid-Produktion aufbauen.

Synthetische Kraftstoffe im Einsatz: Schiffe, Autos, Flugzeuge

Die Fähren in Hamburg fahren mit HVO.
Die Fähren in Hamburg fahren mit HVO.
(Foto: CC0 / Pixabay / rcvd)

HVO und GtL sind bereits im Einsatz, zum Beispiel bei:

  • der Schiffsflotte der Stadt Hamburg (HVO),
  • den Flughäfen Hamburg, Stuttgart, München (HVO),
  • ca. 20 HVO-Tankstellen in Deutschland (Karte),
  • GTL-Beimischung von fünf Prozent bei Shell (V Power Diesel).

Reines GtL ist in Deutschland noch nicht als Kraftstoff an den Tankstellen zugelassen, im Unterschied zu anderen Ländern. In den Niederlanden gibt es GtL bereits an Tankstellen.

Shell hat in den letzten Jahren GtL in Reinform zusammen mit mehreren Unternehmen in der Praxis getestet. Zum Beispiel mit den Berliner Verkehrsbetrieben, DB Schenker und dem Flughafen Kopenhagen. Es wird in Reinform derzeit aber nur an gewerbliche Diesel-Kunden verkauft.

Kritik an synthetischen Kraftstoffen

Erdgas steht wegen der schlechten Kohlendioxid-Bilanz in der Kritik.
Erdgas steht wegen der schlechten Kohlendioxid-Bilanz in der Kritik.
(Foto: CC0 / Pixabay / Pexels)

Bislang sind synthetische Kraftstoffe noch deutlich teurer als Diesel und Benzin:

  • Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags zitiert eine Studie, wonach bis zu 4,50 Euro pro Liter Dieseläquivalent anfallen (PDF).
  • Für V Diesel Power mit lediglich fünf Prozent GtL-Anteil werden ca. 20 Cent / Liter mehr fällig. Bei HVO-Diesel sind es etwa 30 Cent. Allerdings sind sich die Autoren der Studie sicher, dass der Preis auf etwa einen Euro pro Liter Diesel in Zukunft sinken kann.

Problematisch sind die synthetischen Kraftstoffe auch wegen ihrer Herstellung:

  • HVO basiert oft auf Palmöl, für das Regenwald abgeholzt wird. Das schadet nicht nur der Natur und den bedrohten Arten, sondern auch dem Klima. Außerdem nimmt der Anbau vom Palmöl-Plantagen Platz weg für den Anbau von Nahrungsmitteln.
  • GtL wird aus Erdgas hergestellt, einem endlichen Rohstoff. Er hat eine schlechte Klimabilanz-Bilanz und ist aufgrund des Methans ein größerer Treiber für die Erderwärmung als Kohle und Erdöl (Studie).
  • Um PtL-Kraftstoffe herzustellen, benötigt man sehr viel Strom. Daher ist es nur dort sinnvoll, wo Öko-Strom mit Überkapazität produziert wird.
  • BtL benötigt viel Biomasse und Kritiker befürchten, dass Landwirte statt Nahrungsmittel auf den Feldern vor allem Rohstoffe für Kraftstoff anbauen könnten (Beispiel Soja).

Fazit: Synthetische Kraftstoffe sind noch nicht die Lösung

Synthetische Kraftstoffe sind deutlich besser für die Langlebigkeit des Motors und oft auch besser für die Umwelt. Allerdings haben alle SynFuels ihre Schwachstellen: Während sich mit ihnen Feinstaub, CO2 und Stickoxide aus dem Auspuff deutlich reduzieren lassen, ist die Herstellung der Kraftstoffe sehr klimaschädlich. Das Problem wird also nur verlagert, statt vollständig gelöst.

In Zukunft dürften die Wissenschaftler SynFuels aber noch weiter optimieren und zum Beispiel Power-to-Liquid effizienter machen. Gut möglich, dass bis dahin aber Elektroautos den Markt beherrschen. Immerhin sind sie lokal emissionsfrei und wenn sie mit Ökostrom fahren, in jedem Fall die klimafreundlichere Alternative.

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