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Test: Shift6m von Shiftphones – die deutsche Fairphone-Alternative

Shiftphones Shift6m
Foto © Shiftphones

Das Shift6m von Shiftphones überzeugt im Test mit starker Leistung, großem Display, neuestem Android – und kann eine echte Alternative zum Fairphone 2 sein.

Seit knapp vier Jahren arbeitet das hessische Startup Shiftphones an der Entwicklung von Smartphones, die ethisch und ökologisch besser sind als die üblichen Marktführer. Mit dem Shift6m legt das Unternehmen nun ein Modell der Oberklasse vor, teurer sogar als das Fairphone 2. Lohnt sich das?

Shiftphones Shift6m im Test

Wie bisher alle Shiftphones kommt auch das Shift6m in einer simplen Schachtel aus Recyclingpappe. Sinnvolles Zubehör sind eine einfache Bumper-Schutzhülle und ein USB-Datenkabel, hinzu kommen Kopfhörer und ein Schraubendreher, auf den wir noch zu sprechen kommen. Ein Netzteil gibt es sinnvollerweise nicht.

Das Display misst jetzt stattliche 5,7 Zoll bei (im Vergleich zum Shift 5.x) nur unwesentlich größeren Abmessungen von 79,8 x 151,5 x 10 Millimetern. Schon das Fairphone 2 ist ja ein ziemlicher Brocken, bei dem viele Nutzer abwinken, weil es weder elegant noch besonders handlich ist – dafür ein klares Zeichen setzt. Mit fast 200 Gramm Gewicht (ohne den mitgelieferten Bumper) ist das Shift6m allerdings ein Brocken, neben dem sogar ein Fairphone 2 wie ein Leichtgewicht erscheint. Natürlich ist das auch Geschmacksache.

Im Größenvergleich (v.l.n.r.): Shift 4, Shift 5.1 und Shift6m
Im Größenvergleich (v.l.n.r.): Shift 4, Shift 5.1 und Shift6m (Foto © Utopia/aw)

Dafür fühlt sich das Shift6m, erst recht im Bumper, stabil und wertig an. Die drei Knöpfe an der rechten Außenseite (Power, Laut/Leise, letzter auch Kamera-Auslöser) zeigten beim Test einen angenehmen Druckpunkt. Das Touchscreen-Display reagierte einwandfrei. Und die rasant kurze Boot-Zeit des Shift 6m läßt das Fairphone 2 leider ziemlich alt aussehen.

Technik des Shiftphone 6m: Top

In vielen technischen Daten ist das Shift 6m auf der Höhe der Zeit. Etwa bei der Full-HD-Auflösung von 1920×1080 Pixeln, dem LTE-Support (fehlte dem Shift 5.1 noch), 5-GHz-WLAN und Luxusfunktionen wie NFC und Fingerabdruckscanner. Als Buchse dient ein USB-3.0-Anschluss mit Typ-C-Stecker, er gilt als neuer Standard.

Das Shift6m schluckt zwei Nano-SIM-Karten. Nutzer des Shift-Handys können also beruflich und privat in einem Smartphone vereinen oder günstige Tarife für Daten und Sprache kombinieren. Ein SAR-Wert für Handystrahlung liegt noch nicht vor.

Shiftphones Shift6m: Platz für zwei Nano-SIM-Karten und microSD-Speicher
Shiftphones Shift6m: Platz für zwei Nano-SIM-Karten und microSD-Speicher (Foto © Utopia/aw)

Das installierte Android 8.0 ist (fast) das neueste vom neusten, wenn auch das Patch-Level etwas hinterherhinkt (Februar 2018) und es auch Android 8.1 gäbe. Vorinstalliert sind Google Play, Google Mail und Chrome und die üblichen Android-Tools. Speicherfressende Schrott-Apps wie bei anderen Geräten gibt es hier keine – Danke, Shiftphones!

Shift6m: Smartphone mit Leistungsreserven

Mit der CPU MT6797X Helio X27 setzt Shiftphones auf ein gehobenes Chip-System mit reichlich Leistungsreserven für die kommenden Jahre (geplant ist ein Shift6mq mit Qualcomm Snapdragon 845). Mit 4 GB Prozessorspeicher gibt es keine Engpässe, und von den 64 GByte Arbeitsspeicher sind ab Werk reichlich 52 GB frei – dank Verzicht auf Werbe-Apps. Wer Film- oder Musiksammlungen mit sich herumtragen möchte, kann mit einer Micro-SDXC um bis zu 256GB erweitern.

Das Shift6m kommt mit Android 8.0, nur wichtigen Apps ohne Schrott und daher reichlich 52 GByte freiem Speicher
Das Shift6m kommt mit Android 8.0, nur wichtigen Apps ohne Schrott und daher reichlich 52 GByte freiem Speicher (Screenshot: Utopia/aw)

Weil das alles aber ordentlich Strom kostet, hat sich etwa die Akkugröße gegenüber dem Shift 5.1 mehr als verdoppelt – auf jetzt 4240 mAh. Ob und wie lange das im Alltag reicht (derzeit knapp zwei Tage), werden wir erst nach längerem Test sagen können und werden die Erfahrungen dann nachreichen. Ein wechselbarer Ersatzakku kostet 19 Euro.

Kamera des Shift6m

Auf dem Papier sieht die Kamera gut aus: Ein CMOS-Sensor mit 1/2,4-Zoll Größe knipst mit 21 MP bei Blende f2.0, Videos kann die Kamera sogar in 4K-Auflösung bei 30 fps aufnehmen. Die Bilder fanden wir nur anfangs nicht ganz überzeugend: Es fehlte eine gewisse Lebendigkeit, gerade im Vergleich zum FP2, dafür gibt es einen ganz leichten Blaustich. Beim direkten Vergleich mit gleichartigen Motiven, fotografiert mit Shift6m, iPhone 6 und Fairphone 2 fällt dann aber eben doch auf, dass das Shift6m die besseren Fotos macht: Die hohe Auflösung von 21 Megapixel spielt hier ihre Trümpfe aus. So wirken die Bilder auf den ersten Blick nicht perfekt, bieten aber eine solide Grundlage für etwas Nachbearbeitung.

Wir haben eine Reihe gleicher Motive zur gleichen Zeit vom nahezu gleichen Standpunkt mit Shift6m und FP2 fotografiert. Die unbearbeiteten Bilddateien findest du in dieser ZIP-Datei als Download (ca. 50 MB). An ihnen kann man sehr gut sehen: Die Bilder des Shift6m wirken vergleichsweise blass – sind aber letztlich besser, weil sie weniger künstlich aufgepeppt wirken als die aus dem FP2. Ein Zoom in die Bilder lohnt, um auch zu sehen, dass die Auflösung einiges hergibt. Deutlich unterschiedlich auch die Brennweite. Das 16:9-Bildformat ist sicher Geschmacksache, wer andere Formate will, greift zur App-Alternative Open Camera.

Shiftphones Shift6m: ein #lovephone?

Die Geschichte der „fairen Handys“ ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Inzwischen ist auch Vorreiter Fairphone klar, dass man die Elektronikindustrie nicht so schnell ändern kann, wie man das gerne hätte. Für Shiftphone als noch kleineres Unternehmen gilt das ebenfalls, deswegen spricht das Unternehmen nicht mehr von einem „fairen“ Handy, sondern von „100% Love“. Das ist ebenso bitter wie natürlich ein bisschen marketingschwammig.

Aber den Gedanken aufgegeben haben die bislang einzigen Fairphone-Wettbewerber keineswegs. Das Unternehmen verspricht ausdrücklich, dass bei der Endfertigung niemand ausgenutzt wird und setzt sich beim Produzenten in China für faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen ein. Um das besser steuern zu können, betreibt Shift nach eigenen Angaben seit April auch eine eigene Fertigung in China, die man mit Galileo besichtigte.

In keinem der Shiftphones-Produkte werden Konfliktmaterialien wie Coltan/Tantalum aus dem Kongo verwendet. Geprüft wird das vom NGO TAOS. Die Shift GmbH nimmt außerdem am Innovationsverbund Nachhaltige Smartphones teil. Fünf Prozent der Einnahmen gehen in den Support von Nachhaltigkeits- und Sozialprojekten.

Die Menschen hinter dem Shiftphone: Samuel Waldeck und Carsten Waldeck
Die Menschen hinter dem Shiftphone: Samuel Waldeck und Carsten Waldeck (Foto © Shiftphones)

Freilich: Lieferkettentransparenz ist das noch keine. Aber schon bei einem einfachen Produkt wie Kakao oder Kaffee schaffen das milliardenschwere Branchen nicht – darauf sollte man bei einem hochkomplexen Produkt Rücksicht nehmen und nicht gleich den Stab brechen, es gibt ohnehin zu wenig Alternativen. Den letzten Stand der Dinge kommuniziert das Unternehmen in diesem (etwas veralteten) PDF.

Wie beim Fairphone 2 rückt man auch bei Shiftphones die Reparierbarkeit in den Vordergrund. Zwar verwendet das Shift6m wieder Torx-T3-Schrauben, dafür liegt dem Handy ein entsprechender Schraubenzieher bei und wie üblich sorgt die Community für Hilfe beim Zerlegen, etwa mit Videos im Kanal Shiftphones Supporter. Dort zeigen Filme, wie man Shiftphones zerlegen und reparieren kann.

Das finden wir einerseits ganz gut, andererseits muss man sich persönlich schon klarmachen, dass eine Reparatur mit Ersatzteilen einiges an technischem Geschick erfordert und nicht allen Besitzern möglich sein wird. Sie ist in jedem Fall schwerer als beim Fairphone 2 und bei unserem Testgerät lassen wir lieber die Finger davon. Ersatzteile bietet der Shop hier an, auch etwa ein Ersatzdisplay für das Shift6m für 99 Euro, aber man kann sie aber auch per Mail an [email protected] bestellen.

Gerätepfand, Lebenszyklen

Was uns gefällt: Shiftphones erhebt inzwischen ein Gerätepfand! Die 22 Euro werden niemandem vom Kauf abhalten – sind aber eine gute Idee, um das Handy-Recycling voran zu bringen. Gerätepfand für Handys sollte eigentlich Schule machen. Auch gut: Die Shift GmbH macht ihren Kunden auf Anfrage ein Upgrade-Angebot und kümmert sich dann um die weitere Verwendung des noch funktionsfähigen alten Hands.

Was uns weniger gefällt: Während Fairphone sehr behutsam vorgeht, haut Shiftphones gefühlt ein Gerät nach dem anderen raus. Geräte wie das erste Shift 7, das erste Shift 5 sind heute eigentlich nicht mehr nutzbar (es gibt aber ein Upgrade-Programm), etliche Nachfolger aktueller Modelle sind angekündigt, viele andere Smartphone-Modelle nicht mehr lieferbar. Im Unterschied dazu fokussiert sich Fairphone sehr langfristig auf ein Modell, eine Konzentration, die wir angesichts der jeweils noch recht kleinen Unternehmen sinnvoll finden.

„Wir können noch alle Teile der Geräte liefern“, sagt dazu Samuel Waldeck auf Anfrage. Nur beim ersten Shift5, von dem weniger als 1000 Geräte auf den Markt kamen, kann Shift keine Displays mehr liefern, ansonsten aber alle Teile. „Kunden, die noch ein Shift5 haben und ein Display brauchen, bekommen ein Upgrade auf das etwas neuere Shift5.1 angeboten und das zu sehr guten Konditionen“

Ab dem Shift5 sind alle Neuerungen rückwärtskompatibel, das heisst, Teile aus dem Shift5.3 passen auch in das Shift5.1. Es ist theoretisch sogar möglich durch einen Wechsel der Hauptplatine aus einem 5.1 ein 5.3 zu machen.

„Ich denke, es gibt wohl keinen Hersteller, der ähnliche Anstrengungen unternimmt, seine alten Geräte am Leben zu halten“, findet Samuel Waldeck. Infos zur Upgrade-Option auf shiftphones.com/upgrade/

Vergleich: Shift6m vs Fairphone 2

Ein direkter Vergleich ist möglicherweise gar nicht sachdienlich. Gut wäre ja schon, wenn man eines von beiden nutzen würde – statt irgendeines billigen Gerätes, dessen Hersteller sich gar nicht um Fairness und Reparierbarkeit schert.

  • Mit 555 Euro ist das Shift6m teurer als das Fairphone 2. Mit 199 Gramm ist es auch schwerer als das Fairphone 2 mit 168 Gramm und so wuchtig, dass zumindest bei Utopia im Fühl-Test alle zu anderen Handys gegriffen hätten (übrigens zum Shift 5.x).
  • Das Shift6m ist aber klar das neuere, technisch überlegene Smartphone. Es sieht besser aus und wirkt stabiler. Starke technische Features lassen das Fairphone 2 in weiten Teilen hinter sich, obwohl auch das längst noch nicht veraltet ist. Auch die Kamera des Shift6m ist besser, Android 8.0 ein Vorteil gegen Android 6 beim Fairphone 2 (wo immerhin Android 7 in Aussicht ist).
Shiftphones Shift6m: leistungsstarkes Smartphone mit mehr Nachhaltigkeit
Shiftphones Shift6m: leistungsstarkes Smartphone mit mehr Nachhaltigkeit (Foto © Shiftphones)

Wie also wählen, wo doch beide erhofft die bessere Sache verfolgen? Fast sind wir geneigt nach Gewicht zu entscheiden: Das Shift6m ist groß und schwer. Wer sowas nicht mag, ist mit Alternativen besser bedient.

Wenn du ein Power-User bist, der das neueste vom neuen will und ein Power-Handy mit allem Schnick und Schnack haben möchte, das aber dennoch auch Nachhaltigkeit und Reparierbarkeit ins Spiel bringt und auch in einigen Jahren noch genug Leistung mitbringt – dann ist das Shift6m besser als andere. Wenn es dir um das Statement für faire Elektronik geht und dir auch weniger Leistung und Features reichen, diese dafür leichter und weniger wuchtig, dann nimm das Fairphone 2. Wenn du nicht ganz so viel Geld ausgeben kannst und dennoch etwas nachhaltiger sein möchtest, würden wir derzeit eher zum Shift 5.3 raten.

Übrigens: Nach wie vor bleibt eines die noch bessere Wahl – das gebrauchte Smartphone. Denn jedes nicht produzierte Gerät ist das bessere.

Produkt** Shift6m Fairphone 2 Shift 5.3
Preis ca. 555 € ca. 520 € ca. 300 €
OS Android 8.0 Android 6.0
(7 in Aussicht**)
Android 5.1
CPU/Kerne MT6797X / 10 Snapdragon 801 / 4 MT6582 / 4
Speicher 4 GB / 64 GB 2 GB / 32 GB 2 GB / 16 GB
Netze 2G/3G/4G/LTE 2G/3G/4G/LTE 2G/3G
Display 5,7 Zoll
1080*1920 px
5 Zoll
1080*1920 px
5 Zoll
720*1280 px
Kamera 21 MP / 13 MP 12 MP / 5 MP* 8 MP / 5 MP
Gewicht 199g 168g 140g
Maße BHT 79,8*151,5*10 mm 73*143*11 mm 72,3*146,5*8,3 mm
Akku 4240 mAh wechselbar 2420 mAh wechselbar 2000 mAh wechselbar
Reparierbarkeit gut sehr gut befriedigend

* mit Fairphone-2-Kamera von 2018; ** Android 7 für 2018 angekündigt

Kommende Alternativen: Shift6mq, Shift5me

Eine Alternative könnte das Shift5me (ca. 399 Euro, lieferbar vielleicht Q4) sein, das zu den kompakteren Maßen eines Shift 5.x die wesentlichen Kernfunktionen des Shift6m mitbringt – aber mit im Vergleich kleinerem Display (5 statt 5,7 Zoll), weniger Speicher, schlechterer Kamera und ohne Features wie den Fingerabdrucksensor.

Noch in Entwicklung ist das Shift6mq (ca. 654 Euro, lieferbar vielleicht Q2/2019), das stattdessen einen Qualcomm Snapdragon 845 verwendet und das mit einiger Wahrscheinlichkeit Custom-ROMs erlauben wird, also von einer Community modifizierte Android-Versionen.

Wie steht ihr zum Shiftphone? Habt ihr ein Shift-Handy und wie was sind eure Erfahrungen damit? Ist es für euch ein faires Smartphone und überzeugt euch, wie Shiftphones seine Bemühungen kommuniziert? Schreibt uns in den Kommentaren!

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