Steckst du in einer toxischen Freundschaft fest, kann das sehr belastend sein. Hier erfährst du, wie du toxische Freundschaften erkennst und bekommst Tipps zum Umgang mit Freund:innen, die dir nicht guttun.
Gelegentliche Streitereien oder Meinungsverschiedenheiten gehören zu einer gesunden Freundschaft dazu. Doch es gibt auch toxische Freundschaften. Toxisch steht dabei nicht nur für giftig: Das englische Wort „TOXIC“ ist auch ein Akronym, das sich aus folgenden Begriffen zusammensetzt:
- „tiring“ (ermüdend)
- „obstructive“ (hinderlich)
- „exhausting“ (erschöpfend)
- „intimidating“ (einschüchternd)
- „conditional“ (bedingt)
Diese Begriffe beschreiben die Merkmale einer toxischen Freundschaft.
Statt positive Gefühle auszulösen, rauben dir die Beziehungen zu toxischen Freund:innen Kraft und Energie. Nachdem du mit der Freundin oder dem Freund Zeit verbracht hast, kann es vorkommen, dass du dich schlecht fühlst oder dein Selbstbewusstsein leidet. Das ist alles andere als ein gutes Zeichen. Laut einer Studie von 2021 gibt es einen positiven Zusammenhang zwischen freundschaftlicher Unterstützung und geistigem und körperlichen Wohlbefinden. Bei einer toxischen Freundschaft ist oft das Gegenteil der Fall.
Aber bedenke: Freundschaften sind nicht immer nur schwarz-weiß. Die Psychotherapeutin Felizitas Ambauen erklärt in einem Interview, dass in einer toxischen Freundschaft nicht einfach eine Person „die toxische Person“ und die andere Person „das Opfer“ ist. Wenn eine Freundschaft toxisch ist, spielen immer zwei Personen dabei eine Rolle. Oft gibt es nicht nur den einen Faktor, der eine Freundschaft toxisch werden lässt, sondern der Prozess ist komplizierter. Anhand von acht Warnhinweisen kannst du erkennen, ob du in einer toxischen Freundschaft feststeckst.
Toxische Freundschaft: 8 Merkmale
Jede Freundschaft ist anders – das trifft auch auf solche zu, die toxisch sind. Und wie bereits erwähnt: Es gibt in einer toxischen Freundschaft nicht nur ein Opfer und eine:n Täter:in. Vielleicht erkennst du unter diesen typischen Merkmalen auch Verhaltensmuster, die auf dich selbst zutreffen.
1. Eine Person gibt mehr, als sie zurückbekommt: Toxische Freundschaften sind oft einseitig. Du bist immer für deine:n Freund:in da. Du tröstest bei Liebeskummer, holst ihn oder sie von Arztterminen ab oder hilfst bei Umzügen. Als Gegenleistung bekommst du aber kaum etwas zurück. Laut Washington Post gibt es in den wenigsten Freundschaften eine absolute Balance, was das angeht. Allerdings sollte es sich zumindest ausgeglichen anfühlen.
2. Alles dreht sich immer nur um deine:n Freundin: Toxische Freund:innen gieren nach Aufmerksamkeit und würden am liebsten ständig im Mittelpunkt stehen. Sie erwarten von dir, dass du immer zur Verfügung stehst und Interesse an ihrem Leben zeigst. Gespräche bleiben meist einseitig, weil dein:e Freund:in immer nur von sich spricht oder Konversationen auf sich umzulenken versucht. Da sieht zum Beispiel so aus: „Ich war auch schon mal in einer ähnlichen Situation. Damals habe ich…“ Auch Fragen über dein Leben und Befinden sind eher eine Ausnahme als die Regel. Diese typische Dynamik beschreibt auch die Psychologin Susan Heitler.
3. Eifersucht: Hast du eine gute Note bekommen, Erfolg im Job oder bist glücklich verliebt, ist dir das in einer toxischen Freundschaft nicht vergönnt. Dein:e Freund:in reagiert mit Neid. Statt euch gemeinsam zu freuen, werden in einer toxischen Freundschaft Errungenschaften klein gemacht. Statt Lob gibt es oft ein „Ja, aber…“ zu hören – das nagt am Selbstbewusstsein und es kann sein, dass du an dir zu zweifeln beginnst. Auch Rivalität kann in einer toxischen Freundschaft vorkommen.
4. Einseitige Entschuldigungen: Hast du keine Zeit, verspätest dich oder machst etwas falsch, entschuldigst du dich bei deinem Freund oder deiner Freundin. In einer toxischen Freundschaft bleibt es bei einseitigen Entschuldigungen. Vom anderen Part kommt nichts zurück und er oder sie sieht Fehler nicht ein. Statt Entschuldigungen kannst du sogar Vorwürfe bekommen, dass eigentlich du an der Situation Schuld hättest.
5. Rücksichtslosigkeit: Toxische Freund:innen machen, was sie wollen. Sie halten Versprechen oft nicht ein oder ignorieren Nachrichten und Anrufe. Wie es dir dabei geht, ist oft egal.
6. Andere Leute sind wichtiger: Einer toxischen Person sind andere Leute immer wichtiger als du. Treffen du und dein:e toxische:r Freund:in zum Beispiel andere Leute auf einer Party, wirst du ignoriert. Auch kann es vorkommen, dass dein:e Freund:in lieber mit anderen Leuten Zeit verbringt – und dir das auch noch deutlich macht.
7. Beleidigungen: Eine toxische Person kann dich nicht nur mit Beschimpfungen, Sticheleien oder fiesen Kommentaren beleidigen, sondern auch mit ihrem Verhalten. Beispielsweise stellt sie dich in der toxischen Beziehung vor anderen Menschen bloß, indem sie vielleicht deine Schwächen oder Geheimnisse verrät.
8. Manipulatives Verhalten: Toxische Freund:innen verdrehen die Wahrheit so, wie es gerade gut passt. Auch vor Lügen und Manipulation schrecken sie nicht zurück. Die toxische Person versucht um jeden Preis, ihren Willen durchzubekommen. Menschen mit einem toxischen Verhalten werden immer die Wahrheit umdrehen, damit sie zu ihrem Ziel kommen und ihre Bedürfnisse befriedigen können. „Personen mit toxischen Eigenschaften sind Meister im Manipulieren“, bestätigt auch die amerikanische Therapeutin Shannon Thomas.
Toxische Freundschaft: Das kannst du tun
Wenn es dir nach Treffen und Gesprächen mit einem Freund oder einer Freundin über einen längeren Zeitraum nicht mehr gut geht, ist der Punkt erreicht, an dem du handeln solltest. Denn so sehr du auch an der Freundschaft hängst, deine mentale Gesundheit sollte nicht dauerhaft unter den Belastungen in einer toxischen Freundschaft leiden. Wie bedenklich die gesundheitlichen Auswirkungen einer solchen Freundschaft sein können, zeigt zum Beispiel eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2007: Der Blutdruck der Studienteilnehmer:innen erhöhte sich hier schon allein beim Gedanken an Freunde oder Freundinnen, zu denen sie ein ambivalentes Verhältnis pflegten.
Folgendes kannst du tun, wenn du in einer toxischen Freundschaft feststeckst:
- Suche das Gespräch mit toxischen Freund:innen: Vielleicht weiß dein:e Freund:in gar nicht, wie sehr er oder sie dich verletzt. Oder vielleicht sind dir auch an dir selbst toxische Verhaltensmuster aufgefallen. Vielleicht könntet ihr in einem konstruktiven Gespräch eure Probleme lösen. Versucht dabei sachlich zu bleiben und nicht zu sehr in einen emotionalen Ton abzurutschen. Bist du vor dem Gespräch nervös, kann es dir helfen, vorab einige Stichwörter zu notieren. Gehe nicht mit unrealistischen Erwartungen in das Gespräch: Wenn die Freundschaft schon lange toxisch war, wird es nicht einfach, sie wieder zu kitten.
- Grenze dich ab: Nehme dir deine Freiräume, wenn dir alles zu viel wird. Sage der anderen Person, dass du Zeit für dich brauchst und unternimm beispielsweise einen Ausflug in die Natur, um deine Gedanken zu ordnen.
- Toxische Freundschaft beenden: Vielleicht bist du aber auch so verletzt, dass du mit der toxischen Person nichts mehr zu tun haben möchtest. Eine Freundschaft zu beenden ist nicht einfach, egal ob toxisch oder nicht. Schließlich habt ihr viel miteinander erlebt. Wenn dir die Freundschaft aber nicht mehr guttut und du unter der Beziehung leidest, ist es wirklich an der Zeit, die Freundschaft zu beenden. Bleibe dabei allerdings respektvoll und versuche, dich nicht manipulieren zu lassen. Hier erfährst du, wie du eine Freundschaft würdevoll beenden kannst.
- Nimm Hilfe in Anspruch: Scheue dich nicht davor, Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn dich eine Freundschaft zu sehr belastet. Rede mit anderen Freund:innen oder deiner Familie über die toxische Freundschaft. Du kannst dir aber auch psychologische Hilfe suchen, um die Situation zu verarbeiten.
- Ablenkung: Triff dich mit anderen Freund:innen oder starte ein neues Hobby. Vielleicht kannst du auf diesem Weg auch neue Leute kennenlernen, die besser zu dir passen.
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