Fisch gilt als gesund – aber nur selten als nachhaltig. Die Verbraucherzentralen haben gemeinsam mit WWF, Nabu und der DUH eine neue „Guter Fisch“-Liste herausgegeben. Einige wenige Fischarten kann man demnach aus Umweltsicht noch kaufen.
Viele Verbraucher:innen stellen sich viele die Frage: Kann man Fisch überhaupt noch guten Gewissens essen? Dazu gibt es verschiedene Meinungen. Vegetarier:innen und Veganer:innen verzichten auf Fisch. Doch Tierschutz ist nur ein Grund, auf Fisch zu verzichten.
Die Belastung der Meere mit Mikroplastik geht auf die Fische über; auch Überfischung, Beifang und Geisternetze im Meer zählen zu den negativen Auswirkungen des Fischfangs. Organisationen wie der WWF oder Greenpeace veröffentlichten deshalb in der Vergangenheit Fischratgeber, die einen Überblick darüber geben, wie überfischt bestimmte Arten sind und wie groß die Umweltauswirkungen.
Neue „Guter Fisch“-Liste von Verbraucherzentralen und Co. für 2026
Der neueste Kaufratgeber für Fisch ist die kürzlich überarbeitete „Guter Fisch“-Liste vom Dezember 2025, die bis Dezember 2026 gilt. Sie wurde gemeinsam von den Verbraucherzentralen, der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Geomar), dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sowie dem World Wide Fund For Nature (WWF) veröffentlicht. Die Liste umfasst Meeresfische, Fische aus Aquakulturen werden nicht berücksichtigt.
Isabel Seeger, Fachreferentin Meeresschutz bei der DUH, erklärt dazu: „Die anhaltende Überfischung wird durch den schlechten Zustand unserer Meere verschärft. Es gibt immer weniger Gebiete, in denen sich Fische ungestört fortpflanzen und aufwachsen können. Wir müssen dafür sorgen, dass Meeresschutzgebiete wirksam sind und Naturschutzrecht umgesetzt wird – denn ohne Fische, keine Fischerei.“
Dr. Philipp Kanstinger, WWF Fischereiexperte sagt: „Überfischung hat viele Bestände geschwächt – die Klimakrise gibt ihnen nun den Rest. Wärmeres, sauerstoffärmeres Wasser setzt insbesondere Fischen wie Hering und Kabeljau zu. Wer auf die ‚Guter Fisch‘-Liste schaut, sorgt dafür, dass übernutzte Bestände entlastet und verantwortungsvoller arbeitende Fischereien unterstützt werden.“
„Guter Fisch“-Liste: erstmals 14 Meeresfische zu empfehlen
Insgesamt 13 Fischarten sowie Miesmuscheln stehen auf der neuen Guter-Fisch-Liste – das sind zwei Fischarten mehr als vergangenes Jahr. Die Liste ist damit zum ersten Mal seit Erstellung gewachsen und ist ein Jahr lang bis Dezember 2026 gültig. Um besseren Fisch zu kaufen, sollte man laut den Umweltverbänden Fischart, Fangmethode und Fanggebiet genau mit der Liste vergleichen.
Bei unverarbeitetem Fisch und Tiefkühlprodukten sind diese Angaben verpflichtend, wenn auch nicht immer detailliert genug, um bewerten zu können, ob ein Produkt ein „guter Fisch“ ist. Im Zweifel muss man deshalb beim Einkauf nachfragen. Nur so kann man nach Ansicht der Verbraucherzentrale vermeiden, dass Fisch aus einem stark bedrohten Bestand auf dem Teller landet. Denn in einem Fanggebiet kann eine Fischart bedroht sein, in einem anderen nicht.
Fischratgeber: Es kommt auf Art, Region und Fangmethode an

Die Fangmethode ist neben der Herkunft der Fischbestände ein wichtiges Kriterium beim Kauf von Fisch. Besonders schädlich sind Grundschleppnetze, da sie meist viel Beifang erzeugen und den Meeresboden zerstören. Aquakulturen sollen Bestände schonen, stehen aber ebenfalls in der Kritik, unter anderem weil als Futtermittel meist Fischmehl aus bedenklichem Wildfang zum Einsatz kommt.
Guter Fisch: Diese Fischarten empfehlen WWF und Co.
Welchen Fisch kann man denn noch essen? Folgende Meeresfische empfiehlt die Guter-Fisch-Liste:
- Flunder, Scholle und Kliesche aus der Ostsee, wenn sie mit Reusen oder Fallen gefangen wurden
- Hering aus dem Golf von Riga, gefangen durch Schleppnetze, Reusen und Fallen. Die Guter-Fisch-Liste schreibt dazu: „Heringe kommen in großen Beständen im Nordatlantik und in der Ostsee vor und spielen als Futterfische eine Schlüsselrolle im Nahrungsnetz der Meere. Der Bestand im Golf von Riga in der Ostsee hat noch eine ausreichende Größe, aber wurde in der Vergangenheit zu stark befischt. Dieses Jahr wurden die Fangquoten gesenkt.“
- Seelachs aus der Barentssee mit den erlaubten Fanggeräten Umschließungs- und Hebenetzen
- Schellfisch aus der Nordsee, Westlich Schottlands (Skagerrak) mit Haken und Leinen gefangen
- Ketalachs aus dem Nordostpazifik um Alaska. Fangmethoden: Umschließungs- und Hebenetze sowie Schleppangeln. Da die Ketalachs-Fischerei in Alaska 2025 deutlich höhere Rückkehrerzahlen und Fangmengen erreichte und sich zugleich die Bestandsaussichten verbesserten, ist Ketalachs aus Alaska nach der nur bedingten Empfehlung im Vorjahr nun wieder empfehlenswert.
- Rotlachs aus dem Nordostpazifik um Alaska, der mit Kiemen- und vergleichbaren Netzen gefischt wurde. Der Rotlachs ist wieder als empfehlenswert eingestuft, da sich der Zustand der Bestände, die in Alaska ablaichen, unter strengem, wirksamen Management wieder verbessert hatte.
- Weißer Thun, aus allen Meeresgebieten mit Ausnahme des Mittelmeers und Indischen Ozeans, er muss mit Hand- und Angelleinen oder Schleppangeln gefischt werden; Langleinen sind nicht empfehlenswert, die Verbraucherzentrale empfiehlt eine gezielte Nachfrage, wenn die Angabe lediglich „Haken und Leinen“ umfasst.
- Iberischer Stöcker aus portugiesischen Gewässer und der Biskaya, der mit Umschließungsnetzen und Hebenetzen gefangen wurde
- Echter Bonito, ein kleinerer Thunfisch, jetzt weltweit, sofern mit Handleinen und Angelleinen gefischt
- Schildmakrele (Pazifische Makrele) aus dem Südostpazifik, die mit Umschließungs- und Hebenetzen gefischt wird. Sie ist wieder empfehlenswert, da sich die Makrelenschwärme vor der chilenischen Küste nach Ansicht der Expert:innen derzeit in einem guten Zustand befinden und nachhaltig befischt werden.
- Sardelle (Anchovy) aus der Biskaya, sofern mit Umschließungs- und Hebenetzen gefangen.
- Miesmuscheln aus dem Nordostatlantik und als Leinenkultur. Da detaillierte Angaben selten auf dem Etikett zu finden sind, sollte man im Zweifel gezielt nachfragen.
Nur bedingt empfehlenswert ist folgende Fischart:
- Alaska-Seelachs aus dem Nordostpazifik und der östlichen Beringsee, wenn mit pelagischen Schleppnetzen gefangen, bei denen Grundberührungen ausgeschlossen sind oder genau dokumentiert werden – die Angabe „Schleppnetze“ als Fangmethode ist nicht ausreichend.
- Die Guter-Fisch-Liste erklärt: „Der Alaska-Seelachs wird mit pelagischen Schleppnetzen gefangen, die teilweise den Meeresboden berühren und damit beschädigen. Diese Grundberührungen müssen stärker vermieden und dokumentiert werden.“
Die vollständige Guter-Fisch-Liste kannst du auch auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg einsehen.
Die Guter-Fisch-Liste ist länger als zuletzt: Rot- und Ketalachs aus Alaska sind wieder empfehlenswert, ebenso Sardellen aus der Biskaya und chilenische Schildmakrelen. Zudem musste keine Empfehlung eingeschränkt oder zurückgenommen werden. Das klingt nach einem Anlass zur Freude, doch diese ist nach Ansicht der Herausgeber:innen getrübt: Viele beliebte Speisefische wie der Nordsee-Hering oder der Kabeljau werden weiterhin überfischt. Außerdem stehe Verbraucher:innen insgesamt zu wenig Fisch zur Auswahl, der mit nachhaltigen Fanggeräten gefangen wird.
Dr. Rainer Froese, Meeresökologe und Fischereiwissenschaftler am Geomar in Kiel erklärt: „Leider wird es immer schwieriger, nachhaltige Bestände für die „Guter Fisch” Liste zu finden, denn die Überfischung unserer Meere hält an. Ein trauriges Beispiel ist der Nordseehering: Schon im letzten Jahr stand er nur als „bedingt empfehlenswert“ auf der Liste und trotzdem sind die Fänge erneut viel zu hoch. Der Bestand schrumpfte weiter und musste folglich komplett von der Liste gestrichen werden.“
Fischratgeber: Nach welchen Kriterien erfolgt die Bewertung?
Bei der Bewertung der Fische für die Guter-Fisch-Liste spielen die Fangtechnik, Beifangvermeidung, die aktuelle Bestandsgröße sowie die Höhe des Fischereidrucks (die Intensität des Fischfangs) eine wichtige Rolle.
Dabei achten die Verbände und das Geomar zum Beispiel auf folgende Voraussetzung: Die mittlere Körpergröße der Fische im Fang muss deutlich über derjenigen liegen, bei der die Tiere geschlechtsreif werden.
Das Ziel des aktuellen Fischratgebers sind nach eigener Aussage gesunde Meere, in denen Fischbestände leben, die trotz ihrer kommerziellen Nutzung groß und gesund sind und die ihre Rolle im Ökosystem erfüllen können.
Wir brauchen endlich ein ökosystembasiertes Fischereimanagement, ausgerichtet auf Nachhaltigkeit und Qualität statt auf kurzfristige wirtschaftliche Interessen. Dazu muss die Fischereipolitik grundsätzlich geändert werden. Mit der Liste ,Guter Fisch’ können Verbraucher*innen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Fischpopulationen und den Lebensraum Meer nicht noch weiter zu gefährden.
Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz
Welchen Fisch für Feiertage?
Wenn zu Weihnachten Fisch auf den Tisch soll, ist neben den Meeresfischen von der Guter-Fisch-Liste Karpfen aus der regionalen Teichwirtschaft eine gute Wahl. Laut WWF ist etwa zu Ostern auch eine Forelle aus Bio-Zucht empfehlenswert. Süßwasserfische sind nicht Bestandteil der Guter-Fisch-Liste. Wenn du dich informieren möchtest, welche Flussfische aus Naturschutzsicht zu empfehlen sind, listet der WWF auch diese Fische samt Einschätzung auf.
Utopia meint: 38 Prozent der weltweiten Fischbestände sind überfischt, 51 weitere Prozent werden bis an die Grenzen befischt. Dazu kommen zahlreiche weitere Probleme, die die Lust auf Fisch vergehen lassen: Zerstörung wertvoller Lebensräume durch Schleppnetze und Aquakultur, Verschmutzung von Gewässern, die Bedrohung anderer Tierarten durch Beifang. Allein dieser macht nach Angaben des WWF pro Jahr neun Millionen Tonnen aus, zehn Prozent des weltweiten Fischfangs.
Weil die Situation so komplex ist, reichen einzelne Siegel oft nicht aus, um Verbraucher:innen umfassend beim Einkaufen zu beraten. Wer „besseren“ Fisch kaufen und essen will, sollte sich deshalb im Vorhinein genau informieren und sich an der aktuellen Guter-Fisch-Liste orientieren oder keine Meeresfische, sondern regional gefischte Süßwasserfische kaufen.
Oder noch besser: auf Fisch verzichten und dafür eine vegane Fischalternative ausprobieren. Für die Gesundheit brauchen wir Fisch nicht: Unseren Bedarf an Omega-3-Fettsäuren können wir auch über andere Lebensmittel wie Algenöl, Walnüsse oder Leinöl decken.
Lies dazu:
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