Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete fordert mehr Klimaschutz in Europa. Europäer müssten außerdem libysche Flüchtlinge und Klimaflüchtlinge aufnehmen – dazu seien sie auch aus historischer Sicht verpflichtet.
„Asyl kennt keine Grenze!“, erklärt Carola Rackete in einem Interview mit bild.de. Die Kapitänin der Sea Watch 3 hatte im Juni Migranten aus Seenot gerettet und war danach ohne Genehmigung in Italien an Land gegangen. Gegen die 31-Jährige wird deshalb ermittelt – wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung.
Kapitänin Rackete: Europa muss Klima-Flüchtlinge aufnehmen
In dem Interview sprach sich Rackete dafür aus, vor allem Opfern von „forced migration“ zu helfen. Diese würden durch äußere Umstände wie das Klima zur Migration gezwungen. „Der Zusammenbruch des Klimasystems sorgt für Klima-Flüchtlinge, die wir natürlich aufnehmen müssen.“ In einigen afrikanischen Ländern würde die Nahrungsgrundlage zerstört. Dies wiederum würden industriereiche Länder in Europa verursachen. „Und da haben wir dann keine Wahl mehr und können nicht einfach sagen, dass wir die Menschen nicht wollen.“
Einem World-Bank-Bericht zufolge könnten bis zu 140 Millionen Menschen bis 2050 ihre Heimat verlieren – durch den Klimawandel. Auch einige der Sea-Watch-3-Passagiere waren Betroffene. „Wir hatten Menschen aus zehn verschiedenen Ländern auf dem Boot“, erinnert sich Rackete. „In Bangladesch ist es besonders schlimm, aber auch im Pazifik, wo Inseln überschwemmen, oder in der Wüste Afrikas. Da kommt noch einiges auf uns zu, über das heute niemand reden will.“
Die Kapitänin schlägt vor allem eine konkrete Maßnahme vor, um den Klimawandel als Fluchtgrund zu bekämpfen: „Wir müssen den CO2-Ausstoß auf null herunterbringen.“ Würde man das in Europa umsetzen, könne man Menschen in Afrika helfen, in denen die Auswirkungen des Klimawandels stärker sichtbar sind.
Europa hat eine „historische Verantwortung“
Neben Klimaflüchtlingen sei es besonders wichtig, Menschen schnellstmöglich aus Libyen herauszuholen. „Wir hören von einer halben Million Menschen, die in den Händen von Schleppern sind oder in libyschen Flüchtlingslagern, die wir rausholen müssen.“ Betroffenen müsse sofort bei einer sicheren Überfahrt nach Europa geholfen werden. Rackete kritisierte, dass Politiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel keine konkreten Pläne zur Rettung von libyschen Flüchtlingen vorlegen würden.
Insgesamt nimmt Europa zu wenige Flüchtlinge auf, findet die Kapitänin: „Die Zahl an Menschen, die wir aufgenommen haben, ist ja immer noch gering, wenn Sie das mit dem Libanon, Jordanien oder anderen afrikanischen Ländern vergleichen. Man muss das besser erklären und das Thema nicht den rechtspopulistischen Parteien überlassen“
Rackete zufolge haben Deutschland und andere europäische Länder eine „historische Verantwortung“ gegenüber Nationen in Afrika, die „noch aus der Kolonialzeit“ stammt. Europa wäre daran beteiligt gewesen, die Machtverhältnisse zu formen, und beute Afrika aus. „Hier entsteht die Spirale, die zur Flucht führt“, erklärt die 31-Jährige.
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