Etwa 80 Prozent des in Deutschland verkauften Spielzeugs stammt aus China. Dieses werde oft unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt, wie die Undercover-Recherche einer Initiative zeigt.
Ob Plastikfiguren, Holzspielzeug oder Puppen: Vieles, was dieses Jahr unter dem Weihnachtsbaum liegt, stammt aus China. Dort zu produzieren ist günstiger als in Europa. Und günstige Produkte sind beliebt.
Den wahren Preis zahlen andere: In China werden die Spielzeuge oft unter miserablen Arbeitsbedingungen hergestellt, wie eine von August bis Oktober 2017 verdeckte Recherche in vier chinesischen Fabriken zeigt. Die Fabriken produzierten Markenspielzeug für Großkonzerne wie Walmart, Disney, Hasbro, Hama und andere.
Bis zu 140 Überstunden im Monat für Spielzeug
Auf den heimlich aufgenommenen Fotos sieht man erschöpfte ArbeiterInnen, die auf Pappkartons auf dem Boden schlafen, eine stark verschmutzte Küche in der Fabrik-Mensa sowie verdreckte sanitäre Anlagen der Fabrik-Unterkünfte.
Acht oder mehr Personen teilten sich kleine Schlafsäle, so der gemeinsame „Toys Report 2017“ der Organisationen Solidar Suisse, China Labor Watch (CLW) und Christliche Initiative Romero (CIR). Gefährliche Chemikalien und ungenügender Arbeitsschutz gefährdeten die Mitarbeiter, Überstunden von monatlich 80 bis 140 Stunden seien an der Tagesordnung,
„Ich war an der letzten Station des Produktionsprozesses positioniert und musste die Heißklebe-Maschine nutzen, um die Barbie in der Plastik-Verpackung zu befestigen. Ich wurde nicht unterrichtet, einen Mundschutz oder Handschuhe zu tragen“, berichtet ein verdeckter Ermittler des CLW, der sich als Arbeiter in eine Fabrik einschleuste. „Nach einer Weile sah der Kleber auf meinen Händen wie eine zweite Hautschicht aus. Ich war so erschöpft, meine Hände hörten nicht auf zu arbeiten und ich hatte keine Zeit, mich auszuruhen.“
Spielwarenindustrie – keine aktive Gewerkschaft
Für ihren Report hatte CLW Interviews mit rund 400 Arbeitern und Arbeiterinnen geführt sowie investigativ recherchiert. Viele der Unternehmen, deren Markenspielzeug in den untersuchten Fabriken produziert werden, hätten zwar Verhaltenskodexe etabliert und versprochen, Arbeitsrechte einzuhalten.
Doch laut den Recherchen von CLW verletzten die Zulieferfirmen die Rechte ihrer Mitarbeiter: Das chinesische Recht sieht maximal 36 Überstunden pro Monat vor, regelt eigentlich Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz.
Die Arbeitsbedingungen führten laut dem Bericht zu Suiziden: Während den drei Monaten verdeckter Recherche sollen zwei Arbeiter vom Gebäude gesprungen sein. Es gäbe in keiner der vier untersuchten Fabriken eine aktive Gewerkschaft. Grund für niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen seien die Verträge mit internationalen Konzernen wie Mattel, Hasbro und Disney, so der „Toys Report 2017“.
Öffentlicher Druck führe zu Verbesserungen
Drei der untersuchten Fabriken wurden von CLW bereits in den letzten Jahren betrachtet. Bei ihrem Besuch im August 2017 stellte die Organisation gleichzeitig Verbesserungen und Rückschritte bei den Arbeitsbedingungen fest.
So gebe es bessere Versicherungsleistungen für die ArbeitnehmerInnen, die reguläre Arbeitswoche wurde von sechs auf fünf Tage reduziert und es wurden teilweise Löhne erhöht – auch wenn diese nicht einem existenzsichernden Lohn entsprächen.
Doch würden alle vier Fabriken immer noch unverhältnismäßige Überstunden verlangen, in einer Fabrik sank der Lohn. In einer anderen Fabrik gebe es nur noch Kopfbedeckungen als Schutzausrüstung, 2013 hätte es noch Gesichtsmasken und Handschuhe gegeben.
Währenddessen bekommen die Geschäftsführer der belieferten Markenunternehmen Jahreslöhne in zweistelliger Millionenhöhe und die Konzerne machen Milliardengewinne.
Extreme Arbeitszeiten, unterschrittene gesetzliche Mindestlöhne, grobe Verletzungen von Arbeitsschutzbestimmungen oder miserable Zustände in den Wohnheimen der Beschäftigten: Der neue Bericht bestätigt nur bisherige Recherchen in chinesischen Spielzeugfabriken (zum Beispiel ZDFzoom „Schöne Bescherung – Spielzeug aus China“, 2015).
Joana Eink von CIR appelliert an die Verantwortung der Spielwarenkonzerne: „Die Billig-Preis-Strategie der Markenhersteller führt direkt zur Ausbeutung in den Fabriken. Es ist Zeit, dass die Konzerne menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen ein Ende setzen.“
Unter den Weihnachtsbaum nur faires Spielzeug
Schadstoffe, Lohnsklaverei, Umweltzerstörung – in modernem Kinderspielzeug kann so einiges stecken, was ganz und gar nicht kindgerecht ist. Den „Toys Report 2017“ gibt es auf der Seite der Christlichen Initiative Romero (PDF). Sinnvolle Alternativen gibt es in den Shops unserer Bestenliste:
Utopia rät: Am besten, du suchst dir einen Spielzeugladen in deinem Wohnort und lässt dich dort kompetent beraten. Wer keinen solchen Händler findet: In den Online-Spielzeugläden aus unserer Bestenliste Spielzeugläden findest du schönes, pädagogisch wertvolles Bio-Spielzeug aus unbedenklichen Materialien, hergestellt unter nachhaltigen Kriterien hier in Europa. Fair hergestelltes Spielzeug gibt es außerdem in Weltläden und sozialen Werkstätten.
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