2016 war das Jahr, in dem in Deutschland Plastiktüten abgeschafft wurden. So könnte man zumindest meinen. Leider stimmt das nicht ganz: Bisher sind es Initiativen von einzelnen Händlern. Plastik im Alltag vermeiden kann aber jeder von uns.
Die Deutschen verbrauchen durchschnittlich 71 Plastiktüten pro Person im Jahr – damit liegen wir zwar deutlich unter dem EU-Durchschnitt (198 Stück), doch bis zum Jahr 2025 soll der Verbrauch auf 40 Tüten pro Kopf sinken, so eine neue EU-Richtlinie. Dabei kann jeder Mitgliedsstaat selbst entscheiden, wie er dieses Ziel erreicht.
Tüte nur noch gegen Geld
Während Ruanda die Plastiktüte schon vor mehr als einem Jahrzehnt verboten hat, zog Marokko 2016 nach und verhängte ein landesweites Verbot von Plastiktüten. In Irland hat der Preis von 44 Cent pro Plastiktüte den Verbrauch deutlich reduziert: Statt 328 nutzten die Einwohner nur noch 18 Plastiktüten im Jahr 2010 (siehe Grafik).
Und auch in Deutschland tut sich was: Immer mehr Einzelhändler verbannen die Plastiktüte komplett aus ihren Kassenzonen, oder verlangen zumindest einen Preis dafür.
Diese Entwicklung ist die Folge einer freiwilligen Vereinbarung zwischen Handel und Politik – Deutschlands Antwort auf die EU-Richtlinie. Die teilnehmenden Unternehmen (aktuell 260 mit rund 45.000 Standorten) geben seit dem 1. Juli 2016 Kunststofftragetaschen nur noch gegen Entgelt ab. So soll der Verbrauch an Plastiktüten in Deutschland in den kommenden zehn Jahren fast halbiert werden.
Doch wie wirksam ist die freiwillige Vereinbarung wirklich? Das Umweltministerium überprüft die Entwicklung im Handel, nach spätestens zwei Jahren sollen Kunden dann mindestens 80 Prozent der Plastiktüten nur noch gegen Entgeld kriegen.
Kein Verbot der Plastiktüten
Die EU will also bis 2025 den Verbrauch von Plastiktüten deutlich reduzieren. Doch von einem kompletten Verbot von Plastiktüten kann man nicht sprechen. Denn: Die neue Richtlinie meint nur Plastiktüten mit einer Wandstärke von weniger als 50 Mikrometer.
Die ultraleichten Kunststofftüten, die wir für Obst und Gemüse kennen, sind davon ausgeschlossen. Ebenso sind besonders dickwandige Tüten von der EU-Richtlinie ausgenommen. In Deutschland jedoch sind die dickeren Plastiktüten in der freiwilligen Vereinbarung mit einbezogen. Ein komplettes Verbot wie in Ruanda oder Marokko planen die deutsche Politik und die EU derzeit nicht.
Wir freuen uns dennoch über diesen kleinen Schritte in Richtung Nachhaltigkeit und wollten von euch wissen: Wie transportiert ihr eure Einkäufe nach Hause?
Vorbereitet oder hochstapelnd: Utopia trägt plastikfrei
Die meisten der Umfrageteilnehmer auf Utopia.de waren scheinbar vorbereitet und zauberten an der Kasse eine Stofftasche, einen Jutebeutel oder eine wiederverwendbare Plastiktüte hervor. Vielleicht waren sogar ein paar mit einem Rucksack, einer Fahrradtasche oder einem Körbchen dabei? Das wissen wir nicht so genau – fest steht aber: 92 Prozent hatten eine eigene Tasche dabei. Diese Zahl zeigt: Einkaufen ohne Plastiktüte ist also kein Ding der Unmöglichkeit.
Und wenn man es so hält, wie weitere 6 Prozent unserer User, kann Einkaufen sogar zum akrobatischen Kunststück werden. So viele von euch tragen ihre Einkäufe nämlich ganz ohne Tasche nach Hause. Vielleicht waren es aber auch einfach nur vergessene Einzelteile, oder ein Apfel „auf die Hand“? Es lohnt sich auf jeden Fall, bei jedem Einkauf abzuwägen, ob die Plastiktüte wirklich notwendig ist.
Die übrigen zwei Prozent der Teilnehmer benötigten an der Kasse eine neue Tüte. Es ist ja auch nur menschlich, nicht immer perfekt vorbereitet zu sein. Interessant finden wir, dass genauso viele zur Plastik- wie zur Papiertüte griffen. Während die eine mittlerweile als Umweltsünde verschrien ist, haftet der anderen ein naturnahes Image an – vermutlich nicht zuletzt auf Grund des häufig bräunlichen Papiers. Dabei ist die Umweltbilanz der Papiertasche nicht zwangsläufig besser als die der Plastiktüte! Warum das so ist, erklärt im Detail ein TED Talk der Nachhaltigkeitsstrategin Leyla Acaroglu (Englisch mit deutschen Untertiteln).
Es gibt aber bereits smarte Ideen, die Papiertüte wirklich nachhaltig zu gestalten: durch schnell kompostierbares Papier, wie beim Tütle, oder durch cleveres Design, das zur dauerhaften Verwendung des PaperJohn anregen soll.
Alternative zu Plastiktüten: der beste Ersatz
Seit viele Händler nun Geld für die Plastiktüten verlangen, geht der Verbrauch zurück. Und die Hälfte der Deutschen verwendet die Plastiktüte laut Umfragen auch mehrmals wieder.
Aber was ist eigentlich die beste Alternative für die Umwelt? Wir wissen: Was die Ökobilanz betrifft, schneiden Papiertüten nicht besser ab als Plastiktüten. In der Herstellung sind diese nämlich sehr aufwendig, brauchen viel Wasser und Energie – dafür sind sie natürlich besser zu recyclen. Und auch Bioplastiktüten sind keine Lösung.
Zu empfehlen sind vor allem wiederverwendbare Leinenbeutel oder andere Stoffbeutel (kannst du auch selber nähen). Bei diesen gilt natürlich: Umso hochwertiger, desto langlebiger und besser für die Umwelt. Für Obst und Gemüse kannst du entweder einen Wäschesack nehmen, entsprechende Stoffbeutel kaufen oder dünne Beutel selber nähen.
Utopia meint: Wir sollten Plastiktüten vermeiden, wo es möglich ist: Mit der eigenen Tasche, dem Rucksack oder mit alten Tüten. Wenn es doch mal die Einwegtüte (Plastik oder Papier) war, dann nutze sie so oft wie möglich wieder. Erst, wenn sie zu dreckig oder zu kaputt ist, kannst du sie als Müllbeutel für den Gelbe-Tonne-Abfall nutzen.
Wir finden es außerdem spitze, dass immer mehr Einzelhändler und Lebensmittelgeschäfte die Plastiktüten an der Kasse abgeschafft haben. Und freuen uns, dass ihr Utopisten sie nur in Einzelfällen durch Einweg-Papiertüten ersetzt, sondern lieber vorbereitet einkaufen geht oder im Zweifelsfall kreativ werdet. Lasst uns jetzt gemeinsam daran arbeiten, Plastik auch an anderen Stellen zu vermeiden um unsere Umwelt zu schützen.
Wie umgehst du Plastiktüten im Alltag? Hast du immer einen Stoffbeutel dabei?
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