Beauty-Tutorials kennt man vor allem von Influencerinnen – jetzt hat die US-Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez eines veröffentlicht. Ihr Video ist aber anders: Zusätzlich zu Schminktipps teilt die Demokratin Einsichten in die patriarchalen Strukturen der Gesellschaft.
„Ich habe letzte Nacht nicht viel Schlaf bekommen. Willkommen im Leben in der Politik“ – sagt die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez zu Beginn ihres Videos. „Wir versuchen, eine Krankenversicherung für die Menschen zu bekommen, damit sie während einer Pandemie versorgt sind. Die Leute streiten viel und deswegen habe ich Augenringe.“
Wie sie die Augenringe wieder loswird, zeigt Ocasio-Cortez in ihrem knapp 20-minütigen Make-up-Tutorial. Für das Video hat sich die Kongressabgeordnete mit dem Frauenmagazin Vogue zusammengetan. Sie führt die Zuschauer*innen darin durch ihre tägliche Hautpflege- und Schminkrountine.
Alexandria Ocasio-Cortez: Der Selbstwert von Frauen wird ständig angegriffen
Ocasio-Cortez beginnt mit einem Toner, gefolgt von Vitamin-C-Serum und Feuchtigkeitscreme. Während sie die Produkte aufträgt, berichtet sie aus ihrem politischen Alltag: „In der Politik gibt es so viel Kritik und Mäkelei daran, wie Frauen und weibliche Personen sich präsentieren. Allein eine Frau zu sein, wird hier ziemlich politisiert.“ Erst vergangenen Monat hat ein republikanischer Abgeordneter Ocasio-Cortez vor laufender Kamera sexistisch beleidigt.
Dieses Problem gebe es aber nicht nur in der Politik: Die Gesellschaft sei darauf aus, Frauen herabzusetzen und ihren Selbstwert anzugreifen. „Eine Gesellschaft, die immer versucht dir zu sagen, dass du nicht das richtige Gewicht hast, nicht die richtige Farbe, nicht das richtige was auch immer.“ Sich selbst zu lieben, sei daher ein radikaler Akt und eine Art Mini-Protest.
Hier das Video auf Youtube:
Selbstliebe und zugleich schminken?
Aber wie passt diese Selbstliebe mit einem Schmink-Tutorial zusammen? Überschminkt man mit Make-up, Eyeliner und Co. nicht die Unsicherheiten, die die Gesellschaft eingetrichtert hat? Für Ocasio-Cortez liegt der Schlüssel in der Motivation: „Wenn ich in der Früh eine Stunde damit verbringe, mich aufzuhübschen, dann mache ich das nicht aus Angst davor, wie ein Foto der Republikaner von mir aussieht. Ich mache es, weil ich Lust darauf habe.“ Sich selbst zu lieben, bedeute nicht, dass man keinen Spaß mehr an Make-up haben könne.
Frauen bezahlen mehr, verdienen aber weniger
Während sie ihren Lidschatten aufträgt, redet die Kongressabgeordnete über die „Pink Tax“ – die Tatsache, dass Frauen für viele Produkte und Dienstleistungen mehr als Männer bezahlen. Ein Frauenhemd in die Reinigung zu geben, sei in den USA beispielsweise teurer als ein Männerhemd.
Auch in Deutschland gibt es die „Pink Tax“, etwa bei Kosmetikprodukten. Teilweise kosten die Produkte für Frauen mehr als doppelt so viel. Zugleich werden Frauen durchschnittlich schlechter bezahlt – selbst bei gleicher Qualifikation. „Wir leben in Systemen, die größtenteils für die Zweckmäßigkeit von Männern errichtet wurden und oft so gestaltet sind, dass sie Frauen und queere Menschen unterwerfen“, sagt Ocasio-Cortez, als sie beim Eyeliner ankommt.
In ihrer politischen Arbeit bekommt sie diese Systeme stark zu spüren: „Als jüngste Frau im Kongress und als Frau of Colour ist es so schwierig, ernstgenommen zu werden. […] Manche Menschen sind einfach in Körpern geboren, die automatisch ernster genommen werden.“
Es braucht mehr Frauen in der Politik
Das Make-up-Tutorial von Ocasio-Cortez kommt im Netz gut an – es wurde mehr als 1,5 Millionen mal aufgerufen (Stand 28.8.). „Diese Frau hat ohne mit der Wimper zu zucken einen perfekten Lidstrich aufgetragen, während sie das Patriarchat zerlegt hat“, lautet beispielsweise ein Kommentar auf Youtube.
Utopia meint: Frauen machen die Hälfte der Bevölkerung aus – in den meisten Ländern sind sie aber eine Minderheit in politischen Gremien. Es sind also vor allem Männer, die wichtige politische Entscheidungen treffen und die Gesellschaft gestalten. Frauen in der Politik – wie Alexandria Ocasio-Cortez – nehmen einiges auf sich, um an den Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Zugleich ebnen sie auch anderen Frauen den Weg – sodass wir hoffentlich bald ein ausgewogeneres Verhältnis von Männern und Frauen in den Parlamenten haben.
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