Avocados haben lange Transportwege hinter sich und ihr Anbau benötigt viel Wasser – aber nicht nur deswegen sind sie problematisch: In Mexiko kontrollieren Drogenkartelle den Handel mit der Frucht. Die USA haben deshalb nun die Einfuhr gestoppt.
Der Superbowl ist jedes Jahr ein großes Ereignis, vor allem in den USA. Dieses Jahr kam es kurz vor Beginn der Sportveranstaltung allerdings zu einem ernsten Vorfall: Zwei Tage vor dem Spiel wurde ein Kontrolleur der US-Behörde für Tier- und Pflanzengesundheit (APHIS) im mexikanischen Bundesstaat Michoacán bedroht. Die US-Behörde ist mitunter für die Einfuhr von Avocados in die USA zuständig – und somit für den Import der gerade zu Superbowl-Zeiten als Dip sehr begehrten Frucht.
Im Anschluss an den Vorfall setzten die USA die Avocadoimporte aus dem südlichen Nachbarland aus. Zum Hintergrund der Drohung äußerte der Gouverneur des Bundesstaats, Alfredo Ramírez, im Sender Radio Fórmula: Es handelte sich bei dem Vorfall um einen Drohung gegen den Kontrolleur via Telefon. Der Anlass war, dass dieser einen Versuch von Kriminellen vereitelte, Avocados aus einem anderen Bundesstaat als Avocados aus Michoacán auszugeben.
Kriminelle Gruppen kontrollieren das Geschäft mit Avocados
Avocados dürfen nur aus Michoacán in die USA eingeführt werden, weil US-Kontrolleure sie dort auf Schädlinge überprüfen. Michoacán ist aber auch eine der Gegenden in Mexiko, die am meisten unter der Gewalt von Drogenkartellen und anderen kriminellen Gruppen leiden. Diese Gruppen haben auch beim Geschäft mit Avocados und anderen Erzeugnissen ihre Finger im Spiel, etwa im Rahmen von Schutzgelderpressung. Kürzlich wurden zum Beispiel Soldaten in ein Gebiet in Michoacán geschickt, in dem nach Medienberichten ein Kartell den Anbau von – in der mexikanischen Küche wichtigen – Limetten kontrollierte und Preise manipulierte.
Trotz der kriminellen Einmischung sind Avocados – auch „grünes Gold“ genannt – eines der lukrativsten Güter für mexikanische Erzeuger:innen. Die Avocados für den Super Bowl waren zwar schon geliefert, aber das Einfuhrverbot der USA machte Sorge vor großen Einnahmeverlusten. In den USA war von einem drohenden Avocadomangel die Rede.
Letztlich dauerte der Importstopp nur etwa eine Woche. Er hat aber auf ein Problem aufmerksam gemacht, das längst nicht gelöst ist. „Dass Avocados, wie auch andere an und für sich legale Märkte, gewalttätige Auseinandersetzungen und Gewalt gegen Produzenten und Exporteure antreiben, ist nichts Neues, sondern eines der Markenzeichen der Mutation der mexikanischen organisierten Kriminalität“, sagt Falko Ernst, Mexiko-Experte der International Crisis Group, der Deutschen Presse-Agentur.
„Avocado-Polizei“ sorgt für Sicherheit
Besonders schlimm war es lange in der Stadt Tancítaro im Bundesstaat Michoacán, laut Guardian die „Welthauptstadt der Avocadoproduktion“. Drogenbosse und Gangs forderten dort Schutzgeld von Landwirt:innen und Landbesitzern:innen oder übernahmen deren Avocadoplantagen mit Gewalt. Immer wieder kam es zu Entführungen und Ermordungen. Zwischen 2006 und 2015 verzeichnete die offizielle Statistik 8.258 Morde im Bundesstaat, so der Guardian.
Um sich gegen die gewalttätigen Gangs zu schützen, griffen die Einwohner:innen ebenfalls zu Waffen und bildeten freiwillige Bürgerpatrouillen. Die ‚Gesellschaft der Avocado-Anbauer‘ gründete außerdem die ‚Tancítaro Public Security Force‘, eine Art Sondereinsatztruppe.
Die Truppe bezeichnet sich auch als „Avocado-Polizei“. Sie kämpft gegen bewaffnete Gruppen, patrouilliert die Straßen und sorgt für Sicherheit. Tancítaro hat dank der Patrouillen zumindest dem Anschein nach Stabilität erreicht, berichtet der Guardian. Drogenkartelle sind aber weiter in den Avocadohandel verwickelt – und Zivilist:innen tragen Waffen. Sicherheit sieht anders aus.
Köche suchen Alternativen
Der irische Koch JP McMahon betreibt zwei Sternerestaurants in West-Irland. Avocados hat er dort bereits 2018 von der Speisekarte gestrichen: „Ich verwende sie nicht, wegen des Effekts, den sie in den Ländern haben, aus denen sie stammen – Abholzung in Chile, Gewalt in Mexiko“, sagte McMahon dem Online-Portal „Irish Independent“. Der Sternekoch bezeichnete Avocados aus Mexiko außerdem als „Blutdiamanten“.
Es gibt Alternativen zu Avocados und du kannst sie in Rezepten gut ersetzen, zum Beispiel durch Erbsen.
Discounter setzen auf neue Kriterien für Avocados
Große Discounter ziehen nun nach. Aldi kündigte nun an, der Konzern werde im Zuge seiner Bemühungen um Nachhaltigkeit im Einkauf in diesem Jahr eine Bewertung seiner Avocado-Lieferanten starten. Diese Bewertung soll unter anderem den Umgang von Lieferant:innen mit Menschenrechten und der Umwelt berücksichtigen.
Konkurrent Lidl teilte mit, er biete aktuell nur Avocados aus Spanien, Israel, Marokko, Kenia, Chile und Kolumbien an. Der Konzern betonte: „Wir distanzieren uns grundsätzlich von jeglichen Rechtsverletzungen.“ Lidl habe daher einen eigenen Verhaltenskodex entwickelt, der von allen Geschäftspartner:innen eingehalten werden müsse.
Problematischer Avocado-Anbau
Auch aus ökologischer Perspektive ist es empfehlenswert, Avocados in Maßen oder gar nicht zu essen. Denn: Ein Avocadobaum benötigt pro Tag rund 50 Liter Wasser. Schätzungen gehen von fast 1.000 Litern Wasser aus, die für ein Kilo Avocado verbraucht werden – was oft nur drei Früchten entspricht. Die Anbaugebiete liegen oft in heißen, trockenen Gegenden, in denen das Wasser ohnehin knapp ist. Speziell in Mexiko werden außerdem illegal Wälder gerodet, um Platz für Avocadoplantagen zu schaffen. Wer nicht auf Avocados verzichten will, sollte darauf achten, Früchte aus Spanien zu kaufen. Bei ihnen sind zumindest die Transportwege kürzer. Wichtig außerdem: Bio-Qualität.
Quelle: Mit Material der dpa
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