Im Diesel-Streit gibt es eine erste Vorentscheidung: Seit über einer Woche hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart über eine Klage der Deutschen Umwelthilfe verhandelt – jetzt ist ein Urteil gefallen, das den Weg für Diesel-Fahrverbote frei macht.
Die Deutsche Umwelthilfe hat ihren Prozess gegen das Land Baden-Württemberg gewonnen. Die Umwelthilfe hatte das Bundesland wegen anhaltender Schadstoffbelastung in Stuttgart verklagt. Die Organisation wollte damit erreichen, dass der Luftreinhalteplan für Stuttgart verbessert wird – unter anderem mit Diesel-Fahrverboten.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart gab der Deutschen Umwelthilfe Recht – und verlangte „schnellstmögliche Maßnahmen“ für eine bessere Luftreinhaltung. Ein Nachrüstplan allein reiche nicht aus.
Autobauer und Regierung wollen Diesel-Nachrüstungen
Das Gericht beschäftigte sich vor allem mit der Frage, ob Diesel-Nachrüstungen ausreichen, um die Luftqualität so weit zu verbessern, dass keine Diesel-Fahrverbote mehr nötig sind. Mehrere Autobauer wie BMW, Audi und Daimler hatten in den letzten Wochen angekündigt, ältere Diesel-Fahrzeuge per Software-Update nachzurüsten und so den Ausstoß von Stickoxiden zu reduzieren.
Mit den Umrüstungsaktionen will die Automobilbranche die Diesel-Fahrverbote noch in letzter Minute verhindern. Auch Vertreter der Landesregierung argumentieren, dass die Grenzwerte für Schadstoffe mit den Nachrüstungen älterer Diesel eingehalten werden können – Fahrverbote seien dafür nicht nötig.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart sieht das anders. Nachrüstungen alleine reichen nicht aus, notfalls müsse die Stadt Stuttgart Fahrverbote einführen, um die Luftqualität in der Stadt zu verbessern. Die Gesundheit der Bevölkerung gehe vor:
„Das Verkehrsverbot verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil der Gesundheitsschutz höher zu gewichten ist als das Recht auf Eigentum und die allgemeine Handlungsfreiheit der vom Verbot betroffenen Kraftfahrzeugeigentümer“, sagte Richter Wolfgang Kern.
Baden-Württemberg wird das Urteil sorfältig prüfen
Das Urteil wird auch für Fahrverbote in anderen Städten richtungsweisend sein. Diskussionen über mögliche Fahrverbote gibt es beispielsweise in München.
Baden-Württemberg will nun die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts abwarten und sorgfältig prüfen. Danach soll entschieden werden, ob das Land Berufung einlegt. Womöglich werden die Verhandlungen dann im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig weiter gehen.
Diesel-Verbote für Fahrzeuge unter Euro-6
Die möglichen Diesel-Verbote in Stuttgart sind Teil eines umfassenden Luftreinhalteplans. Betroffen von den Verboten wären Diesel-Fahrzeuge, die die neueste Abgasnorm „Euro 6“ nicht erfüllen. Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert den Plan jedoch als unzureichend. Sie fordert, dass die Fahrverbote auch für Euro-6-Diesel gelten sollen.
Ob die Fahrverbote überhaupt in Kraft treten, wird in den kommenden Wochen entschieden. Die Fahrverbote sollen an Tagen mit besonders hoher Schadstoffbelastung greifen, so sieht es der Luftreinhalteplan vor. Viel konkreter ist der Entwurf allerdings nicht: Für welche Stadtteile die Fahrverbote gelten sollen, ist noch unbekannt. Offen ist außerdem, wie die Behörden die Verbote durchsetzen und überprüfen wollen.
Stuttgart hat eine hohe Luftverschmutzung
Die Diesel-Verbote sollen dabei helfen, die Luftverschmutzung in Stuttgart zu verringern. Stuttgart überschreitet regelmäßig die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxid. Die EU erlaubt einen Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter. Am Stuttgarter Neckartor wurde im vergangenen Jahr durchschnittlich 82 Mikrogramm gemessen – doppelt so viel wie von der EU vorgesehen.
Die hohe Luftverschmutzung ist generell ein Problem in deutschen Städten. Im Februar hat die EU-Kommission eine Rüge wegen zu schlechter Luftwerte in 28 Gebieten ausgesprochen. Schuld an den schlechten Werten sind verschiedene Faktoren: Heizwerke, Abfallverbrennungsanlagen, bestimmte Industrieprozesse und der Straßenverkehr produzieren Unmengen schädlicher Abgase. Ältere Diesel-Motoren sind dabei besonders starke Luft-Verpester. Die ersten Diesel-Fahrverbote könnten Anfang 2018 kommen.
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