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Luftverschmutzung in Deutschland: Darum ist die Luft so schlecht

Luftverschmutzung in Deutschland: Darum ist die Luft schlecht
Fotos: © Soloviova Liudmyla, Thaut Images - Fotolia.com

Feinstaubalarm, Diesel-Fahrverbot und EU-Vertragsverletzungsverfahren – die Debatte um die Luftverschmutzung in Deutschland ist in den vergangenen Monaten neu aufgeflammt. Doch warum ist unsere Luft eigentlich so schlecht?

Die wichtigsten Faktoren, die zur Luftverschmutzung beitragen und die im Zentrum der aktuellen Debatte stehen, sind Feinstaub und Stickoxide. Beide werden unter anderem von Fahrzeug-Abgasen erzeugt und beide sind sehr gesundheitsschädlich.

Wo die Luftverschmutzung in Deutschland besonders schlimm ist liest du hier: Feinstaub und Stickstoffdioxid: In diesen Städten ist die Luft besonders schlecht.

Luftverschmutzung: Was ist Feinstaub?

Seit einigen Monaten hört und liest man vermehrt von der Feinstaubbelastung, Feinstaubalarm und davon, wie gefährlich das ist. Aber was genau ist Feinstaub?

Das Umweltbundesamt (UBA) definiert ihn als „Teilchen in der Luft, die nicht sofort zu Boden sinken, sondern eine gewisse Zeit in der Atmosphäre verweilen.“ Feinstaub besteht aus einem Gemisch verschiedener Partikel. Unterschieden wird dabei zwischen PM10, Feinstaubpartikeln mit einem maximalen Durchmesser von 10 Mikrometern, PM2,5 mit maximal 2,5 Mikrometern Durchmesser, und ultrafeinen Partikeln mit einem Durchmesser von unter 0,1 Mikrometer. Wenn von hohen Feinstaubwerten die Rede ist, ist damit in der Regel PM10 gemeint. Für die kleineren Partikel gibt es keinen tagesbezogenen Grenzwert und der Jahresgrenzwert wird in der Regel in Deutschland nicht überschritten.

Luftverschmutzung: Schadstoffe stammen auch aus Stromgewinnung & Industrie
Luftverschmutzung: Schadstoffe stammen auch aus Heizkraftwerken, Abfallverbrennungsanlagen und anderen Industrieanlagen. (Foto: CC0 Public Domain / Unsplash)

Wie entsteht Feinstaub?

„Wichtige vom Menschen geschaffene Feinstaubquellen sind Kraftfahrzeuge, Heizwerke, Abfallverbrennungsanlagen, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern, der Schüttgutumschlag, die Tierhaltung sowie bestimmte Industrieprozesse. In Ballungsgebieten ist vor allem der Straßenverkehr eine bedeutende Feinstaubquelle, wobei der Feinstaub nicht nur aus Motoren – vorrangig aus Dieselmotoren – in die Luft gelangt, sondern auch durch Bremsen- und Reifenabrieb sowie durch die Aufwirbelung des Staubes auf der Straßenoberfläche.“

(UBA)

Einer Studie aus dem Jahr 2015 zufolge wird etwa 20 Prozent des Feinstaubs in der Luft durch den Verkehr verursacht. Je etwa 13 Prozent stammen demnach aus der Industrie und der Stromerzeugung – und ganze 45 Prozent aus der Landwirtschaft.

Zwar variieren diese Zahlen je nach Studie, doch Fakt bleibt: Die Landwirtschaft trägt wesentlich zur Luftverschmutzung durch Feinstaub bei – durch landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, die Ernte und das Umfüllen von Getreide und anderen Gütern, aber auch Vorläuferstoffe von Feinstaub wie beispielsweise Ammoniak und Schwefeldioxid, die aus der Tierhaltung und dem Einsatz von Gülle stammen können.

Das heißt: Weniger Fleisch und tierische Produkte zu essen könnte – neben den bekannten Klima-, Umwelt- und Tierschutzaspekten – wesentlich zur Verbesserung der Luftqualität beitragen.

Die Luftverschmutzung könnte man also unter anderem durch sauberere Energieerzeugung, weniger Verkehr und weniger Tierhaltung verringern.

Luftverschmutzung: Feinstaub kommt auch aus der Landwirtschaft
Die Landwirtschaft trägt wesentlich zur Feinstaubbelastung bei. (Foto: © ValentinValkov - Fotolia.com)

Allerdings gibt es noch einen weiteren Faktor: „Die Feinstaubkonzentration in der Luft ist stark wetterabhängig“, sagt Ute Dauert, Luftschadstoff-Expertin beim UBA. Bestimmte Wetterlagen („Inversionswetterlagen“) könnten vor allem im Winter dafür sorgen, dass der Staub sich nicht verteilen kann und geradezu feststeckt in den Städten. Gleichzeitig sorgen Luftströmungen dafür, dass Feinstaub über weite Strecken geweht wird, so dass beispielsweise erhöhte Konzentrationen in Ostdeutschland mitunter auf polnische Kohlekraftwerke zurückgehen können.

In der öffentlichen Debatte um Luftverschmutzung stehen dennoch vor allem der Verkehr und insbesondere (ältere) Diesel-Fahrzeuge als Verursacher im Mittelpunkt. Das liegt vermutlich daran, dass besonders hohe Feinstaubwerte meist in Ballungsräumen und Städten gemessen werden, also dort, wo viel Verkehr herrscht. Diesel-Motoren sind zudem auch für andere Luftschadstoffe verantwortlich.

Und vielleicht diskutieren wir auch deshalb über (Diesel-)Fahrzeuge, weil hier deutlich kurzfristiger Änderungen möglich sind als in anderen Bereichen (Stichwort: Fahrverbote) – und ein Verzicht für viele Stadtbewohner eigentlich machbar wäre.

Wie ungesund ist Feinstaub?

PM10, die gröbsten Feinstaubpartikel, können laut Umweltbundesamt in die Nasenhöhle eindringen, PM2,5 bis in die Bronchien und Lungenbläschen und ultrafeine Partikel bis in das Lungengewebe und sogar in den Blutkreislauf.

Die gesundheitlichen Auswirkungen können dabei von Schleimhautreizungen und Entzündungen bis hin zu Herzproblemen reichen. Einer Studie aus dem Jahr 2015 zufolge sterben rund drei Viertel der Menschen, welche in Folge von Luftverschmutzung sterben, an Schlaganfällen oder Herzinfarkten.

Klar ist: Luftverschmutzung im Allgemeinen und hohe Feinstaubbelastungen im Besonderen können zu vermeidbaren Todesfällen führen. Verschiedene Modellrechnungen und Studien gehen für Deutschland von 35.000 bis 45.000 Todesfällen pro Jahr aus, die durch den Staub begünstigt werden. Allerdings sind diese Zahlen schwer zu erheben und in erster Linie als Warnung zu verstehen: Wir müssen unsere Luftqualität verbessern.

Luftverschmutzung: Was sind Stickstoffoxide?

Ebenfalls im Fokus der Debatte um Luftverschmutzung stehen Stickstoffoxide. In der aktuellen Debatte um Luftverschmutzung sind damit meist Stickstoffdioxid (NO2) und Stickstoffmonoxid (NO) gemeint. Während die Belastung der Luft mit Stickoxiden insgesamt zwar in den vergangenen zwei Jahrzehnten zurückgegangen ist, steigt der Anteil an Stickstoffdioxid kontinuierlich.

2016 lagen an über der Hälfte der städtischen, verkehrsnahen Messstationen die NO2-Jahresmittelwerte über dem EU-Grenzwert. 2017 ging die Belastung mit Stickstoffdioxid zwar etwas zurück, noch immer überschritten laut UBA aber 46 Prozent der verkehrsnahen Messstationen den Jahresmittel-Grenzwert.

Gleichzeitig gilt Stickstoffdioxid als der schädlichere Stoff – auch deshalb sieht das Umweltbundesamt hier besonderen Handlungsbedarf.

„Stickstoffdioxid ist in Bezug auf anhaltende Grenzwertüberschreitungen aktuell das größte Problem“,

bestätigt Ute Dauert vom UBA.

Der Verkehr trägt zur Luftverschmutzung bei
Hohe Stickstoffdioxidwerte in Innenstädten sind vor allem durch den Verkehr verursacht. (Foto: © Thaut Images - Fotolia.com)

Aufgrund der häufigen Überschreitungen des EU-Grenzwertes für Stickstoffoxide hat die EU-Kommission bereits 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet und im Februar 2017 verschärft. Denn nach Ansicht der EU-Kommission tun die besonders betroffenen Städte und Regionen noch nicht genug gegen Luftverschmutzung.

Wie entstehen Stickstoffoxide?

Die Schadstoffe entstehen unter anderem bei der Verbrennung von Kohle, Öl, Gas, Abfall und in Verbrennungsmotoren. Das Bundesumweltministerium schreibt:

„Hohe NO2–Konzentrationen in Innenstädten sind vor allem bedingt durch die Emissionen des Straßenverkehrs, im Wesentlichen von Dieselfahrzeugen.“

Wie ungesund sind Stickoxide?

Stickoxide – insbesondere Stickstoffdioxid – gelten als noch gefährlicher für die Gesundheit als Feinstaub. Stickstoffdioxid führt zu Reizungen der Atemwege und der Augen. Zudem verstärkt es laut Umweltbundesamt die Reizwirkung anderer Schadstoffe in der Atemluft. „In der Folge können Atemnot, Husten, Bronchitis, Lungenödem, steigende Anfälligkeit für Atemwegsinfekte sowie Lungenfunktionsminderung auftreten. Auf der Grundlage dieser Effekte werden die Atemwege auch empfindlicher für Allergien.“ Insbesondere für Asthmatiker sind hohe Konzentrationen gefährlich.

Das Bundesumweltministerium schreibt:

„Langandauernde Exposition kann zu Beeinträchtigung der Lungenfunktion und zu chronischen Herz-Kreislauferkrankungen führen.“

Sprich: Das Risiko für Schlaganfälle beispielweise steigt.

Über diese unmittelbaren gesundheitlichen Gefahren hinaus tragen Stickstoffoxide zur Entstehung von Feinstaub und Ozon bei, die ebenfalls gesundheitsschädigend sind.

„Nur wenn wir unsere Stickoxidemissionen in den Griff bekommen, können wir erhöhte Ozonbelastungen auch bei fortschreitendem Klimawandel vermeiden“,

sagt die Präsidentin des UBA, Maria Krautzberger.

Neben Feinstaub und Stickstoffdioxid haben noch weitere Schadstoffe Einfluss auf die Luftqualität, etwa Ozon, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Benzol, Ammoniak und Blei. (Mehr dazu beim UBA).

Fazit: Unsere Luft ist vor allem deshalb so schlecht, weil Verkehr, Industrie und Landwirtschaft diverse Schadstoffe an die Luft abgeben, allen voran Feinstaub und Stickstoffdioxid. Insbesondere die Stickstoffdioxidbelastung muss deutlich verringert werden, damit die Luft in den Städten besser wird. Stellschrauben hierfür sind der Straßenverkehr im Allgemeinen und Dieselfahrzeuge im Besonderen, doch auch die Energieerzeugung und Landwirtschaft müssen sauberer werden, um die Luftverschmutzung zu verringern.

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