Im Kampf gegen die Klimakrise ist unsere Lebensmittelproduktion eine wichtige Stellschraube. Die „BBC“ hat Experten gefragt, was jeder Einzelne tun kann, um mit seiner Ernährung das Klima zu schützen.
Klimaschutz geht (auch) durch den Magen. Unsere Landwirtschaft ist hauptverantwortlich für die Abholzung der Wälder, verbraucht enorme Mengen Wasser – und die Nahrungsmittelproduktion verursacht rund ein Viertel der globalen CO2-Emissionen. Dabei sind einige Lebensmittel größere Klimakiller als andere. Wenn wir selbst einen Beitrag leisten möchten, um das Klima zu schützen, ist es daher sinnvoll, an unserem persönlichen Essverhalten anzusetzen. Aber wie genau?
Die „BBC“ hat sechs Expert*innen – darunter Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen – gefragt: Wenn wir heute eine Sache verändern müssten, um den CO2-Fußabdruck unseres Essens zu verringern, was sollten wir tun?
Worin sich fast alle befragten Fachleute einig sind: Wir müssen bei Fleisch und Milchprodukten ansetzen. Hier eine Zusammenfassung der Tipps:
1. Umweltlabels fordern!
Joseph Poore von der Universität Oxford sagt: „Eines der wichtigsten Dinge, die wir als Konsumenten tun können ist, zu fordern, dass die Produzenten ihre Lebensmittel mit Umweltlabels kennzeichnen.“ Seine Begründung: Zwei Produkte können auf den ersten Blick gleich aussehen, aber völlig unterschiedliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.
Poore glaubt, dass Umweltlabels nicht nur Verbrauchern helfen würden, bessere Kaufentscheidungen zu treffen, sondern auch zu einem Wettbewerb unter Produzenten führen: Diese müssten die konkreten Auswirkungen ihrer Herstellungsprozesse auf die Umwelt messen und untereinander konkurrieren. Trotzdem bedeute das kein grünes Licht für Fleischkonsum: Vielmehr soll die Kennzeichnung nachhaltiger Hersteller und Produkte „den entscheidenden Übergang zu wesentlich geringeren Mengen Fleisch und Milch in unserer Ernährung unterstützen.“
Poore betont: „Selbst das umweltfreundlichste Rindfleisch verursacht immer noch sechs Mal mehr Treibhausgase und benötigt 36 Mal mehr Fläche als Bohnen und Hülsenfrüchte.“ Der eine große Schritt, den wir jetzt tun müssen, sei also, Fleisch und Milchprodukte zu meiden – dies sei effektiver als all unsere Flüge zu streichen oder ein Elektro-Auto zu kaufen.
Hier kannst du einen Vortrag von Joseph Poor auf Youtube ansehen:
2. Schritte in Richtung pflanzliche Ernährung machen!
Richard George von Greenpeace UK ist ebenfalls der Ansicht: „Weniger Fleisch und Milchprodukte zu essen ist die eine praktische Sache, die wir alle tun können, um die Emissionen unserer Ernährung zu reduzieren.“ Fleisch sei für 60 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, die von Essen verursacht werden.
Der Greenpeace-Sprecher weist auch auf eine problematische Entwicklung in Großbritannien hin: Dort sei zwar der Konsum für Rindfleisch zurückgegangen, auf der anderen Seite steige jedoch der Verzehr von Hühnchen. Die Hühner würden aber mit Soja gefüttert, für dessen Anbau wiederum Regenwälder gerodet werden.
„Wissenschaftler sagen, dass wir unseren Konsum von Fleisch- und Milchprodukten mehr als halbieren müssen, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Mehr Getreideprodukte, Obst und Gemüse und weniger Fleisch zu essen bedeutet, dass wir mehr Nahrung auf weniger Fläche produzieren können und den Druck verringern, Wälder in landwirtschaftliche Nutzfläche umzuwandeln“, erklärt George. „Es ist außerdem gesünder für uns.“
3. Gesund essen!
Für Emma Keller vom WWF ist genau diese Win-Win-Situation zentral: „Eine gesunde, nachhaltige Ernährung kann laut unserer Livewell-Forschung dabei helfen, unseren CO2-Fußabdruck bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren – im Vergleich zu 1990.“ Das bedeute: mehr Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst und Gemüse, dafür weniger rotes, helles und verarbeitetes Fleisch und Milchprodukte.
4. Wenn Fleisch, dann von Weiderindern!
Patrick Holden, Gründungsdirektor von „The Sustainable Food Trust“, konzentriert sich auf die Anbaumethoden und kommt zu einer anderen Empfehlung: „Wir unterscheiden uns von anderen Organisationen dadurch, dass wir eine nachhaltige Ernährung befürworten, die einen höheren Konsum von Weidefleisch von Rind und Lamm mit einschließt. Wenn wir diese Produkte nicht kaufen, ist es für unsere Bauern unmöglich, fruchtbarkeitsförderndes Weideland in ihre Felderwirtschaft mit einzugliedern – was eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, die Bestände von Bodenkohlenstoff wieder aufzufüllen.“
Nachhaltige Ernährung solle allerdings Hähnchen, Schweinefleisch und Milchprodukte aus Massenproduktion meiden – und dafür mehr Gemüse und frische Lebensmittel, darunter Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse, beinhalten.
5. Bio essen!
Rob Percival, Leiter der Abteilung für Lebensmittel- und Gesundheitspolitik der „Soil Association“, hat eine klare Antwort: „Esst Bio-Lebensmittel, wenn ihr die Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren wollt.“ Ökologische Landwirtschaft könne helfen, die Klimakrise zu lösen, weil biologische Böden gesünder sind und mehr Kohlenstoff speichern. Wenn ganz Großbritannien auf ökologische Landwirtschaft umstellen würde, könnten mindestens 1,3 Millionen Tonnen davon pro Jahr aufgenommen werden – „das entspricht der Maßnahme, fast eine Million Autos von der Straße zu nehmen.“
Darüber hinaus sei ökologische Landwirtschaft besser für die Natur: „Intensive Landwirtschaft ist auf chemische Pestizide und synthetische Düngemittel angewiesen, was der Flora und Fauna schaden kann“, so Percival. Jüngste Studien hätten gezeigt, dass der Gebrauch von Pestiziden mit dem globalen Insektensterben zusammenhängt – und dass die Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen auf ökologischen Höfen doppelt so reich ist wie auf konventionellen. Percivals Fazit: „Jedes Mal, wenn du Bio kaufst, hilfst du der Natur, zu gedeihen.“
6. Selbst aktiv werden!
Clare Oxborrow, Aktivistin bei „Friends of the Earth” gibt noch einen anderen Tipp. Man verringere zwar die Treibhausgasemissionen seiner Ernährung und der seiner Familie, indem man weniger – und bessere – Fleisch- und Milchprodukte verzehre. „Aber du kannst viel mehr für den Planeten erreichen, wenn du ein „aktiver Essens-Bürger“ wirst“, erklärt Oxborrow.
Das könne zum Beispiel bedeuten: Mit dem Einzelhändler über die Herkunft seiner Produkte zu sprechen, Lobbyarbeit bei Lokalpolitikern zu betreiben oder sich an Projekten für regionale Lebensmittelproduktion zu beteiligen. „Du hast solche Dinge vielleicht bislang ausgeschlossen, weil sie zu viel deiner Zeit beanspruchen – aber du kannst gleich jetzt damit beginnen“, sagt die Aktivistin. „Du brauchst nur einen Brief, eine E-Mail oder einen Tweet, um als Umweltaktivist zu starten.“
Die ausführlichen Antworten kannst du in englischer Sprache auf der Website der BBC lesen.
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