Auf diesem Fahrradweg in Berlin müssen Fahrradfahrer umständlich im Zickzack radeln. Das sorgt für Kopfschütteln – und ist ein Symbol für die miserable Fahrrad-Infrastruktur in Deutschland.
„Ich dachte das wäre ein Witz“, sagt eine Anwohnerin über den ungewöhnlichen Fahrradweg, den man seit kurzem in der Leo-Baeck-Straße in Berlin-Zehlendorf betrachten kann. Tatsächlich ist es kein Witz: Die neue Strecke ist im Auftrag der Stadt entstanden. Sie führt im Zickzack rechter Winkel an Birken entlang, die die Straße säumen. Wer auf dem Radweg fahren will, muss im Slalom um die Bäume herumfahren – das lässt Radfahrer gleichermaßen staunend wie ratlos zurück.
Hier siehst du den Fahrradweg im Video:
„Das war so nicht geplant“
Was ist da passiert? Die mit der Markierung beauftragte Firma habe ihre Aufgabe etwas zu formal wahrgenommen, sagt Umwelt-Stadträtin Maren Schellenberg im Berliner Tagesspiegel. Die Firma hat die Markierung offenbar in Höhe der Bäume jeweils versetzt. Das sei so aber nicht geplant gewesen, denn die Leo-Baeck-Straße sei eigentlich eine Tempo-30-Zone, in der kein Fahrradweg angeordnet werden dürfe. Der Zick-Zack-Weg sei eigentlich als Orientierungshilfe für Grundschüler auf dem Fahrrad vorgesehen, weil Kinder unter acht Jahren auf dem Gehweg fahren müssen.
„Eigentlich ist es ja ganz hübsch, aber es kann auf keinen Fall so bleiben“, sagt die Stadträtin. Und so wird der skurrile Fahrradweg bald wieder verschwinden.
Fahrradwege in Deutschland in schlechtem Zustand
Das klingt alles ganz witzig, ist aber auch ein Symbol für die schlechte Fahrrad-Infrastruktur in Deutschland. Der Fahrradverband ADFC bezeichnet unser Radverkehrsnetz als „einen unzumutbaren Flickenteppich aus zusammenhanglosen, zu schmalen, unverständlichen und schlecht gemachten Radweg-Lösungen.“
Fahrradwege sind häufig nicht breit genug, uneben, von Baumwurzeln aufgebrochen, machen plötzliche Verschwenkungen, führen zu nah an parkenden Autos vorbei oder werden gar von diesen blockiert. Radfahren in Städten macht so weder Spaß, noch ist es sicher.
Dabei ist eine gut ausgebaute und sichere Fahrradinfrastruktur wichtig, damit mehr Menschen aufs Fahrrad steigen – und weniger Auto fahren. Mehr Fahrradverkehr in Städten sorgt für eine bessere Luft, reduziert den Co2-Ausstoß und entlastet den Verkehr.
Diese Städte machen es vor
Dass gut ausgebaute und sichere Fahrradwege die Zahl der Radfahrer erhöhen, zeigt zum Beispiel die dänische Hauptstadt Kopenhagen. Dort hat man sich zum Ziel gesetzt, Autos komplett aus der Innenstadt zu verbannen. Ende 2016 wurden in Kopenhagen erstmals mehr Fahrräder als Autos gezählt. Amsterdam hat diesen Punkt sogar schon in den neunziger Jahren erreicht.
In der Niederländischen Stadt Utrecht wird so viel Fahrrad gefahren, dass dort letztes Jahr sogar eine Tiefgarage nur für Fahrräder entstand. 125.000 Radfahrer sind dort jeden Tag unterwegs – also grob ein Viertel der Bevölkerung. Warum? Weil die Radwege gut ausgebaut und sicher sind.
Norwegen kündigte ebenfalls Ende 2016 an, Schnellstraßen für Fahrräder im ganzen Land zu bauen – um so den Anreiz aufs Rad zu steigen, zu vergrößern.
Deutschland macht sich auf den Weg
Bei aller Kritik, auch in Deutschland geht es voran. So plant Hamburg bis zu acht „Fahrrad-Autobahnen“, die die Stadt mit dem Umland verbinden sollen. Der erste dieser Radschnellweg soll noch dieses Jahr entstehen.
Im Juni hat die rot-rot-grüne Koalition in Berlin zudem das bundesweit erste Radverkehrs- und Mobilitätsgesetz beschlossen. Es sieht unter anderem vor, die Bedingungen für Radfahrer zu verbessern. Das Ziel: Weniger CO2. „Wenn wir in den nächsten zehn Jahren Bedingungen wie in Kopenhagen erreichen, ist eine Reduktion der CO2-Emissionen im städtischen Raum um zwanzig bis dreißig Prozent drin“, sagt Verkehrsexperte Heinrich Strößenreuther im Interview. Er hatte 2015 den Volksentscheid „Fahrrad in Berlin“ mit angestoßen, der schließlich zum neuen Mobilitätsgesetz geführt hat.
Von einer besseren Fahrradinfrastruktur würde letztlich nicht nur die Umwelt profitieren: Rad fahren ist auch für unsere Gesundheit besser als Autofahren und hält fit – und Spaß macht es auch. Wer noch mehr Gründe braucht: 5 gute Gründe, Fahrrad statt Auto zu fahren
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