Fairphone 2: Das neue faire Smartphone ist leistungsstärker, langlebiger und erstaunlich reparierbar.
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Das Fairphone war vielleicht kein ökonomischer Durchbruch, auch wenn immerhin 60.000 Geräte für um die 325 Euro über den Ladentisch gingen und das Unternehmen aus den Niederlanden auf 31 Mitarbeiter wachsen ließ. Doch es bleibt ein David, der gegen unfaire Goliaths antritt: Allein Apple verkaufte zuletzt 10 Millionen iPhone 6 – am ersten Verkaufswochenende. Medial jedoch war das Fairphone ein Riesenerfolg, der erfreulicherweise bereits weitere Player wie Shiftphones auf den Plan rief.
Das Fairphone zeigte vor allem einen Weg auf: Weg von den ständig neuen Modellen bei Apple, Samsung & Co., die zwar mit immer mehr Features glänzen, aber kaum Rücksicht nehmen auf Produktionsbedingungen wie Arbeitsverhältnisse, Rohstoffherkunft und Umweltbelastung. Hin zu einem anderen Anspruch an elektronische Geräte, der nicht rein von Preisen und Moden getrieben ist und faire Produktionsbedingungen in allen Bereichen der Wertschöpfungskette mit Rentabilität verbinden will.
Fairphone 2: schon bestellbar
Jetzt hat Fairphone das neue Modell vorgestellt, das wahrscheinlich Ende November, Anfang Dezember lieferbar sein wird. Bestellen kann man es hier:
- International bei Fairphone
- In Deutschland bei Vireo.de und Fairmondo.de – siehe: Fairphone – wo kaufen & bestellen?
Die zentralen Versprechen der Amsterdamer Pioniere lauten:
- Das Fairphone 2 ist leistungsfähiger als sein Vorgänger, das eher unbefriedigendes Mittelmaß lieferte.
- Die Produktionskette soll noch transparenter sein (bisherige Zulieferer: PDF), ein Anspruch, der viel Mühe bereitet, aber einem speziellen Publikum wichtig ist.
- Die Lebensdauer des Gerätes kann vom Nutzer durch modularen Aufbau und leichtere Reparierbarkeit verlängert werden.
Auch bei der Herstellung in China will Fairphone bessere Arbeitsbedingungen, faire Löhne und soziale Leistungen erreichen. Über einen Worker Welfare Fund bereitgestellte Mittel sollen die Arbeitsschutz, Arbeitervertretung, Arbeitsbedingungen und Mitarbeiterförderung verbessern. Mit dem Unternehmen Hi-P International will Fairphone ein Unternehmen gefunden haben, das bereit ist, diesen Weg mit Fairphone zu gehen. Auch wenn man die einzelnen Punkte nur Schritt für Schritt angehen kann, ist es Fairphone schon gelungen, eine Arbeitnehmervertretung einzuführen.
Zinn und Tantal des Smartphones sollen zudem aus konfliktfreien Regionen der Demokratischen Republik Kongo stammen. Fairphone hat es sich selbst zur Aufgabe gemacht, Alternativen zu aktuellen Bergbaupraktiken aufzuzeigen, Arbeitsbedingungen zu verbessern und den Lebensstandard zu erhöhen. Als Pionier will das Unternehmen den Grundstein legen und andere Unternehmen davon überzeugen, dass auch in Demokratischen Republik Kongo Bergbau aus konfliktfreien Minen betrieben werden kann. Auch will Fairphone sein Elektroschrott-Recyclingprogramm in Ghana optimiert haben.
Woher die Komponenten und Rohstoffe eines Fairphone stammen, zeigt zum Beispiel diese interaktive Karte: http://free.sourcemap.com/view/10617
Es muss klar sein, dass auch das neue Fairphone 2 nicht völlig fair und vollkommen nachhaltig produziert werden kann. Bis auf weiteres können Geräte wie das Fairphone oder das Shift im besten Fall „fairer und nachhaltiger als bisher“ sein.
Das Fairphone 2 soll länger halten
Fairphone nahm das Design des Fairphone 2 stärker in die eigene Hand und widmete sich dabei vor allem der Langlebigkeit des Gerätes.
Die Kurzlebigkeit moderner Smartphones hat ja mehrere Ursachen: Neben modischen Erwägungen müssen neue Geräte sich an bestimmten Preispunkten (wie „149 Euro“) bewegen, was nur mit billigsten Bauteilen machbar ist; und aus Gründen der kompakten Bauweise, vielleicht auch der billigen Produktion und der geplanten Obsoleszenz, sind viele Smartphones so gebaut, dass man sie nicht öffnen und reparieren kann. Im Ergebnis kommt ein typisches Smartphone auf eine Lebensdauer von 2 bis 2,5 Jahren (geprägt auch von Mobilfunkverträgen).
Das neue Fairphone lässt sich in austauschbare, modulare Einzelteile zerlegen – während Apple und Samsung viele ihrer Geräte regelrecht unreparierbar verkleben. Der Bildschirm lässt sich mit wenigen Handgriffen über zwei Klammern lösen und entfernen, darunter liegende Technik wie Kamera und Mikrofon sind deutlich zu erkennen.
Einzelne Module lassen sich zwar nicht durch „bessere“ ersetzen, anders als etwa bei Google Ara (wo es nicht um Nachhaltigkeit geht), doch wenn Bauteile wie die Kamera, das Display oder der Lautsprecher kaputtgehen, lassen sie sich beim Fairphone 2 durch Ersatzteile vollständig ersetzen. Dazu reicht ein handelsüblicher Schraubenzieher.
Zur dieser Art von Langlebigkeit gehört dann natürlich auch, dass Ersatzteile in leicht zugänglichen (Online-) Shops zu haben sind. Wie Shift stellt Fairphone auch frei verteilbare Reparaturanleitungen ins Netz, damit die Nutzer selbst die Lebensdauer ihrer Geräte erhöhen können – bei anderen Herstellern sucht man sich oft die Finger blutig, um wenigstens (unverständliche) Serviceanleitungen zu finden (die aber ohne Spezialwerkzeuge oft nichts nützen).
Das Fairphone 2 wird auch eine robustere Hülle besitzen. Dieser eingebaute „Bumper“ erspart dem Nutzer, eine schützende Zusatzhülle (meist aus billigem Plastik) fürs Smartphone kaufen zu müssen. Der Bumper soll sehr robust und dennoch ansehnlich sein und durch eine Erhebung auch das Display schonen. Die Fallhöhe habe man auf 1,85 Meter spezifiziert, heißt es im Blog. Dennoch soll es künftig auch andere Rückenteile geben, die stets zugleich als Schutz dienen. Wasserdicht wird es nicht sein, weil man es dann nicht mehr leicht öffnen könnte.
Mehr Leistung muss auch beim Fairphone sein
Einerseits schadet die ständige Gier nach mehr Features und Leistung der Nachhaltigkeit, weil es die Nutzer dazu treibt, stets das Neue haben zu wollen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch wichtig, möglichst viele Nutzer für ein faires Smartphone zu interessieren – und das geht nicht, wenn es nur ein gut gemeintes Alternativprodukt ist, das viele als rückständiges Jute-statt-Plastik-Handy betrachten.
Das Fairphone 2 legt daher auch bei den technischen Eckdaten (PDF) nach. Mit einem 5-Zoll-Display (1920 x 1080 Pixel Auflösung, LCD TFT/IPS) erfüllt es den Nutzerwunsch nach möglichst viel Sichtfläche und mit Android 5.1 „Lollipop“ verwendet es das neueste Betriebssystem. Die Kamera arbeitet mit 8 Megapixel Auflösung. Als Prozessor dient ein Snapdragon 801 2,26GHz von Qualcomm. Die verwendeten 2 Gigabyte Arbeitsspeicher sind optimal, ein interner Speicher von 32 Gigabyte sogar sehr stattlich bemessen. Aufrüstbar ist der Speicher via microSD-Karte. Der Li-Ion-Akku soll 2420 mAh fassen. Das Fairphone 2 soll außerdem LTE, GPS und Bluetooth 4.0 unterstützen und einen Dual-SIM-Steckplatz aufweisen.
Das Gewicht beträgt 148 Gramm. Die Bauhöhe soll bei etwa 11 Millimeter liegen, die Gesamtmaße sind 143 x 73 x 11 Millimeter. Eine englische Einführung bietet Fairphone hier.
Ein faires Smartphone hat seinen Preis
Fürs Fairphone 2, das ab Ende des Sommers bestellbar sein soll, kann man sich hier vormerken lassen. Nun kommt aber der Haken: Das Fairphone 2 wird um die 525 Euro kosten, 200 Euro mehr als der Vorgänger (dessen Kosten hier als PDF transparent zu sehen sind). Es bewegt sich damit schon fast im Preisbereich der iPhones und Luxus-Samsungs – und das könnte so manchen Kunden abschrecken (oder zum Shiftphones Shift greifen lassen).
Natürlich sollte man hier auch an die Langlebigkeit denken: Wenn das Fairphone 2 doppelt so lang hält, dann darf es auch doppelt so viel kosten. Dennoch sieht es beim Fairphone 2 danach als, als würde ein nachhaltiges Smartphone zum Luxusartikel werden.
Das kann man aber auch als deutliches Signal lesen: Bei konventionellen Geräten zahlen wir nur deshalb weniger, weil sie auf Kosten von Umwelt und Ausbeutung billig gemacht wurden.
Fotos des modularen Smartphones in der Bildergalerie:
Fairphone 2: Erste Bilder, technische Daten
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