Ob ein Tier artgerecht gehalten wurde, sollen Verbraucher künftig an einem neuen Tierwohl-Label für Fleisch erkennen können. Verbraucherschützer zweifeln an der Wirksamkeit des geplanten freiwilligen Gütesiegels.
Aus welcher Art der Tierhaltung Eier stammen, kann man seit 2005 an einem Stempel auf der Eierschale erkennen: Die erste Ziffer einer Zahlenfolge gibt an, ob das Ei aus ökologischem Landbau (0), Freilandhaltung (1), Bodenhaltung (2) oder Käfighaltung (3) stammt. Ein ähnliches Siegel will Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CDU) nun auch für Fleisch einführen.
Schmidt schlägt ein mehrstufiges Gütesiegel vor, das zunächst bei Schweinefleisch und möglicherweise Geflügel die Haltungsbedingungen der Tiere kennzeichnen soll, später auch bei Rindfleisch und Milch. Das geht aus einem Eckpunktepapier hervor, welches der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Staatliches Güte-Siegel auf freiwilliger Basis
Schmidt spricht sich laut Süddeutscher Zeitung bei seinem neuen Label für eine „Vermeidung von Negativ-Kommunikation“ aus. Das Label soll daher nicht verpflichtend, sondern freiwillig sein. Damit Käufer nicht abgeschreckt werden und um Landwirten nicht zu schaden, soll es keine Kennzeichnung für schlechte Haltungsbedingungen geben.
Die Kriterien für das Siegel sollen außerdem „dynamisch“ sein, die Hürde, um es zu erhalten, niedrig. So sollen Bauern beispielsweise nicht sofort größere Investitionen in die Verbesserung ihrer Ställe tätigen müssen. Die Absichtserklärung, in Zukunft darauf zu verzichten, Schweinen die Schwänze zu beschneiden, reiche beispielsweise bereits aus. Damit möchte Schmidt möglichst viele Landwirte erreichen.
Verbraucherschützer üben Kritik am geplanten Siegel…
Schmidts Gütesiegel soll die von Landwirtschafts- und Lebensmittelverbänden getragene Initiative Tierwohl ergänzen. Finanziert wird die Brancheninitiative von Supermarktketten wie Aldi, Lidl, Kaufland, Netto oder Rewe. Pro Kilogramm verkauftem Schweine- oder Geflügelfleisch zahlen die Einzelhändler hier vier Cent in einen Fonds ein. Aus diesem können Landwirte schöpfen, um die Haltungsbedingungen ihrer Tiere zu verbessern.
Verbraucherschützer kritisieren die Brancheninitiative jedoch als intransparent und wenig wirksam. Im September beendete der Deutsche Tierschutzbund die Kooperation mit der Initiative. Die Kriterien der Initiative liegen gerade so über den gesetzlich geregelten Haltungsanforderungen, das führe nicht zu mehr Tierwohl im Stall, sondern zur Täuschung des Verbrauchers, sagte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes dem ZDF.
Dennoch möchte Landwirtschaftsminister Schmidt mit seinem Gütesiegel „systematisch Schnittstellen“ zur Initiative Tierwohl schaffen. Zusätzlich sollen sich Vorgaben des Deutschen Tierschutzbundes in den Kriterien seines Labels wiederfinden.
… und fordern ein verbindliches Siegel
Verbraucherschützer wollen eine verpflichtende Kennzeichnung für Fleisch. So sieht es auch die Grünen-Verbraucherschutzpolitikerin Nicole Maisch: Sie fordert eine verbindliche Haltungskennzeichnung. Auf jedem Stück Fleisch und jeder Packung Milch sollte klar zu erkennen sein, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten werden, sagte sie gegenüber der Süddeutschen Zeitung.
Die Pläne des Ministers sollen Anfang 2017 auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt werden.
Utopia meint: Ein staatliches Siegel für die Haltungsbedingungen, aus denen tierische Produkte stammen, ist generell wünschenswert. Doch derzeit scheinen die Kritierien für das geplante Tierwohl-Siegel nur wenig echte Verbesserungen bringen zu können. Fraglich ist außerdem, ob ein Siegel auf freiwilliger Basis wirksam sein kann. So würde sich wohl nur ein kleiner Teil der Landwirte zu besserer Tierhaltung verpflichten. Andere Produzenten könnten weiterhin auf Kosten der Tiere wirtschaften, ohne den Verbraucher informieren zu müssen.
Wir Verbraucher haben schon jetzt die Möglichkeit uns für mehr Tierwohl zu entscheiden: Am Bio-Siegel sowie an den Siegeln verschiedener Bio-Anbauverbänden wie demeter, Bioland und Naturland erkennst du biologisch erzeugte Produkte aus möglichst artgerechter Tierhaltung.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Bio-Siegel: Was haben die Tiere davon?
- 12 Bilder, die zeigen, warum wir unseren Konsum dringend ändern müssen
- Fleischersatz: vegetarische Alternativen wie Tofu, Seitan, Lupine, Quorn, Tempeh
War dieser Artikel interessant?