Klimaneutral bis 2035? Eine Studie zeigt, wie das gelingen kann Von Katharina Siegl Kategorien: Umweltschutz Stand: 17. März 2021, 14:00 Uhr Foto: Unsplash/ CC0/ behzad ghaffarian Wie würde eine Welt aussehen, in der wir unsere Klimaziele erreichen? Und was müssen wir dafür tun? Eine Studie ist diesen Fragen auf den Grund gegangen. Sie schildert das Jahr 2035 – ohne Verbrennungsmotor, Gasheizungen und voller grüner Energie. 2035 ist die Energiewende gelungen, unser CO2-Fußabdruck für Energie und Mobilität ist um über 90 Prozent gesunken. Zumindest entwirft dieses Szenario ein Report, den die Beratungsagentur Arepo im Auftrag des Ökostromanbieters Lichtblick erstellt hat. „Klimaneutral leben 2035“ beschreibt, wie unsere Zukunft in 14 Jahren aussehen könnte – und was die Politik heute dafür tun muss. Klimaneutral bis 2035: Das muss sich ändern „Klimaneutral leben 2035“ schildert das Leben einer fiktiven Kleinfamilie (Lena, Jan und Emily), die in einem Einfamilienhaus in einem Vorort leben, und das eines Singles in einer Stadtwohnung (Alex). Beide Haushalte leben 2021 weit über ihre „Klimaverhältnisse“: Die dreiköpfige Familie hat einen CO2-Fußabdruck von 31,7 Tonnen im Jahr, davon entstehen 17,2 Tonnen durch Energie und Mobilität. Bei Alex sind es 15,1 beziehungsweise 6 Tonnen. Doch bis 2035 können beide ihre Emissionen stark senken, vor allem im Bereich Energie und Mobilität: auf 1,3 beziehungsweise 0,4 Tonnen. Das ist ein Unterschied von jeweils über 90 Prozent. Fast keine Emissionen mehr durch Energie und Verkehr – wie ist das gelungen? Laut dem Report braucht es nur zehn Klima-Reformen. Dazu gehören unter anderem: CO2-Preis macht fossile Energien teuer: Fossile Energien (wie Kohle, Erdgas, Erdöl, Benzin und Diesel) sind im 2035-Szenario viel teurer geworden, vor allem durch den CO2-Preis. Der lag 2030 zum Beispiel bei 145 Euro pro Tonne. Deshalb haben immer mehr Vebraucher:innen zu preiswerten sauberen Energien gewechselt. In der Übergangszeit wurden die Bürger:innen durch ein „Bürgergeld“ entlastet. Außerdem wurden viele klimafreundliche Maßnahmen wie zum Beispiel Null-Emissions-Heizsysteme durch den Staat gefördert. Photovoltaik wird Pflicht: 2035 erzeugen die meisten Häuser Strom auf dem Dach – für Neubauten ist das sogar Pflicht. Doch die Zahl der Solaranlagen hat schon im Laufe der 2020er zugenommen. Haubesitzer:innen können ihre Dachfläche unter anderem direkt an Dienstleister verpachten und verdienen so mit den Solarzellen, ohne den Einbau bezahlen zu müssen. Allerdings ist es inzwischen auch einfach, selbstgenerierten Strom ins Netz einzuspeisen und zu verkaufen – das lässt sich zum Beispiel per App steuern. Bei Stromknappheit kann sogar Energie von Autobatterien gegen Vergütung ins Netz gespeist werden. Pendeln ohne Klimagase: Bus und Bahn werden für den Arbeitsweg attraktiver – dank verbessertem Schienennetz, besseren Anschlüssen und 365-Euro Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Dazu fahren sie klimaneutral mit Ökostrom und Wasserstoff. In den Städten gelten strengere Tempolimits und Falschparken wird mit höheren Bußgeldern geahndet, dafür wurden Fuß- und Radwege ausgebaut. Keine Zulassung für Benzin und Diesel: Seit Ende der 2020er Jahre haben wir uns endlich vom Verbrenner verabschiedet. Nur Neuwagen mit klimaneutralen Antrieben erhalten eine Zulassung – und für die gibt es ausreichend Ladesäulen, die unter anderem mit Ökostrom betrieben werden. Der Wald wächst: Auch 2035 verursachen wir noch CO2-Emssionen. Wie viele, berechnet eine App, über die man auch gleich kompensieren kann. Das machen viele Menschen freiwillig, das Geld fließt unter anderem an Projekte zur Wiederaufforstung. Die betreibt unter anderem der Bund auf einer Fläche von 25.000 Hektar. Hier geht es zum vollen Bericht. Utopia meint: Utopie oder Realität? Darüber müssen wir heute entscheiden Der Report von Lichtblick unterscheidet sich in vielen Punkten von der typischen Klimastudie. Erstens: Er liest sich mehr wie eine Geschichte, erzählt den Alltag von Protagonist:innen nach, einmal 2021 und einmal 2035. Eine Geschichte, die man gerne liest, weil sie so zuversichtlich klingt – das ist ein weiterer Unterschied. In dieser Zukunft ist die Energiewende in Deutschland gelungen. Unser Lebensstandard hat sich nicht nennenswert verschlechtert. Und leisten können wir uns das alles auch. Wie realistisch das ist, ist nicht leicht zu sagen. Lichtblick gibt an, in der Studie nur Konzepte und Technologien zu verwenden, die als „machbar“ eingestuft wurden oder heute bereits eingesetzt werden können. Lösungen für Emissionen durch Flüge, Nahrungsmittel und Konsum, die über Kompensation hinaus gehen, bieten die Autor:innen nicht. Das ist auch nicht der Fokus der Studie, aber trotzdem ein Problem, denn diese Bereiche machen einen großen Teil unseres CO2-Fußabdrucks aus. Ist die Studie also bloß eine schöne Utopie? Auf jeden Fall zeigt sie uns einen neuen Blickwinkel: Sie fokussiert sich nicht auf die Katastrophe, sondern darauf, wie die Alternative, unser Ziel, aussehen könnte – und welche politischen Maßnahmen dafür nötig wären. Manches davon mag uns utopischer erscheinen als es wirklich ist. Tatsache bleibt, dass die Menschheit für klimafreundliche Lebensbedingungen heute schon die Weichen stellen muss: zum Beispiel indem wir in Forschung investieren, CO2-Preise anheben, komplizierte gesetzliche Regelungen vereinfachen. Nur dann hat diese Utopie überhaupt eine Chance – und genau darauf will uns diese Studie hinweisen. ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. War dieser Artikel interessant? 58 6 Vielen Dank für deine Stimme! Diese Artikel könnten dich auch interessieren LED-Lampen – Diese Modelle senken deine Stromrechnung Der Amazonas-Regenwald brennt weiter: 10 Dinge, die du jetzt tun kannst Inas Nureldin: „Man muss schauen, dass man die Leute mit Informationen nicht überfrachtet.“ Richard David Precht erklärt perfekt, warum Freiheit Einschränkungen braucht Wäsche waschen bei 30 Grad: Wann reicht das aus? 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