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Biomasse: Das steckt hinter dem Energieträger

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Foto: CC0/pixabay/ID1815691

Biomasse liefert Bioenergie und soll dadurch helfen, die Klimaziele zu erreichen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Hier liest du, warum es bei der Energiegewinnung aus Biomasse noch Probleme gibt – und wie Lösungen aussehen können.

Biomasse verwertet Abfall und einiges mehr

Biomasse bezeichnet pflanzliche oder tierische Materialien, aus denen sich Bioenergie gewinnen lässt. Idealerweise sind dies Abfälle aus der Landwirtschaft, privaten Haushalten, Industrie oder Forstwirtschaft, die so noch einen Nutzen haben.

Laut Umweltbundesamt (UBA) liefern Abfallmaterialien allein allerdings nicht ausreichend Energie. Es besteht also Bedarf für zusätzliche Biomasse. Als Quelle dafür dienen eigens zu diesem Zweck angebaute Pflanzen. Genutzt wird sowohl die Bioenergie heimischer Pflanzen als auch importierte Biomasse. Die Bundesregierung erklärt, dass Deutschland voraussichtlich auch weiterhin auf importierte Biomasse angewiesen sein wird.

Zur Energiegewinnung angebaute Pflanzen sind beispielsweise:

  • Gehölze: Schnell wachsende Bäume wie Weiden oder Pappeln. Der NABU spricht von regelrechten Energiewäldern.
  • Lebensmittelpflanzen: Das UBA berichtet, dass Raps, Mais, Weizen, Zuckerrüben, Sonnenblumen oder Ölpalmen angebaut werden, um daraus Energie zu produzieren. Laut WWF liefern auch Soja, Zuckerhirse, Topinambur oder Algen verwertbare Biomasse.

Biomasse liefert Bioenergie

Biogasanlagen gewinnen Gas aus Biomasse, die beim Ernten übrig bleibt.
Biogasanlagen gewinnen Gas aus Biomasse, die beim Ernten übrig bleibt.
(Foto: CC0/pixabay/brokerx8)

Biomasse liefert Strom, Wärme oder Treibstoff. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Arten von Bioenergie, die sich aus Biomasse gewinnen lassen. 

  • Gasförmig: In Biogasanlagen entsteht aus der Biomasse Gas. Blockheizwerke verwenden unter anderem dieses Gas und wandeln es in Strom oder Wärme um. Das UBA gibt an, dass die Anlagen nur etwa 20 Prozent des Gases aus Abfällen, Gülle oder sonstigen Reststoffen gewinnen. Die übrigen 80 Prozent stammen von zusätzlich angebauten Pflanzen.
  • Flüssig: Die Grundlage für Biotreibstoff sind meistens Pflanzenöle. Rapsöl oder die tropische Ölpalme liefern zum Beispiel die Rohstoffe für Biodiesel. Dem WWF zufolge stammt Bioethanol aus der vergorenen Stärke von Zuckerrüben, Getreide oder Zuckerrohr. Bioethanol ist zum Beispiel auch unserem Benzin beigemischt. Die Kennzeichnung E10 an der Zapfsäule gibt an, dass bis zu zehn Prozent Bioethanol im fossilen Kraftstoff enthalten sein können.
  • Fest: Bei festem Material zur Energieerzeugung handelt es sich zum Beispiel um Holz für den heimischen Kamin oder Holzpellets für Heizanlagen. Holzpellets bestehen größtenteils aus gepresstem Sägemehl oder Spänen. Die Organisation Bioenergy Europe gibt an, dass Pellets aus deutscher Produktion meist aus beschädigtem Holz bestehen, das bei der Waldpflege anfällt.

Biomasse soll zum Klimaschutz beitragen

Biomasse aus Holzabfällen liefert Biowärme.
Biomasse aus Holzabfällen liefert Biowärme.
(Foto: CC0/pixabay/recyclind)

Bioenergie zählt zu den erneuerbaren Energien, denn Biomasse besteht aus nachwachsenden Rohstoffen. Damit gilt Biomasse als ein Energieträger, der zum Gelingen der Energiewende beitragen könnte. Bei diesem Prozess sollen zunehmend klimafreundliche Energieträger die fossile Energie ablösen. Das soll CO2-Emissionen unter anderem aus Erdöl, Kohle oder Erdgas einsparen.

Deutschland will so seine Klimaziele erreichen und dazu beitragen, die Erderwärmung einzudämmen. Das deutsche Ziel ist es, bis 2050 weitgehend klimaneutral zu sein. Als klimaneutral gilt ein Land, wenn es nicht mehr CO2-Emissionen produziert, als die Natur aufnehmen kann.

Laut einer Statistik des UBA lieferte Biomasse 2019 bereits über die Hälfte (52 Prozent) der erneuerbaren Energie. Das UBA erläutert, dass Biomasse bei der regenerativen Stromversorgung eine wichtige Rolle zukommt. Bioenergie aus Biomasse ergänzt den Solar- und Windstrom: Während deren Energieleistung größtenteils von Wetterbedingungen abhängt, ist Biomasse vom Wetter unabhängig. Um mögliche Versorgungslücken bei Solar- oder Windstrom zu verhindern, können Biomasseanlagen bei Bedarf einspringen und zusätzlichen Strom erzeugen. Das BMU wirft sogar die Frage auf, ob die Energiewende überhaupt zu schaffen ist, ohne die Biomasseproduktion noch weiter auszubauen.

Doch so klimafreundlich ist die Bioenergie vielleicht gar nicht: Zu ihren genauen Auswirkungen besteht noch Forschungsbedarf. Die Verwertung von Biomasse könnte durchaus auch negative Effekte haben:

  • Methan: Biogas enthält meist das Treibhausgas Methan. In Biogasanlagen zersetzen Mikroben die organische Masse. Durch diese Gärung entsteht auch Methan. Das UBA erläutert, dass Biogas zwischen 50 und 75 Prozent Methan enthalten kann; wie viel genau, hängt vom Ausgangsmaterial ab. Welche Rolle Methan bei der Erderwärmung spielt, ist in Fachkreisen noch nicht abschließend geklärt. Die Deutsche Umwelthilfe geht davon aus, dass Methan über einen kurzen Zeitraum sehr stark die Erderwärmung beeinflusst. Kohlenstoffdioxid wirkt dagegen konstant über einen langen Zeitraum.
  • CO2-neutral? Die Bundesregierung räumt ein, dass es zur Ökobilanz von Biomasse noch offene Fragen gibt. Verbrennt zum Beispiel Holz, entstehen dabei CO2-Abgase und somit Treibhausemissionen. Rein rechnerisch gibt das Holz nur so viel CO2 ab, wie der Baum in seiner Wachstumsphase aufgenommen hat. Fachleute diskutieren aber darüber, ob das in der Praxis tatsächlich CO2-neutral ist.
  • Schadstoff-Emissionen: Der NABU berichtet, dass die Biowärme von Holzfeuern etliche Schadstoffe freisetzt. Der Rauch enthält unter anderem Feinstaub, Stickoxide sowie PAK, die in Verdacht stehen, Krebs zu verursachen.

Ist Biomasse nachhaltig?

Raps als Biomasse wächst oft in Monokulturen.
Raps als Biomasse wächst oft in Monokulturen.
(Foto: CC0/pixabay/pasja1000)

Solche Unklarheiten legen nahe, dass eine endgültige Bewertung von Biomasse noch schwierig ist. Das betrifft auch die Frage der Nachhaltigkeit: Energie aus Biomasse kann nachhaltig sein, muss es aber nicht.

Nachhaltig ist Biomasse vor allem dann, wenn sie sich aus weiterverwerteten Abfällen zusammensetzt. Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft erhalten so auch ungenutzte Reste einen Zweck. Beispielsweise lassen sich so bei der Ernte oder in der Forstwirtschaft alle Rohstoffe nutzen.

Probleme mit der Nachhaltigkeit entstehen dagegen, wenn der Energiebedarf zunehmend durch eigens angebaute Energiepflanzen gedeckt werden muss. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

  • Konkurrenz auf den Feldern: Für den Anbau von Lebensmitteln stehen damit weniger Felder zur Verfügung. Das UBA spricht von der Teller-oder-Tank-Debatte. Vor allem im globalen Süden sehen sich Länder mitunter vor eine schwierige Entscheidung gestellt: Die Ernten entweder als Biomasse zu exportieren oder die Fläche für den heimischen Nahrungsbedarf zu nutzen.
  • Biodiversität: Der WWF warnt, dass ein steigender Bedarf an Biomasse auch verstärkt zu Monokulturen führt. Beispiele sind Raps- oder Maisfelder. Besonders kritisch sieht es die Organisation, wenn zum Beispiel Plantagen für Ölpalmen auf gerodeten Regenwaldgebieten entstehen.

Biomasse: Gibt es Lösungen?

Holzpellets gelten auch als Biomasse.
Holzpellets gelten auch als Biomasse.
(Foto: CC0/pixabay/moses)

Biomasse verspricht also nicht nur Lösungen, sondern verursacht auch einige Probleme. Manche dieser Schwierigkeiten lassen sich aber vielleicht durch Gesetze, Bestimmungen oder Qualitätssiegel angehen.

Problem Biodiversität:

  • Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG schreibt beispielsweise vor, dass Biomasse nicht aus Rodungen oder trockengelegten Mooren stammen darf.
  • Laut der Bundesregierung soll ein sogenannter „Maisdeckel“ den Anteil an Mais oder Getreide in Biogasanlagen auf maximal 60 Prozent begrenzen. Das soll den Monokulturen entgegenwirken. Entsprechend fördert die Regierung Biomasse aus Abfällen oder Gülle.

Problem Konkurrenz auf den Feldern:

  • Das UBA berichtet von Bestrebungen, das Problem auf internationaler Ebene zu regeln. Mit nachhaltiger Bioenergie beschäftigt sich neben der Global Bioenergy Partnership (GBEP) auch eine eigene ISO-Norm (ISO 13065).

Problem Schadstoff-Emissionen:

  • Das Umweltsiegel Blauer Engel zeichnet auch Heizanlagen für Pellets aus. Laut UBA geben zertifizierte Anlagen weniger Schadstoffe wie Feinstaub in die Luft ab. 
  • Grundsätzlich empfiehlt das UBA, weniger Energie zu verbrauchen.
  • Der WWF weist darauf hin, dass die Erde kein unendliches Wachstum verträgt. Der Planet hat Grenzen und das gilt auch für den Energiebedarf der Menschen. Steigt der Verbrauch weiter, dann hat der erneuerbare Mix aus Biomasse, Solar- und Windenergie wenig Chancen.

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