Artensterben, Klimawandel und Pandemien sind eng miteinander verknüpft: Josef Settele spricht von einer „Triple-Krise“, die uns alle etwas angeht. Ein beeindruckendes Buch, das zum Nachdenken und vor allem zum Handeln anregt.
Die „Triple-Krise“: Warum ‚Klimakrise‘ zu kurz greift
Maßlose Ausbeutung der Natur, intensive Landnutzung, zunehmende Verstädterung und unkontrollierte Abholzung – das sind nur einige Ursachen für die Klimakrise, die wir heute erleben. Doch auch Artensterben und globale Pandemien sind die Folgen unseres Handelns. Prof. Dr. Josef Settele schildert eindringlich, wie sich diese drei Komponenten der Triple-Krise gegenseitig vorantreiben und macht deutlich: Klimakrise kann nicht isoliert von anderen ökologischen Problemen gedacht werden.
Am Beispiel von Insekten illustriert er die dramatischen Folgen des Artensterbens und skizziert, wohin uns ein ungebremstes Insektensterben – und damit der Wegfall der natürlichen Bestäuber – führen würde. Settele formuliert treffend: „Insektenschutz ist Selbstschutz. Und Umweltschutz ist Gesundheitsschutz.“
Prof. Dr. Josef Settele ist Agrarwissenschaftler und Professor für Ökologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle/Saale mit Forschungsschwerpunkt Insektenkunde. Als Co-Vorsitzender des IPBES-Berichtes (globaler Bericht des Weltrates für Biodiversität) zählt Settele zu den international führenden Forschern in diesem Bereich. Seit Juli 2020 ist er Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen der Bundesregierung.
Ein düsterer Ausblick ins Jahr 2040
Der Einstieg in das Buch erfolgt in Form eines (sehr düsteren) Ausblicks in die Zukunft. Settele befördert den Leser in das Jahr 2040, in dem Insekten ausgestorben sind und von einer intakten Natur nicht mehr viel übrig ist. Dieses gewollt überspitzte Zukunftsszenario erfüllt seinen Zweck, denn es erschüttert und rüttelt wach. Viele sehen die Klimakrise noch immer als ferne abstrakte Bedrohung, die vielleicht Gletscher zum Schmelzen bringt, aber keine unmittelbare Auswirkung auf das eigene Leben hat. Mit diesem Irrglauben räumt der Autor auf, denn er macht deutlich, dass der Wohlstand der westlichen Länder maßgeblich auf die Ausbeutung der (endlichen) natürlichen Ressourcen zurückzuführen ist.
In weiteren Kapiteln zur Triple-Krise thematisiert Settele die Rolle der Insekten, nennt Zahlen und Fakten, erläutert Hintergründe zum Klimawandel und dröselt komplexe Zusammenhänge auf, die schließlich auch die Entstehung von Pandemien erklären. Denn je weiter der Mensch in die natürlichen Lebensbereiche wilder Tiere vordringt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein neuartiger Erreger überspringt und eine globale Pandemie verursacht. Wie gefährlich diese Zoonosen sind, hat nicht zuletzt die Corona-Krise gezeigt.
„Die Triple-Krise“: Ein Appell zum Handeln
Wenngleich Settele nicht den Zeigefinger hebt und der Triple-Krise sehr rational gegenübertritt, schreibt er an einer Stelle: „Die Lage ist ernst, verdammt ernst.“ Er fordert jeden Einzelnen zum Handeln auf und schließt mit einem Appell: „Helfen Sie mit, den blauen Planeten zu bewahren – bevor der letzte Schmetterling stirbt.“
So ernst die Lage auch ist, zeigt sich der Autor zuversichtlich. Mit konkreten Beispiele nimmt er den Leser an die Hand und ermutigt ihn zu mehr Arten- und Klimaschutz. So sei beispielsweise schon viel getan, wenn der Hobby-Gärtner auf Pflanzenschutzmittel verzichtet, Gärten insektenfreundlicher gestaltet werden und jeder den eigenen Umgang mit Ressourcen hinterfragt. Doch auch die Politik sieht der Autor in Bezug auf die Triple-Krise in der Verantwortung und fordert die „Versöhnung von Ökonomie und Ökologie“ – von strikten Verboten hält er wenig. Vielmehr müsse man die verschiedenen Wirtschaftszweige von der großen (ökonomischen) Bedeutung des Naturschutzes überzeugen – denn nur durch den Erhalt der Artenvielfalt ist auch die eigene Zukunft gesichert.
Unsere Meinung: Absolute Leseempfehlung! Der Autor macht nicht nur die Dringlichkeit der „Triple-Krise“ deutlich, sondern liefert ein umfassendes Sachwissen zu den Hintergründen und Folgen der globalen Krise. Indem er dem Laien komplexe Zusammenhänge verständlich erläutert, steigert er dessen Bewusstsein für klimafreundliches Handeln – denn nach der Lektüre des Buches ist klar: Klimaschutz ist auch Selbstschutz. Auch mit seinen Vorschlägen zu möglichen Wegen aus der Krise holt er Leser:innen ab, überfordert sie nicht und gibt konkrete Handlungsvorschläge. Insgesamt ein höchst informatives und kurzweiliges Buch, das sich durch die verständliche Sprache und die Erzählung in der ‚Ich-Form‘ sehr angenehm liest.
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