Richtig angewandt kann CCU helfen, die Klimaziele zu erreichen. Wir erklären dir, was hinter dem Begriff steckt und welches Potential CCU hat.
Von CCS (CO2 Capture and Storage) hast du möglicherweise schon gehört. Die Idee dahinter ist, ausgestoßenes CO2 einzufangen und unterirdisch zu speichern. So kann verhindert werden, dass CO2-Emissionen, zum Beispiel aus der Industrie, in die Atmosphäre gelangen.
Anstatt das CO2 irgendwo zu speichern, kann man es auch als Rohstoff nutzen. Dann wird aus CCS CCU – Carbon Capture and Utilization.
CCU: Wofür lässt sich CO2 nutzen?
Tatsächlich ließe sich das CO2 auf vielfältige Weise verwenden. Ein Beitrag des Fraunhofer-Instituts für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen (INT) zählt die verschiedenen Möglichkeiten auf.
Direkte Nutzung von CO2:
- Mithilfe von CO2 lässt sich Sprudelwasser herstellen.
- CO2 steckt in Feuerlöschern.
- Man braucht CO2 in einigen industriellen Prozessen – beispielsweise zum Entkoffeinieren von Kaffee.
- Manche Mikroorganismen und Mikroalgen helfen unter anderem bei der Herstellung von bestimmten chemischen Rohstoffen, Biokraftstoffen sowie Kunststoffen. Diese Kleinstlebewesen brauchen CO2 als Nährstoff.
- Aus CO2 lassen sich Carbonfasern herstellen.
Indirekte Nutzung von CO2:
Unter Einsatz von viel Energie kann CO2 mit Wasserstoff zu zahlreichen Verbindungen reagieren – CCU ermöglicht dadurch beispielsweise die Herstellung von Stoffen, für die bisher Erdöl oder Erdgas benötigt wurden. Dazu gehören viele Chemikalien und Treibstoffe. Indirekt lässt sich CO2 somit auch zur Kunststoffherstellung, zum Heizen und als Fahrzeugantrieb nutzen. Aus CO2 und Wasserstoff hergestelltes Methan könnte man zudem als Energiespeicher nutzen und daraus bei Bedarf Strom gewinnen (Power-to-Gas).
Wie weit ist CCU?
Die Internationale Energieagentur IEA macht nur Angaben zu CCUS (Carbon Capture, Utilization and Storage). Demzufolge sind seit 2017 nach einem mehrjährigen Rückgang der Investitionen wieder mehr CCUS-Projekte entstanden, insbesondere in den USA und der EU. Noch gibt es allerdings weltweit nur wenige Anlagen, die CO2 einfangen und weiterverwenden oder speichern können.
Dem WWF zufolge wird CCU in Deutschland vor allem als Möglichkeit zur Herstellung klimafreundlicherer Kraftstoffe diskutiert.
Nachteile und Herausforderungen von CCU
CCU hat ein entscheidendes Problem: Um aus CO2 und Wasser Rohstoffe für die Industrie oder Treibstoffe herzustellen, ist sehr viel Energie notwendig. Physikalisch lässt sich das einfach nachvollziehen: Wasser und CO2 haben wesentlich weniger Energie als herkömmliche Rohstoffe wie Erdöl. Sie sind Endprodukte von chemischen Reaktionen (beispielsweise der Verbrennung von Erdöl), bei denen sehr viel Energie frei wird. Um aus Wasser und CO2 Stoffe herzustellen, die sich analog zu Erdöl nutzen lassen, ist deshalb viel Energie nötig.
- Einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge ist es in vielen Bereichen energetisch wesentlich günstiger, diese direkt zu elektrifizieren, anstatt den Strom zu verwenden, um die nötige Energie für CCU bereitzustellen. Beispielsweise braucht man für die Herstellung von Benzin mittels CCU etwa fünfmal so viel Strom wie ein Elektroauto benötigt.
- Die Dechema Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA) hat untersucht, wie viel Strom die chemische Industrie benötigen würde, wenn sie alle Rohstoffe mittels CCU beziehen würde. Das Ergebnis: Die europäische chemische Industrie würde mehr Strom benötigen als momentan die gesamte EU.
- Eine weitere Studie beschäftigte sich ebenfalls mit der Frage, wie die chemische Industrie klimaneutral werden kann und vergleicht in dem Zusammenhang CCU, CCS und die Herstellung von Chemikalien aus Biomasse. Eines der Ergebnisse ist, dass CCU im Vergleich zu den anderen beiden Wegen zehn bis 25 mal so viel Energie bräuchte. Allerdings haben die anderen beiden Konzepte ebenfalls Nachteile – Biomasse braucht sehr viel Platz zum Wachsen und CCS benötigt geeignete Speicherorte für CO2.
Wann ist CCU wirklich klimaneutral?
Der WWF spricht ein weiteres Problem an: CCU ist nur klimaneutral, wenn der gesamte dafür benötigte Strom aus erneuerbaren Energien stammt und das CO2 nicht später wieder frei wird. Das würde CCU-Treibstoffe beispielsweise ausschließen, da Fahrzeuge das CO2 beim Fahren wieder in die Atmosphäre entlassen. Nur geschlossene CO2-Kreisläufe wären wirklich klimafreundlich – und besonders energieaufwändig. Das CO2 müsste immer wieder eingefangen, von anderen Gasen getrennt und neu verarbeitet werden.
Die Klimabilanz von CCU lässt sich verbessern, wenn bereits in der Atmosphäre vorhandenes CO2 genutzt wird oder CO2 aus der Verbrennung von nachhaltig gewachsener Biomasse. Ersteres ist jedoch noch wenig erforscht und sehr aufwändig und letzteres benötigt, wie oben bereits erwähnt, große Anbauflächen.
CCU ist dennoch sinnvoll
Trotz aller Probleme ist der WWF der Ansicht, dass CCU einen Beitrag zu einer vollständig klimaneutralen Welt leisten kann. Einer Analyse zufolge ließen sich durch CCU maximal acht Prozent der weltweiten Treibhausgase einsparen – das ist zwar wenig, aber auf dem Weg zur Klimaneutralität ist jeder Beitrag wichtig. Damit CCU wirklich klimafreundlich ist, muss die Technologie allerdings wie schon beschrieben richtig eingesetzt werden.
Sie kann insbesondere in Bereichen helfen, in denen sich die Klimaneutralität oder zumindest eine bessere Klimabilanz nicht auf anderen Wegen erreichen lässt. Das betrifft dem WWF zufolge beispielsweise Flugzeugtreibstoffe. Zudem ermöglicht CCU der chemischen Industrie, sich von fossilen Rohstoffen zu lösen.
Wie lässt sich CCU weiter verbessern?
Es gibt noch Möglichkeiten, CCU zu verbessern:
- Laut WWF und INT lässt sich der hohe Strombedarf für die Herstellung von Chemikalien aus CO2 beispielsweise senken, wenn geeignete Pflanzen oder Mikroorganismen mittels Fotosynthese die Arbeit erledigen. Wie oben beschrieben, können spezielle Mikroalgen oder andere Kleinstlebewesen aus CO2 Biomasse produzieren, aus der sich wichtige Chemikalien extrahieren lassen.
- Dem WWF zufolge können bestimmte Gesteine oder industrielle Rückstände wie Schlacken CO2 binden – diesen Vorgang bezeichnet man als Karbonatisierung. Die daraus entstehenden Stoffe lassen sich als Baumaterialien nutzen.
- In neuen Anlagen lässt sich laut dem WWF eine Vorrichtung zur CO2-Abscheidung so integrieren, dass diese weit weniger Energie benötigt als bei nachträglich aufgerüsteten Anlagen.
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