Die Entsalzung von Meerwasser spielt bei der Trinkwassergewinnung eine immer größere Rolle. Hunderte Millionen von Menschen sind auf entsalztes Meerwasser angewiesen. Die Meerwasserentsalzung hat aber auch Schattenseiten.
Etwa jedes dritte Kind weltweit lebt laut Unicef in Regionen mit hoher oder sehr hoher Wasserknappheit. Laut einer neuen Studie leben sogar über 4,4 Milliarden Menschen weltweit ohne sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser – doppelt so viele wie bisher angenommen.
Das Problem betrifft auch viele Menschen in Küstenregionen, darunter auch unsere europäischen Nachbarländer wie Spanien und Italien. Sie sind von Wasser umgeben – aber fast nur von Salzwasser. Andere Wasserquellen sind knapp. Die Entsalzung des Meerwassers ist hier eine naheliegende Lösung.
Etwa 22.000 Entsalzungsanlagen in etwa 170 Ländern der Erde verarbeiten laut Zdf Meerwasser, damit daraus Trinkwasser, Süßwasser und Betriebswasser entsteht. Laut einem Experten der Gesellschaft Deutsche Meerwasserentsalzung (DME) ist bis 2030 mit einem jährlichen Anstieg von circa 15 Prozent zu rechnen.
Denn wenn die Weltbevölkerung weiter wächst und (unter anderem durch den Klimawandel) Süßwasserquellen versiegen, werden immer mehr Menschen von Entsalzungsanlagen abhängen.
Wie funktioniert die Entsalzung von Meerwasser?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das im Meerwasser gelöste Salz vom Wasser zu trennen. Am weitesten verbreitet sind laut Zdf zwei Techniken zur Entsalzung:
- Verdampfung: Seit Hunderten von Jahren gewinnen Menschen Meersalz, indem sie Meerwasser in flache Becken leiten. Irgendwann ist das ganze Wasser verdunstet und nur das Salz bleibt zurück. Wenn man das verdunstete Wasser auffängt und wieder verflüssigt, erhält man Trinkwasser. In industriellen Anlagen wird dieser Prozess beschleunigt, indem das Meerwasser erhitzt wird.
- Umkehrosmose: Dabei wird das Meerwasser unter hohem Druck durch eine Membran gedrückt. Diese Membran ist so konstruiert, dass sie das Wasser durchlässt und das Salz und andere größere Bestandteile zurückhält.
Energieverbrauch und Schäden an der Umwelt
Ein großes Problem bei diesen Arten der Trinkwassergewinnung: Das zurückbleibende Salz-Chemikaliengemisch enthält unter anderem Biozide, Kupfer und andere (Schwer-)Metalle und wird zurück ins Meer geleitet – wo es den Sauerstoffgehalt senkt, Mikroorganismen zerstört und küstennahen Ökosystemen schaden kann.
Beispielsweise kann Chlor, das auch als Biozid eingesetzt wird, zur Bildung schädlicher Nebenprodukte führen, die sich in der Nahrungskette anreichern und langfristig die Gesundheit von Meeresbewohnern und Menschen beeinträchtigen können.
Außerdem sind beide Methoden sehr energieintensiv. Bei der Umkehrosmose werden drei bis vier Kilowattstunden benötigt, um einen Kubikmeter Wasser zu entsalzen, bei der Verdampfung etwa zehn – damit könntest du etwa zehnmal Wäsche waschen oder 100 Stunden lang fernsehen. Durch innovativere Verdampfungstechniken kann der Bedarf jedoch auch auf etwa 0,1 Kilowattstunden gesenkt werden.
Wenn diese Energie aus fossilen Brennstoffen stammt, geht die Entsalzung mit hohen CO2-Emissionen einher.
Innovative und umweltschonender Verfahren zur Entsalzung
Es gibt Forschung an energiesparenderen und umweltfreundlicheren Verfahren zur Meerwasserentsalzung. Diese sind jedoch alle noch im Entwicklungsstadium und noch nicht oder noch nicht großflächig im Einsatz.
- Elektrodialyse: Hierbei werden Ionen mittels elektrischer Felder durch Ionenaustauschermembranen entfernt. Der Energieverbrauch hängt stark vom Salzgehalt des Wassers ab, ist jedoch auch nicht viel niedriger als bei den beiden oben beschriebenen Verfahren.
- Bio-Meerwasserentsalzung: Hierbei werden Mikroorganismen zur Salzbindung genutzt.
- Wellenenergie: In schwimmenden Entsalzungsanlagen soll die Wellenenergie genutzt werden, um täglich bis zu 50.000 Liter Trinkwasser produzieren zu können.
- Rohstoffgewinnung aus Meerwasserkonzentrat: Das SEArcularMINE-Projekt des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zielt darauf ab, wertvolle Rohstoffe wie Magnesium, Lithium und andere Spurenelemente aus den Konzentraten der Meerwasserentsalzung zu gewinnen. Das Ganze soll als umweltschonender Kreislauf umgesetzt werden. Dabei könnte eine Synergie aus Rohstoff- und Trinkwassergewinnung entstehen.
- Solarthermische Entsalzung: In sonnenreichen Regionen wird die solarthermische Entsalzung erforscht, bei der Sonnenenergie genutzt wird, um Meerwasser zu erhitzen und den Dampf zu kondensieren.
- Kapazitive Deionisierung: In diesem elektrochemischen Verfahren werden Ionen aus dem Wasser entfernt. Dieses Verfahren ist besonders energieeffizient bei der Entsalzung von Brackwasser und wird für die Meerwasserentsalzung weiterentwickelt.
Am meisten entsalztes Wasser produzieren mit Abstand Katar und die VAE, wie erwähnt, leider immer noch zum großen Teil mit fossilen Energien. Doch wie so gut wie alle Länder, in denen die Entsalzung eine große Rolle für die Trinkwasserversorgung spielt, entwickeln auch sie sich jedoch in Sachen Nachhaltigkeit weiter. Es wird mehr auf Solar- oder Windenergie und innovative Verfahren gesetzt.
Ein nennenswertes Beispiel: In Tunesien, auf der Insel Djerba, wurde eine Meerwasserentsalzungsanlage errichtet, die die gesamte Bevölkerung der Insel versorgt. Die Anlage nutzt die Umkehrosmose und zeichnet sich durch einen besonders niedrigen Energieverbrauch von 2,5 Kilowattstunden pro 1.000 Liter Trinkwasser aus.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Forschende warnen: Mikroplastik in Meersalz nachgewiesen
- Wasser trinken: So viel ist gesund
- Bottled Life: Die Wahrheit über Nestlés Geschäfte mit dem Wasser
Überarbeitet von Denise Schmucker
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.War dieser Artikel interessant?