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Film-Tipp: Alles in bester Ordnung

Film-Tipp: Alles in bester Ordnung
Foto: ©FILMWELT

„Alles in bester Ordnung“ ist ein Film über das Zuviel und das Zuwenig, über Minimalismus und Übermaß. Die Komödie hinterfragt moderne Konsummuster und blickt humorvoll auf die menschliche Seite dahinter.

Größer könnten die Gegensätze zwischen den Protagonisten in der Drama-Komödie „Alles in bester Ordnung“ nicht sein: Sammlerin Marlen (Corinna Harfouch) und Minimalist Fynn (Daniel Sträßer) treffen zufällig aufeinander. Was zunächst für reichlich Konfliktpotential sorgt, erweist sich zunehmend als glückliche Fügung. Denn in ihrer Unterschiedlichkeit geben sich die beiden gegenseitig Halt, um mit ihren ganz persönlichen Ängsten und Unsicherheiten im Leben umzugehen.

Fynn versucht alten Ballast loszuwerden.
Fynn versucht alten Ballast loszuwerden. (Foto: ©FILMWELT, Foto: LICHTBLICK/Bernd Spauke)

In ihrem prominent besetzten Regiedebüt lässt Natja Brunckhorst (Christiane F. ­– Wir Kinder vom Bahnhof Zoo) zwei unterschiedliche Lebenskonzepte aufeinanderprallen. Marlen hortet allerlei Dinge, denn jeder Gegenstand hat eine Geschichte und sie kann sich von nichts trennen. So hat sie viele Dinge angesammelt – zu viele, denn sie fühlt sich nicht mehr wohl in ihrer Wohnung und Besuch ist ihr unangenehm. Fynn dagegen betrachtet das Leben rein rational und versucht, mit nur 100 Dingen auszukommen. Denn dann sei das Leben leicht, sagt er.

Fynn ist das genaue Gegenteil von Marlen und will oder kann sich an nichts binden. Er will jederzeit alles zusammenpacken und weiterziehen können und braucht Ordnung in seinem Leben. „Ordnung ist das halbe Leben“, sagt Fynn einmal zu Marlen. Ihre Antwort darauf: „Willkommen in der anderen Hälfte!“

Subtile Konsumkritik ohne Wertung

Fynn (Daniel Sträßer) versucht, mit nur 100 Dingen zu leben.
Fynn (Daniel Sträßer) versucht, mit nur 100 Dingen zu leben. (Foto: ©FILMWELT, Foto: LICHTBLICK/Niklas Lindschau)

Natja Brunckhorst greift in ihrem Filmdebut ein aktuelles Thema auf, nämlich die Frage, wie viele Dinge wir eigentlich zum Leben brauchen. Dass ein Zuviel an Dingen für viele irgendwann zur Belastung wird, ist nicht zuletzt an den zahlreichen Dienstleistungen und Ratgebern rund um das Aufräumen und Ausmisten erkennbar. Eine Folge unserer Überflussgesellschaft, in der man manchmal nicht mehr weiß, warum man etwas überhaupt kauft.

Dass diese Fragen viele Menschen umtreiben, zeigen auch die zahlreichen Selbstexperimente, Blogs und Bücher zum Thema Minimalismus, etwa das Konsum-Experiment: Jenke reduziert seinen Besitz auf 100 Gegenstände, das Videotagebuch „Mein Minimalismus“ oder Bücher wie „Ich brauche nicht mehr„. „Alles in bester Ordnung“ passt damit hervorragend in unser Zeitalter und regt zum Nachdenken an.

Interessant ist außerdem, dass Marlen im Film Dinge sammelt, aber selten neu kauft. Ihr tut es weh,  beschädigte Dinge wegzuwerfen und sie hängt selbst an der alten Brotschneidemaschine, die man ja noch reparieren könne. Es geht also viel um den Wert von Dingen: Obwohl die beiden Protagonist:innen ein sehr unterschiedliches Konzept von Besitz haben, schätzen sie ihre Habseligkeiten und gehen sehr bewusst damit um. Dass beide nicht zu einhundert Prozent glücklich mit ihrem Lebenskonzept sind, wird schnell klar, jedoch wertet der Film nicht und es bleibt offen, was richtig ist. Denn die Frage, mit wie vielen Dingen man sich wohlfühlt, ist eben sehr individuell. Vielmehr lehrt uns der Film einen bewussteren Umgang damit.

Unser Fazit zu „Alles in bester Ordnung“

Fynn und Marlen freunden sich nach anfänglichen Schwierigkeiten an.
Fynn und Marlen freunden sich nach anfänglichen Schwierigkeiten an. (Foto: ©FILMWELT, Foto: LICHTBLICK/Niklas Lindschau)

Der 96-minütige Film bietet eine subtile und humorvolle Gesellschaftsanalyse mit viel Behutsamkeit und Liebe zum Detail. Wer eine zu Ende erzählte Geschichte mit packender Storyline erwartet, ist hier falsch. Vielmehr geht es um die Zwischentöne, die Interaktion zwischen den Charakteren und die besondere Stimmung im Film, die mit einem aufwändigen Bühnenbild und atmosphärischer Musik erzeugt wird.

Utopia findet: Eine unterhaltsame, langsam erzählte Feel-Good-Komödie, die uns unser Konsumverhalten hinterfragen lässt, ohne dabei zu werten.

Kinostart in Deutschland ist der 26. Mai 2022. 

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