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Geothermie einfach erklärt: Das steckt dahinter

Geothermie Erdwärme
Foto: CC0 / Pixabay / avantrend

Wir können Geothermie zum Heizen, Kühlen oder sogar zu Stromerzeugung nutzen. Doch wie wird aus Erdenergie eigentlich Strom? Hier erfährst du, wie es funktioniert.

In der Erdkruste ist viel Wärmeenergie gespeichert. Mit verschiedenen technischen Verfahren haben Ingenieur:innen diese erneuerbare Energiequelle nutzbar gemacht. Dadurch können wir mithilfe von Geothermie Häuser heizen oder kühlen und sogar Strom erzeugen. So funktioniert das.

Was ist Geothermie?

In rund 6.400 Kilometern Tiefe liegt der Mittelpunkt der Erde, der eine Temperatur von 4.600 bis 4.700 Grad Celsius erreicht. Wie heiß es genau im Inneren der Erde ist, konnte bisher nicht gemessen werden. Die tiefsten Bohrungen reichen gerade mal rund zwölf Kilometer ins Erdinnere, so Planet Wissen. Dennoch: Sicher ist, dass der Erdkern eine starke Energiequelle ist.

Aber nicht nur das Erdinnere selbst weist immense Temperaturen auf. Mit jeden hundert Metern Tiefe nimmt die Temperatur der Erde um drei Kelvin zu. Das schreibt der Bundesverband für Geothermie als Faustregel für Mitteleuropa. Vom Erdkern steigt permanent Wärme an die Oberfläche der Erde und strahlt von dort aus in den Weltraum ab.

Das macht sich die Geothermie zunutze: Geothermie bedeutet nichts anderes als Erdwärme – und die können wir zum Heizen, Kühlen und zur Stromerzeugung nutzen. Dafür braucht es spezielle Anlagen. Man unterscheidet zwischen zwei Nutzungsarten, je nach Tiefe der Bohrung:

  • Oberflächennahe Geothermie ist Energie aus bis zu 400 Meter Tiefe.
  • Tiefengeothermie ist Energie, die aus mehreren Kilometern Tiefe stammt. 

Wie funktioniert oberflächennahe Geothermie?

Bis zu mehreren Kilometern wird in die Erde gebohrt, um Geothermie zu nutzen.
Bis zu mehreren Kilometern wird in die Erde gebohrt, um Geothermie zu nutzen.
(Foto: CC0 / Pixabay / stux)

Die oberflächennahe Geothermie reicht bis 400 Meter in die Tiefe und lässt sich zum Heizen, für Warmwasser oder zum Kühlen nutzen, so der Bundesverband Geothermie.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, oberflächennahe Geothermie zu nutzen:

  • Der am häufigsten genutzte Weg ist eine ErdwärmesondeDas ist eine Bohrung, die in der Regel bis zu 400 Meter in die Tiefe reicht und einen Durchmesser von 14 bis 18 Zentimetern hat. Die Bohrung kann jedoch auch noch tiefer reichen, dann wird sie als mitteltiefe oder tiefe Erdwärmesonde bezeichnet. In die Bohrung wird ein U-förmiges Rohr mit einer Flüssigkeit eingebaut – meistens Wasser mit einem Frostschutzmittel. Das erwärmt sich im Erdinneren und transportiert die Wärme mittels einer Wärmepumpe nach oben. Für ein Einfamilienhaus braucht es ein bis zwei solcher Bohrungen.
  • Eine Variante der Erdwärmesonde wird mit Erdwärmerohren durchgeführt, die mit flüssigem CO2 gefüllt sind. Der Vorteil hierbei ist, dass diese Rohre keine Energie zum Pumpen benötigen: CO2 wird gasförmig, wenn es sich erwärmt und steigt von selbst nach oben.
  • Für größere Gebäude, die einen höheren Wärmebedarf haben, können Expert:innen Erdwärmesondenfelder anlegen. Dabei berechnen sie erst die Wärmeleitfähigkeit des Bodens. So können sie den optimalen Abstand und die optimale Anzahl der Sonden bestimmen.
  • Eine weitere Möglichkeit sind Grundwasserwärmepumpen. Sie funktionieren am besten, wenn das Grundwasser eine möglichst konstante Temperatur hat. Ein Grundwasserwärmebrunnen pumpt das Grundwasser an die Erdoberfläche. Von dort gelangt das Grundwasser ins Gebäude. Durch einen zweiten Brunnen, den sogenannten Schluckbrunnen, kommt das Grundwasser zurück unter die Erde. Solche Anlagen benötigen häufig Filter und eignen sich daher für größere Gebäude.
  • Erdwärmekollektoren werden horizontal in Schlangenlinien im Boden verlegt. Sie liegen 80 bis 160 Zentimeter unter der Erde. Wie die Erdwärmesonden enthalten Erdwärmekollektoren meist Wasser mit Frostschutzmittel. Im Winter übertragen sie teilweise weniger Wärme als Erdwärmesonden, weil sie oberflächennaher sind und somit stärker von niedrigen Lufttemperaturen betroffen sind.
  • Sogenannte Energiepfähle sind Rohre, die bereits bei der Errichtung eines Gebäudes als Wärmetauscherrohre mit im Beton verbaut werden. Der Vorteil darin ist, dass der Mehraufwand beim Bau minimal ist.

Herzstück der oberflächennahen Geothermie: Die Erdwärmepumpe

Die Erdwärmepumpe: das Herzstück der oberflächennahen Geothermie.
Die Erdwärmepumpe: das Herzstück der oberflächennahen Geothermie.
(Foto: CC0 / Pixabay / HarmvdB)

All diese Systeme sind an eine Erdwärmepumpe angeschlossen:

  • Erdwärmepumpen arbeiten mit einem Kältemittel, zumeist mit Sole (eine Mischung aus Wasser und einem Frostschutzmittel). Daher kommt der häufig verwendete Name Sole-Wasser-Wärmepumpe
  • Die Sole wird durch ein Rohrsystem in den Erdboden geleitet. Dort geht es bereits bei niedrigen Temperaturen, die im Erdreich konstant erreicht werden, in den gasförmigen Zustand über.
  • Ein elektrisch betriebener Kompressor in der Erdwärmepumpe erhöht den Druck auf das Gas. Dadurch erhöht sich dessen Temperatur auf bis zu 50 Grad Celsius.
  • Ein Wärmetauscher nimmt die Wärme auf und gibt sie an das Heizsystem des Hauses weiter.
  • Das Gas wird wieder flüssig, sobald es die Wärme abgegeben hat und fließt zurück, sodass es erneut erwärmt werden kann.

Übrigens arbeitet ein Kühlschrank mit demselben Prinzip, nur dass er die Wärme nach außen abgibt. Deshalb ist es hinter Kühlschränken meistens warm.

Tiefe Geothermie: Wärme für ganze Stadtviertel

Neben der oberflächennahen Erdwärmenutzung gibt es die tiefe Geothermie. Sie nutzt die Erdwärme aus Tiefen unterhalb von 400 Metern. In der Regel sind Anlagen für tiefe Geothermie um einiges größer und auch leistungsfähiger, so das Umweltbundesamt. Diese Anlagen können Wärme für ganze Stadtviertel liefern und bei ausreichend hohen Temperaturen sogar Strom erzeugen. Das Prinzip ist ähnlich wie bei der oberflächennahen Geothermie, nur dass die Erdwärmesonden entsprechend weiter in den Boden hinein reichen.

Um Strom zu erzeugen, wird heißes Wasser aus der Tiefe in ein Kraftwerk geleitet. Dort verdampft es und treibt Turbinen an. Aus der Bewegung entsteht wiederum Strom.

Geothermie wirkt sich kaum auf die Umwelt aus

Ob sich Geothermie auf das Bodenleben auswirkt, ist unwahrscheinlich, aber noch nicht abschließend geklärt.
Ob sich Geothermie auf das Bodenleben auswirkt, ist unwahrscheinlich, aber noch nicht abschließend geklärt.
(Foto: CC0 / Pixabay / Natfot)

Eine Studie des GeoForschungsZentrums Potsdam bewertet die lokalen Umwelteffekte von Geothermie:

  • Negative Effekte durch Emissionen während des Anlagenbetriebs sind nicht zu erwarten, da Erdwärmepumpen ein geschlossenes System sind.
  • Beim Rückbau einer Erdwärmeanlage prognostizieren die Forscher:innen, dass sich die genutzte Fläche zu 95 Prozent regeneriert. Der Ursprungszustand stellt sich nach einer gewissen Zeit also beinahe vollständig ein.
  • Wenn die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden, ist eine Beeinflussung des Grundwassers nicht zu erwarten.

Nachteile von Geothermie

Geothermie ist zwar recht umweltfreundlich, trotzdem hat sie ein paar Nachteile und Risiken:

  • Für die horizontal angelegten Erdwärmekollektoren braucht es einen großen Flächenbedarf.
  • Für die Errichtung einer Anlage braucht es hohe Kosten.
  • Werden beim Einbau von geothermischen Systemen in den Boden handwerkliche Fehler gemacht, kann dies starke Auswirkungen haben. Ein Beispiel dafür hat sich im Jahr 2007 in der Stadt Staufen ereignet: Die Stadt entschied sich dazu, zum Heizen des Rathauses Erdwärme zu nutzen und bohrte sieben bis zu 140 Meter tiefe Erdwärmesonden. Einige Zeit später wurden in der Altstadt Risse an Gebäuden festgestellt. Die Ursache für die Risse war, dass sich der Untergrund gehoben hatte. Diese Heberisse ließen sich auf die undichten Erdwärmesonden zurückführen. Letztlich weisen Expert:innen darauf hin, dass schlicht handwerkliche Fehler vorlagen.
  • In Nordfrankreich kam es in Folge von Geothermie-Bohrungen Ende 2020 zu leichten Erdbeben. Die Bohrungen wurden infolgedessen eingestellt. Die Technik, die in Frankreich verwendet wurde, kommt in Deutschland allerdings nicht zum Einsatz. Stattdessen wird hierzulande auf hydrothermale Geothermie gesetzt, die weitaus schonender und mit weniger Risiken verbunden ist.

    Die Vorteile von Geothermie überwiegen

    Dennoch: Geothermie hat viele positive Aspekte, die stark wiegen:

    • Geothermie macht unabhängig von Rohstoffen wie Erdöl und -gas und deren Preisschwankungen.
    • Erdwärme liefert eine konstante und sichere Wärmezufuhr, die unabhängig von Witterungsbedingungen funktioniert, während Windräder auf Wind und Photovoltaik auf Sonne angewiesen sind.
    • Erdwärme lässt sich gut mit Solaranlagen oder Solarthermie kombinieren: An sonnigen Tagen kann zum Beispiel eine Solarzelle das Haus beheizen, an den übrigen Tagen übernimmt das die Geothermie mittels der Wärmepumpe. 
    • Erdwärme ist fast überall verfügbar – vor allem die Oberflächengeothermie zu. Bei der tiefen Geothermie gibt es regionale Unterschiede. Besonders geeignet sind dafür das Alpenvorland, der Oberrheingraben und das norddeutsche Tiefland.
    • Geothermie kann sehr effizient sein. Theoretisch könnte man die Abwärme aus der Stromerzeugung nutzen, um damit Häuser zu heizen. Laut dem BUND wird dieses Potenzial bei Kraftwerken bisher aber nur selten genutzt.
    • Erdwärme greift relativ wenig in die umgebende Umwelt ein.
    • Weil bei Erdwärme kein Verbrennungsvorgang stattfindet, spart Geothermie CO2 ein. So kann die Technologie dazu beitragen, die Klimakrise zu bekämpfen.
    • Die Nutzung von Geothermie ist nach Einschätzung der meisten Expert:innen sicher. Das Fraunhofer Institut bezeichnet Geothermie sogar als sichersten geologischen Energieträger im Vergleich zu konventionellen Ressourcen (Erdgas, Erdöl, Kohle, Kernbrennstoffe).

    Eignet sich Geothermie für dein Zuhause?

    Geothermie lässt sich mit Photovoltaikanlagen verbinden.
    Geothermie lässt sich mit Photovoltaikanlagen verbinden.
    (Foto: CC0 / Pixabay / andreas160578)

    Du möchtest bei dir zu Hause eine Geothermieanlage einbauen lassen? Dabei musst du einiges beachten. Der Bundesverband für Geothermie gibt eine hilfreiche Übersicht darüber, ob sich Geothermie in deinem Fall eignet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bietet dir zudem eine Eignungsanalyse, mit der du prüfen kannst, ob sich eine Erdwärmepumpe für dein Gebäude eignet.

    Einige Punkte, die du bei der Planung einer Geothermieanlage beachten solltest, sind:

    • Erdwärmesonden sind genehmigungspflichtig. Wenn sich dein Haus in der Nähe eines Wasserschutzgebietes befindet, ist eine Bohrung eventuell nicht möglich. Lass die Sonde von der unteren Wasserbehörde genehmigen und melde die Bohrung beim geologischen Landesamt an. Die Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.
    • Erdwärmekollektoren benötigen viel Platz. Du müsstest eine große Fläche deines Grundstücks aufgraben lassen, um die Erdwärmekollektoren im Boden zu verlegen.
    • Du solltest die Anlage zusammen mit Fachleuten planen. Denn die Größe der Anlage richtet sich nach deinem individuellen Warmwasserverbrauch und deinem Heizungsverhalten. Achte bei der Wahl des Bohrunternehmens darauf, dass du ein zertifiziertes Bohrunternehmen beauftragst.
    • Erkundige dich, welche Förderungen es für den Bau deiner Anlage vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gibt.

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    Überarbeitet von Kilian Loesch

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